Hobbytier- und Veredlungssektor gleichauf: Umfeld für Innovationen im Nutztiersektor wird schwieriger
Bremerhaven/Bonn (BfT) – Nach mehreren Jahren expansiven Wachstums des landwirtschaftlichen Veredlungssektors, insbesondere bei Schwein und Geflügel, ist es im vergangenen Jahr zu einer Stagnation gekommen. Die Geflügelproduktion verzeichnete nur noch geringe Zuwächse, der Schweinesektor wurde sogar etwas kleiner. Damit setzt sich der Trend, der sich bereits in 2011 abzeichnete, weiter fort, erläuterte der Vorsitzende des Bundesverbandes für Tiergesundheit e. V. (BfT) Jörg Hannemann während der 27. BfT-Mitgliederversammlung am 17. Mai in Bremerhaven.
Neuentwicklungen seien für die Firmen derzeit insbesondere bei Antibiotika im Großtierbereich risikoreich, führte Hannemann weiter aus. „Lediglich im Impfstoffbereich sind in den nächsten Jahren bei Großtieren neue Produkte zu erwarten“, so seine Prognose. Als rein präventive Maßnahme könnten Impfstoffe die antibiotische Behandlung jedoch nur zum Teil ersetzen.
Etwas günstiger beurteilt der BfT-Vorsitzende den Kleintiersektor. Hier würden nach wie vor spezielle Wirkstoffe entwickelt, mit denen bereits bestehende Therapien ergänzt werden könnten. „Auf der Hobbytierseite erwarten wir für die nächsten Jahre weitere Wachstumsimpulse“, sagte Jörg Hannemann.
Warten auf die AMG-Novelle
Mit Blick auf die Verbandsarbeit fasste Hannemann zusammen, dass Antibiotika das am meisten gebrauchte Stichwort im vergangenen Jahr gewesen sei. Für das laufende Jahr erwarte man in diesem Segment einen Mengenrückgang von 10 – 15 Prozent im deutschen Markt. Und dies, obwohl die gesetzlichen Vorschriften der 16. AMG-Novelle noch nicht in Kraft getreten seien. Dennoch würde die Industrie es begrüßen, wenn es im Vermittlungsausschuss zu einer Einigung über die Novelle kommen würde, weil sich dann bestehende rechtliche Unsicherheiten ausräumen ließen.
In einigen Punkten der AMG-Novelle sieht der BfT noch Klärungs- bzw. Nachbereitungsbedarf. So müsste klargestellt werden, dass die neueren One-Shot-Antibiotika durch den sogenannten Therapiehäufigkeitsindex nicht benachteiligt würden. Lösungsvorschläge seitens der Industrie seien in Arbeit.
Mehr Transparenz
Mit einer Reihe von Stellungnahmen hat der BfT laut Hannemann die Neufassung des Tiergesundheitsgesetzes, ehemals Tierseuchengesetz, konstruktiv begleitet mit der Folge, dass beispielsweise eine allgemeine Herstellungserlaubnis für bestandsspezifische Impfstoffe eingeführt worden sei. Ebenfalls habe man die Verpflichtung zur Abgabe einer Jahresmeldung für solche Impfstoffe aufgenommen. Beides könne dazu beitragen, mehr Transparenz in diesem Bereich zu schaffen.
Impfung gegen Ebergeruch ist praxistauglich
Jörg Hannemann nahm auch zum neuen Tierschutzgesetz Stellung. Durch das Verbot der betäubungslosen Kastration beim Ferkel und das prinzipielle Verbot des Schenkelbrandes entstünden neue Anforderungen für die pharmazeutische Industrie. Die Anforderungen seien jedoch oftmals wenig wissenschaftlich begründet. „Ob schmerzausschaltende Mittel in der vom Gesetzgeber geforderten Weise entwickelt werden können, ist aus meiner Sicht zumindest fraglich“, meinte der BfT-Vorsitzende dazu. Die Impfung gegen Ebergeruch sei inzwischen ein europaweit zugelassenes Verfahren, das die Anforderungen hinsichtlich Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit erfülle. Als Ersatz für die chirurgische Kastration halte die Industrie die Impfung für eine mögliche tierschutzgerechte Lösung.
Marktzahlen 2012
Dr. Martin Schneidereit, Geschäftsführer des BfT, fasste die Marktzahlen für 2012 zusammen. „Im vergangenen Jahr erreichte das Wachstum des Tierarzneimittelmarktes in Deutschland lediglich eine schwarze Null“, so Schneidereit. Hauptgrund für die sehr schwache Entwicklung sei der deutliche Rückgang der Antibiotikaumsätze mit minus 6,5 Prozent gewesen. Von der rückläufigen Entwicklung betroffen seien sowohl die orale als auch die Injektionsbehandlung.
Stagnation sei im Rinder- und Schweineimpfstoffbereich zu verzeichnen gewesen, im Nutztierbereich hätte lediglich das Geflügelsegment mit plus 8,5 Prozent zulegen können. Der Umsatz bei Impfstoffen für Hund und Katze sei dagegen um rund drei Prozent gewachsen. „Von der guten Entwicklung im Kleintierbereich haben auch die Antiparasitika profitiert“, führte der BfT-Geschäftsführer weiter aus. „Neue Produkte und weiter intensivierte Anwendungen beim Kleintier haben zu einem stabilen Wachstum von insgesamt 5,4 Prozent beigetragen.“
Bei den Pharmazeutischen Spezialitäten hätten sich schmerz- und entzündungshemmende Produkte zufriedenstellend entwickelt. Auch Narkose-, Anästhesie- und andere Produkte zeigten Wachstum. Insgesamt sei der Bereich der Pharmazeutischen Spezialitäten um 2,8 Prozent gewachsen.
Auf Grund der negativen Entwicklung des Nutztiermarktes sei der Marktanteil der Hobbytierprodukte, zu denen Klein- und Heimtiere sowie Pferde zählten, auf 50 Prozent des Gesamtmarktes angestiegen, so Dr. Martin Schneidereit.
Vorstand wiedergewählt
Turnusgemäß fanden in Bremerhaven Vorstandswahlen statt. Alle Mitglieder des Vorstandes wurden in ihren Ämtern bestätigt. Dem Vorstand gehören an Jörg Hannemann, Virbac GmbH Bad Oldesloe (Vorsitzender), Hubert Papp, Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH (Stellv. Vorsitzender), Armin Thur, aniMedica GmbH (Schatzmeister), Dr. Daniel Sicher, MSD Tiergesundheit GmbH, Thomas Steffens, Bayer Vital GmbH und Dr. Gerfried Zeller, Albrecht GmbH.
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