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Christel Happach-Kasan im Interview: „Gesunde Tiere brauchen kaum Antibiotika“

Berlin (aho) – Antibiotika, Massentierhaltung, Resistenzen. Das sind die Schlagworte, die immer wieder durch die Presse gehen. aho sprach jetzt mit der Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik, Dr. Christel Happach-Kasan über notwendige Konsequenzen.

aho: Die in Niedersachsen erhobenen Daten zeigen einen weit verbreiteten Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung. Wie interpretieren Sie diese Feststellung?

Happach-Kasan: Die Daten lassen sich in mehrere Richtungen interpretieren: In der Kälber- und Schweinemast werden Tiere unterschiedlicher Herkünfte gemeinsam gemästet. Die Tiere bringen aus ihren Ursprungsbeständen Bakterien mit, die bei Tieren aus anderen Beständen Krankheiten auslösen können. Das erfordert teilweise den Einsatz von Antibiotika. Mit Hilfe von Antibiotika können außerdem Mängel in der Haltung der Tiere, im Betriebsmanagement, in der Hygiene überdeckt werden. Exzessiver Antibiotikaeinsatz begünstigt das Entstehen von Bakterienstämmen, die gegen diese Antibiotika resistent sind und vermindert dadurch die Wirksamkeit dieser Antibiotika. Multiresistente Keime wie ESBL und MRSA können auch Menschen gefährden. Daraus ergibt sich politischer und praktischer Handlungsbedarf.

aho: Welchen konkreten Bedarf sehen Sie?

Happach-Kasan: Grundsätzlich bleibt auch in der Tierhaltung die Gabe von Antibiotika zur Heilung von Infektionskrankheiten notwendig. Nicht alle Infektionen können vermieden werden. Aber die niedersächsischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass Antibiotika oft auch ohne medizinische Indikation eingesetzt werden. Um einen besseren Überblick über den Einsatz von Antibiotika zu gewinnen und Problembetriebe zu erkennen, sollen die Landwirte Antibiotika-Anwendungen zeitnah an eine Datenbank melden. Hierfür werden wir mit der geplanten Novellierung des Arzneimittelgesetzes die Basis schaffen. Es werden zunächst Kennzahlen zum Antibiotikaverbrauch jedes Betriebes erfasst. Betriebe mit überdurchschnittlichem Antibiotikaeinsatz werden in Zusammenarbeit mit dem betreuenden Tierarzt verpflichtet, einen Managementplan zur Reduzierung ihres Medikamenteneinsatzes vorzulegen. Dies ermöglicht es, auf die spezifischen Bedingungen jedes Problembetriebes einzugehen und ist sinnvoller, als pauschale Verbote auszusprechen. Die Kennzahlen verbessern die Möglichkeiten der Eigenkontrolle für Landwirte und schaffen Anreize zur Eigeninitiative. Wir wollen weiterhin eine notwendige Auswahl antibiotisch wirkender Substanzen für die Veterinärmedizin erhalten.

aho: Nun ist die QS GmbH mit einer privatrechtlichen Datenbank vorgeprescht. Macht das Sinn?

Happach-Kasan: Zwar war die Privatwirtschaft hier etwas schneller als die Regierung, dennoch hätte ich mir von der Wirtschaft ein frühzeitigeres, proaktives und entschiedenes Vorgehen gewünscht. Klar ist: Zwei parallele Datenbanken sind unsinnig und eine unnötige Arbeitsbelastung für die Landwirte und Tierärzte. Bei einer Kooperation der Systeme müssen die erhobenen Daten und die abgeleiteten Bewertungen daher vergleichbar sein. Wichtig ist, dass die Daten sinnvoll aufbereitet werden und wir keine teuren Datenfriedhöfe produzieren.

aho: Was soll laut Gesetzentwurf gemeldet werden und was halten Sie für sinnvoll? Der Wirkstoffeinsatz pro Tier? Die Zahl der Behandlungstage?

