Rinderpraxis: Orale Eisengaben an tragende Kühe verbessern die Eisenstatus von Kälber nicht
Hannover (aho) – Eine zusätzliche Gabe von Eisen in Form von Eisen-Aminosäure-Chelaten in der Trockenstehzeit der Kuh kann den Eisenstatus des Muttertieres bzw. des neugeborenen Kalbes nicht soweit verbessern, dass eine Eisenzufuhr bei Kälbern per Injektion oder über das Maul innerhalb der ersten Lebenstage überflüssig ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt wurde.
Studien belegen, dass jedes fünfte Kalb zum Zeitpunkt der Geburt bereits an einer durch Eisenmangel bedingte Blutarmut leidet. Mehr als 40% der Kälber zeigen niedrige Eisenkonzentrationen im Blut. Kälber mit Eisenmangel fressen nur zögerlich und entwickeln sich schlecht (1,3,5,6). Sie sind anfällig für Infektionskrankheiten und leiden häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Oft kommt es auch bei Impfungen der Kälber zu Fehlschlägen (2 – 4). In Belastungssituationen erkranken Eisenmangelkälber häufiger, der Krankheitsverlauf ist langwieriger; es treten mehr Totalverluste auf (2). Dies spielt eine besondere Rolle im Zusammenhang mit Kälberdurchfällen und Lungenentzündungen (4).
Für die Studie am Institut für Tierernährung wurden 28 trockenstehenden Kühen ab dem 257. Trächtigkeitstag täglich 2,34 g Eisen (20 g BioKey®) oral verabreicht. Ebenfalls 28 Kühe erhielten eine identische Fütterung ohne die entsprechende Eisenergänzung und dienten somit als Kontrollgruppe. Um die möglichen Auswirkungen dieser Zufütterung auf das Blutbild der Mutterkühe zu untersuchen, wurde den Kühen beider Gruppen zu Beginn der Fütterung, drei Tage vor dem errechneten Kalbetermin sowie drei und 28 Tage nach der Kalbung Blut entnommen. Weiterhin wurde eine Probe des ersten Gemelkes auf den Eisengehalt untersucht. Um Auswirkungen auf die für einen Eisenmangel relevanten Blutparameter bei den Kälbern zu ermitteln, wurde den Kälber am ersten, am fünften, am fünfzehnten und zwischen den 60. und 80. Lebenstagen Blut abgenommen. Außerdem wurden die Körpermassenentwicklung, die Tränkeaufnahme und der Gesundheitsstatus (Körpertemperatur, Kotbeschaffenheit) der Kälber innerhalb der ersten fünfzehn Lebenstage erfasst. Desweiteren wurden bei drei Kälbern der Versuchsgruppe und bei drei Kälbern der Kontrollgruppe Leberbiopsien durchgeführt.
Die für einen Eisenmangel relevanten Blutparameter (Hämoglobingehalt, Hämatokrit, Erythrozytenzahl, mittleres Erythrozytenvolumen (MCV), mittlerer Hämoglobingehalt eines Erythrozyten (MCH), mittlerer Hämoglobingehalt der Erythrozyten (MCHC), Fe-Gehalt im Serum) wurden bei den Kühen der Versuchsgruppe nicht signifikant angehoben. Auch der Fe-Gehalt des Kolostrums konnte durch die orale Eisengabe nicht erhöht werden. Bei den Kälbern der Versuchskühe konnten ebenfalls die Parameter des roten Blutbildes sowie Eisen im Serum im Vergleich zur Kontrollgruppe nicht signifikant angehoben werden. Die Körpermassenentwicklung unterschied sich zu keinem Zeitpunkt zwischen den Kälbern der Versuchs- und den Kälbern der Kontrollgruppe signifikant. Die Krankheitsanfälligkeit war im Vergleich zwischen Versuchs- und Kontrollkälbern im Hinblick auf die Häufigkeit bei Durchfällen und Atemwegserkrankungen statistisch nicht signifikant unterschiedlich. In beiden Gruppen war bei rund 70% der Kälber eine antibiotische Behandlung innerhalb der ersten fünfzehn Lebenstage notwendig.
Die Autorin der Studie betont, dass zur Verbesserung des Eisenhaushaltes der Kälber weiterhin Eisen als Injektion oder als Ergänzungsfuttermittel über das Maul innerhalb der ersten Lebenstage eingesetzt werden sollten.
Bernadette Potthoff
Auswirkungen einer oralen Eisenergänzung (Fe-Aminosäuren-Chelat) in der Trockenstehzeit auf Parameter des Fe-Stoffwechsels von Kühen und ihren neugeborenen Kälbern
Hannover, Tierärztliche Hochschule, Dissertation, 2011
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(1) WIESNER, E. (1970):
Ernährungsschäden der landwirtschaftlichen Nutztiere.
VEB Gustav Fischer Verlag, Jena.
(2) BÜNGER, U., K.A. SCHLAEFER u. U. GRÄTSCH (1987):
Bekämpfung des Eisenmangels bei Kälbern sowie Auswirkungen auf
Pneumonie- bzw. Durchfallerkrankungen und Lebendmassezuwachs.
Monatsh. Veterinärmed. 42 357 – 363
(3) PIATKOWSKI, P., H. GÜRTLER u. J. VOIGT (1990):
Grundzüge der Wiederkäuer-Ernährung.
Gustav Fischer Verlag, Jena, S. 91 – 111
(4) HOFMANN, W. (1992):
Rinderkrankheiten. Band1: Innere und chirurgische Erkrankungen.
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, S.283 – 303
(5) NATIONAL RESEARCH COUNCIL (NRC) (1984):
Nutrient requirement of domestic animals, nutrient requirement
of beef cattle. 6th Ed. National Academy Press, Washington.
(6) NATIONAL RESEARCH COUNCIL (NRC) (1989):
Nutrient requirement of domestic animals, nutrient requirement
of dairy cattle. 6th Ed. National Academy Press, Washington.
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