Eberimpfung mit Improvac®: Was man dazu wissen sollte
[Geimpfte Eber ca. zwei Wochen nach der zweiten Impfung; deutliche Hodenatrophie] (aho) – Seit 1998 wird die sogenannte „Eberimpfung“ in Australien und Neuseeland eingesetzt, um den Geschlechtsgeruch vor der Schlachtung und das arttypische Verhalten von Ebern zu unterdrücken. Ab 2005 folgten dann eine Vielzahl von Ländern Südamerikas und Asiens. Der Impfstoff Improvac® wurde im Frühjahr 2009 auch in der EU zugelassen. Danach im Jahr 2010 auch in Japan und seit März 2011 in den USA.
Nachfolgend sollen häufig gestellte Fragen zur Eberimpfung beantwortet werden.
Frage: Ist Improvac® ein Hormon?
Antwort: Nein. Improvac® ist ein Impfstoff für männliche Schweine, der zur Verminderung des „Ebergeruchs“ im Fleisch angewendet wird.
Improvac® besitzt keinerlei hormonelle Wirkung und enthält keine genetisch veränderten Inhaltsstoffe oder mikrobiologische Wirkstoffe.
Frage: Ist Improvac® ein Wachstumsförderer?
Antwort: Nein. Die erreichten Zunahmen basieren darauf, dass geimpfte Eber ihr natürliches Wachstumspotential ähnlich dem intakter Eber ausschöpfen können.
Frage: Was sind die Komponenten von Improvac®?
Antwort: Improvac® enthält als wirksamen Bestandteil ein synthetisch hergestelltes Analogon des natürlichen Gonadotropin-Releasing-Faktors (GnRF), eine Substanz, die die Hodenfunktion der Eber steuert. Dieses Analogon ist zur Steigerung der Immunogenität an ein inertes Trägerprotein gebunden. Beide zusammen bilden das Antigen, das in der Lage ist, eine Immunreaktion auszulösen.
Das verwendete Trägerprotein ist identisch mit dem, das zur Herstellung von Humanimpfstoffen, insbesondere solcher für Kinder, zum Einsatz kommt.
Das Antigen stimuliert die Produktion der GnRF-neutralisierenden Antikörper, ist jedoch verschieden genug, um selbst keinerlei hormonelle Aktivität zu besitzen. Improvac® enthält weder pharmakologisch wirksame Substanzen noch Hormone.
Frage: Ist Schweinefleisch von den mit Improvac® behandelten Ebern für die Verbraucher sicher?
Antwort: Ja. Improvac® ist ein Impfstoff und hinterlässt im Fleisch keinerlei Rückstände. Daher ist er auch mit einer Wartezeit von null Tagen zugelassen. Bei dem Wirkstoff von Improvac® handelt es sich um ein Protein, das seine Wirkung nur entfaltet, wenn es injiziert wird. Wie Studien gezeigt haben, besitzt Improvac® bei oraler Verabreichung, selbst in hohen Dosen, nachweislich keinerlei Wirkung.
Frage: Hinterlässt Improvac® im Fleisch irgendwelche schädlichen Rückstände?
Antwort: Nein. Ähnlich wie andere Impfstoffe hinterlässt Improvac® keine Rückstände im Schweinefleisch, die Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit haben könnten. Improvac® wurde mit einer Wartezeit von null Tagen zugelassen.
Frage: Wer verabreicht die Injektionen – der Landwirt selbst oder ein Tierarzt?
Antwort: Improvac® ist verschreibungspflichtig. Wie bei allen Impfstoffen kann der Landwirt (Tierhalter) selber impfen, wenn der betreuende Tierarzt dies den zuständigen Behörden gemäß Tierimpfstoffverordnung angezeigt hat.
Wie praktische Erfahrungen in Schweinebetrieben gezeigt haben, kann die Impfung sowohl von Tierärzten als auch von geschultem Personal im Betrieb sicher verabreicht werden, sofern die Sicherheitsvorschriften eingehalten und die vorgeschriebenen Sicherheitsimpfpistolen verwendet werden.
Pfizer hat umfangreiche Schulungsprogramme für Workshops für Tierärzte, Trainer und Landwirte entwickelt, die wichtige Informationen zur Impfung und den Einsatz der Sicherheitsimpfpistolen enthalten.
Frage: Ist die Verabreichung von Improvac® für den Anwender sicher?
Antwort: Improvac® muss von geschulten Anwendern unter Verwendung einer Sicherheitsimpfpistole verabreicht werden. Aus diesem Grund führt Pfizer eine intensive und umfassende Schulung für die zukünftigen Anwender durch.