Happach-Kasan: Der Entwurf sieht derzeit vor, dass alle Mastbetriebe das Mittel, die Anzahl und Art der behandelten Tiere, die Behandlungsdauer sowie die durchschnittliche Zahl aller im Behandlungsmonat gehaltenen Tiere gemeldet werden. Schon jetzt gibt es Betriebe, die nahezu oder völlig ohne Antibiotika auskommen. Das heißt, eine gute Bestandsführung ermöglicht einen weitgehenden Verzicht auf Antibiotikaeinsatz. Mit dem Instrument der Kennzahlen wollen wir eine Vergleichbarkeit der Betriebe erreichen. Landwirte und die die Betriebe betreuenden Tierärzte sollen sich beim Bestandsmanagement an den Kollegen orientieren können, die mit einem geringen Antibiotikaeinsatz auskommen.

aho: Welche Auswirkungen werden die Regelungen auf Tierhalter und die Verbraucherinnen und Verbraucher haben?

Happach-Kasan: Die höheren Anforderungen, insbesondere beim Management, sind für die Tierhalter eine große Herausforderung. Dies wird zu einer verstärkten Beschleunigung des Strukturwandels hin zu größeren Betrieben führen. Darüber müssen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher informieren. Gleichzeitig müssen wir ihnen deutlich machen, dass unsere Lebensmittel bereits eine hohe Qualität haben. Zusätzliche Anforderungen an das Bestandsmanagement wird aber zu höheren Preisen führen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können darauf vertrauen, Fleisch von Tieren aus gut geführten Beständen zu kaufen. Außerdem wird das Entstehen multiresistenter Keime vermindert.

aho: Welches Ziel verfolgen Sie in den weiteren Verhandlungen?

Happach-Kasan: Ich setze mich für eine zielorientierte Lösung ein, die sich an den Fakten und nicht an Ideologien orientiert. Im Krankheitsfall müssen Antibiotika zur Behandlung der Tiere zur Verfügung stehen und fachgerecht eingesetzt werden. Weiterhin sollten sich die Tierärztinnen und Tierärzte zusammen mit der Landwirtschaft noch stärker um eine verbesserte Hygiene, das Bestandsmanagement um Schutzimpfungen und Parasitenbehandlungen kümmern. Dabei können die Rückmeldungen von den Schlachthöfen ein guter Erfolgsindikator sein. Die Veterinäre müssen stärker in die Beratung eingebunden werden, denn ein gutes Haltungsmanagement kann die Notwendigkeit von Behandlungen minimieren. Es muss sichergestellt sein, dass nur relevante Daten erhoben werden, um die Kostenbelastung der Landwirte zu begrenzen. Es gilt: Gut geführte Bestände brauchen kaum Antibiotika!

aho: Vielen Dank für das Gespräch.

3 Comments, Comment or Ping

  1. Frau Happach-Kassan redet die Quadratur des Kreises herbei.

    Geben die Landwirte denn momentan aus Jux Antibiotika?
    Führen sie die Bestände mit Absicht schlecht?

    Es ist ja vielmehr die Tatsache, dass bei immer größer werdenden Beständen und bei den momentan geltenden Besatzdichten Tiere eben nicht ohne Schäden, Schmerzen und leiden gehalten werden können, wie es das TschG eigentlich gebietet!

    Dort, wo es geschwächte Tiere gibt, die Wunden aufweisen (Fußballenschäden! Verletzungen!), deren Atemwege geschwächt sind (Einatmen der Gülle- oder Kotgase!) werden jedes Virus und jedes Bakterium, das nur irgendwie durch Zuluft, Personal, Gerätschaften, Tiere oder andere Vekoren hineinkommt (und in vielen Fällen schon drin ist) aufnehmen und der zu engen besatzdichte wegen in rasender Eile verbreiten. Eine Einzelbehandlung ist der Enge und der hohen Tierzahlen wegen nicht möglich.

    Wie soll da der Medikamenteneinsatz sinken?

  2. Nein, nicht größer müssen die Bestände werden! Mit wachsenden Tierzahlen erhöht sich zwangsläufig der Infektionsdruck. Frau Happach-Kassan erwähnt mit keinem Wort, dass Tiere artgerecht gehalten werden müssten, um gesund leben zu können. Das schreibt das Tierschutzgesetz vor, aber die Industrie tritt geltendes Recht mit Füßen und macht sich der Tierquälerei schuldig. Die Regierung schweigt nicht nur, sondern fördert tierquälerische Massentierhaltung aktiv, wobei bäuerliche Betriebe ruiniert werden. Weidehaltung gehört gefördert, nicht die ausufernde Industrie-Tierhaltung, die für kranke Tiere und darüber hinaus für Umweltbelastungen verantwortlich ist, die kaum noch in den Griff zu kriegen sind. Ich halte Frau Happach-Kassans Aussagen für fahrlässig.

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