Mikrobiologe Prof. Bhakdi: Politiker haben bei BSE hysterisch reagiert
München (aho) – Professor Dr. Sucharit Bhakdi vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Mainz hat nach einem Bericht der Zeitschrift „ÄRZTLICHE PRAXIS“ den verantwortlichen Politikern vorgeworfen, bei BSE panisch reagiert zu haben. Es sei unter anderem deshalb gekommen, weil die prognostizierten Statistiken „absolut falsch waren“. Die Voraus- sagen über die vCJD-Epidemie bei Menschen seien von viel zu hohen Erkran- kungsraten ausgegangen und schließlich 2000 nach unten korrigiert worden. Der Infektiologe wies bei einem Kongress der Bundesapothekerkammer darauf hin, dass es in Großbritannien im Zuge der BSE-Krise laut Statistik mehr Selbstmorde unter den von staatlichen Maßnahmen betroffenen Bauern als Erkrankungsfälle an der Variante von Creutzfeldt-Jakob (vCJD) gab. Unter der Prämisse, dass in Großbritannien bis 1994 etwa 150 000 schwerst kontaminierte BSE-Rinder in die Nahrungskette gelangt sind, wäre bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit von 20 bis 30 Jahren bis 2040 von maximal 3.000 vCJD-Erkrankungen auszugehen, wird Bhakdi in der Zeitschrift „Ärztliche Praxis“ zitiert.
In Deutschland habe die BSE-Hysterie den Staat mehr als zwei Milliarden Mark gekostet, prangert der Mainzer Mikrobiologe an. Die Kosten für die BSE-Tests hätten das Budget für die gesamten infektiologisch-diagnostischen Labor- untersuchungen an allen Universitätskliniken Deutschlands bei weitem über- schritten. Hingegen sterben in deutschen Kliniken jährlich rund 40.000 Menschen an Infektionen mit hospitalisierten Keimen. Dies verursacht Kosten in Höhe einer halben Milliarde Euro. Anträge auf Forschungsmittel, um diese Situation in den Kliniken zu begegnen, würden aber abgeschmettert, so Bhakdi in der Zeitschrift „ÄRZTLICHE PRAXIS“. „Um mit sinnlosen Maßnahmen nicht existierende Gefahren zu bannen, geben Politiker gewaltige Summen aus. Tatsächliche Probleme in der Infektiologie werden hingegen sträflich vernachlässigt,“ wird Professor Bhakdi zitiert.
Quelle: Matthias Bastigkeit „Zu viele vCJD-Fälle prognostiziert“ ÄRZTLICHE PRAXIS vom 15. März 2002