Die zuständigen EU-Behörden haben in der Gebrauchsinformation von Improvac® die Verwendung einer mit besonderen Sicherheitsvorrichtungen ausgestatteten Impfpistole zur Applikation der Impfung vorgeschrieben.
Die Kombination von Schulung und Verwendung einer Sicherheitsimpfpistole optimiert die Anwendersicherheit.
Frage: Was geschieht bei einer versehentlichen Selbstinjektion von Improvac®?
Antwort: Eine versehentliche Selbstinjektion könnte beim Menschen ähnliche Wirkungen hervorrufen, wie bei Schweinen. Diese könnten eine vorübergehende Verminderung der Sexualhormonspiegel und der Fortpflanzungsfunktionen bei Männern und Frauen sowie unerwünschte Wirkungen auf eine Schwangerschaft umfassen. Das Risiko, dass solche Wirkungen auftreten, ist nach einer zweiten oder weiteren versehentlichen Injektion größer, als nach einer ersten Injektion. Improvac® darf nicht von Frauen verabreicht werden, die schwanger sind oder sein könnten.
Wie die Erfahrungen aus dem praktischen Einsatz von Improvac® zeigen, ist das Risiko einer Selbstinjektion bei Beachtung der nötigen Vorsichtsmaßnahmen und Verwendung der Sicherheitsimpfpistole sehr gering. Sollte es tatsächlich zur versehentlichen Selbstinjektion kommen, ist die Einstichstelle gründlich mit sauberem, fließenden Wasser zu waschen; danach sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden, dem die Packungsbeilage des Impfstoffes vorzulegen ist. Die betroffene Person darf Improvac® zukünftig nicht mehr verabreichen.
Frage: Schmeckt oder riecht das Fleisch von den mit Improvac® behandelten Ebern anders als das von chirurgisch kastrierten männlichen Schweinen oder weiblichen Schweinen?
Antwort: Nein. Bei verschiedenen Verkostungen, die weltweit durchgeführt wurden, haben die Verbraucher die organoleptischen Eigenschaften des Fleisches von Improvac® geimpften Ebern als gleich gut wie die von Schweinefleisch, das von Sauen oder Kastraten stammt, bezeichnet. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben zudem bestätigt, dass die Androstenon- und Skatolkonzentrationen im Fleisch von Improvac® geimpften Ebern ebenso wie bei Fleisch von kastrierten Schweinen unterhalb der sensorischen Grenzwerte liegen.
Frage: Sind die Injektionen für die Schweine gut verträglich?
Antwort: Ja. Die Verträglichkeit von Improvac® wurde in Studien zur Arzneimittelsicherheit unter Labor- und Feldbedingungen untersucht. Die Ergebnisse dieser Studien zeigten, dass die geimpften Schweine wenig Reaktionen auf den Impfvorgang zeigten. Die häufigste Nebenwirkung von Improvac® sind Reaktionen an der Injektionsstelle sowie ein vorübergehender Anstieg der Rektaltemperatur.
Frage: Stellt Improvac® irgendein Risiko für die Umwelt dar, und zwar hinsichtlich einer Kontamination durch entsorgte Schlachtkörper und durch Fäkalien?
Antwort: Nein. Improvac® enthält keinerlei chemische oder mikrobiologische Wirkstoffe, die ein Risiko für die Umwelt darstellen könnten. Im Gegenteil, mit Improvac® geimpften Eber zum Erreichen des geplanten Schlachtgewichts geringere Futtermengen benötigen als chirurgisch kastrierte Tiere, produzieren sie etwa 10 % weniger Gülle.
Frage: Hat Improvac® sonstige Nachteile?
Antwort: Nein, denn der Impfstoff ist nicht nur sicher für Verbraucher und Schweine, sondern stellt vor allem eine wirksame und tierfreundliche Alternative zur chirurgischen Kastration dar.
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Wolfgang Nellen
Ich bin etwas verwirrt: mit der Verabreichung von Improvac wird der Hormonhaushalt der Tiere völlig verändert – ist das keine pharmakologische Wirkung?
Es ist richtig, dass das GnRH Peptid nicht gentechnisch hergestellt wird – das kommt in der heutigen Zeit gut an. Wäre es aber nicht fair zu sagen, dass es chemisch-synthetisch und nicht auf biologischem Weg hergestellt wird?
Aug 5th, 2016
Reply to “Eberimpfung mit Improvac®: Was man dazu wissen sollte”