Schweiz: Rinder verhungert, Notschlachtung, Berge von Kot, Alkoholprobleme, Psychiatrie
Thun (aho) – Das Bild von der idyllischen Schweizer Landwirtschaft bekommt immer mehr hässliche Kratzer. Wie das Thuner Tagblatt in der aktuellen Ausgabe berichtet, ist der kantonale Veterinärdienst bereits am 10. Januar bei einem Wattenwiler Landwirt auf „schockierende Zustände“ gestoßen. Der Landwirt hatte seine Tiere derart vernachlässigt, dass zwei Kühe notgeschlachtet werden mussten. Ein anonymer Anrufer hatte die Redaktion des Thuner Tagblatts in dieser Woche über den Fall informiert.
Als der kantonale Tierschutzbeauftragte Benjamin Hofstetter zum Bauernhof im Wattenwiler Grundbach gerufen wurde, waren zwei der 14 Tiere schon tot – auf Anordnung des Tierarztes und der Polizei wegen ihres derart schlimmen Zustands notgeschlachtet. Die restlichen Rinder, Kühe und Kälber waren ebenfalls in katastrophaler Verfassung: „Sie waren sehr stark abgemagert und schlecht gepflegt“, erinnert sich Hofstetter im Gespräch mit der Zeitung.
Die Zustände, die der kantonale Veterinärdienst und die Polizei Anfang Jahr auf dem abgelegenen Hof antrafen, waren von ähnlich gravierendem Ausmaß wie im „Fall Studen“. „Die Tiere mussten über längere Zeit in Bergen von eigenem Kot leben“, sagt Benjamin Hofstetter. Dementsprechend stark seien die Kühe, Rinder und Kälber verschmutzt gewesen. Besonders schlimm: Der rund 55-jährige Landwirt hatte den Tieren offenbar über längere Zeit zu wenig Futter gegeben. „In diesem Punkt war die Vernachlässigung sogar noch schlimmer als in Studen“, betonte Hofstetter. Die zwei Kühe, die am 10. Januar notgeschlachtet werden mussten, waren derart abgemagert, dass sie nicht mehr aufstehen konnten. Die übrigen Tiere wurden am selben Tag auf benachbarten Höfen untergebracht.
Nach Recherchen des Thuner Tagblatts hat der Landwirt ein massives Alkoholproblem. Als das Veterinäramt zusammen mit der Polizei die Tiere im Januar aus dem Stall holte, habe man dort Berge von leeren Flaschen gefunden. Der Landwirt selbst an diesem Tag zudem sehr stark alkoholisiert. Inzwischen wird der Landwirt im Psychiatriezentrum Münsingen stationär behandelt.
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