Kommentar: Erstens kommt es anders …
(bft) – Die Diskussion um Risiken der Tierhaltung schlägt hohe Wellen. Vor allem die Gefahr, Resistenzen vom Tier auf den Menschen zu übertragen, wird herausgehoben. Manchmal muss man allerdings genauer hinschauen, um zu erkennen, ob es sich um einen tatsächlichen oder vorschnell postulierten Zusammenhang der Tier-Mensch Übertragung handelt.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurden ESBL-Keime beim Hähnchen gefunden und für das vermehrte Auftreten von ESBL beim Menschen verantwortlich gemacht. Aktuelle Untersuchungen mittels Sequenzanalyse zeigten jedoch, dass die vom Geflügel und vom Menschen stammenden ESBL-Keime von unterschiedlicher Herkunft waren und nichts mit einander zu tun hatten.
MRSA-Keime werden in vielen Publikationen als zentrale Bedrohung für den Menschen angesehen. Als Reservoir und damit Quelle des Übels wird dabei gerne auf die Tierhaltung verwiesen. Wer genau nachliest stellt fest, dass in Deutschland der allergrößte Teil der MRSA-Keime in der Tierhaltung zum Stamm ST398 gehört, einem Stamm, der sich gravierend in seinen Eigenschaften von den in Krankenhäusern gefundenen Stämmen unterscheidet.
Der Salmonella-Stamm Typhimurium DT104 galt über zwanzig Jahre hinweg als Paradebeispiel für den Übertritt eines Erregers aus der Tierhaltung auf den Menschen. Im vergangenen Jahr haben britische Untersuchungen gezeigt, dass der Salmonellenstamm ursprünglich vom Menschen stammte und von da auf das Tier übertragen wurde.
Diese Beispiele sollen die Tierhaltung nicht reinwaschen; sie können es auch nicht. Die Veterinärmedizin muss sich intensiv mit der Resistenzentwicklung in ihrem Sektor beschäftigen. Die Beispiele zeigen aber auch, dass eine sorgfältige wissenschaftliche Untersuchung notwendig ist und nicht eine schnelle, politisch motivierte Vorverurteilung der Tierproduktion. (ms)
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