Bakterien mit mcr-1-Resistenzgen auf Geflügelfleisch: Niederländische Wissenschaftler geben Entwarnung
Amsterdam/Utrecht/Maastricht (aho) – Obwohl das sogenannte mcr-1-Resistenzgen gelegentlich bei Geflügel aus dem Lebensmitteleinzelhandel nachgewiesen werden kann, ist diese Tatsache für niederländische Klinikpatienten von untergeordneter Bedeutung. Das berichtet jetzt ein Team niederländischer Wissenschaftler im Online-Journal „Eurosurveillance“. Das mcr-1-Resistenzgen vermittelt eine Resistenz gegen das Antibiotikum Colistin.
Tatsächlich konnten die Experten in 1,5% der untersuchten Geflügelfleischproben Bakterien mit dem mcr-1-Resistenzgen nachweisen. Bei der mikrobiologischen Untersuchung von 2.275 Proben von Krankenhauspatienten wurden die Wissenschaftler aber nicht fündig. Die Experten sehen deshalb aktuell keine Gefährdung der Therapie in niederländischen Kliniken (1).
Hintergrund
In Europa und den USA verordnen Veterinärmediziner Colistin seit vielen Jahren zur oralen Medikation bei Darminfektionen. Hier ist Colistin immer noch hochwirksam. Da Colistin kaum aus dem Darm resorbiert wird, spielt die Neuro- und Nephrotoxizität hier nur eine untergeordnete Rolle. In Deutschland ist der Einsatz von Colistin bei Tieren in der Landwirtschaft von 2011 auf 2014 um 20% gesunken.
Colistin wird in der jüngeren Vergangenheit in der Humanmedizin per intravenöser Infusion bei sonst schwer beherrschbaren Infektionen wie z.B. Pneumonie, Sepsis, Meningitis, Harnwegsinfektionen verursacht durch gramnegative Bakterien, besonders Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii, wenn andere Antibiotika kontraindiziert oder nicht wirksam sind, eingesetzt. Ebenso zur inhalativen Therapie bei Atemwegsinfektionen durch gramnegative Bakterien, insbesondere Pseudomonas aeruginosa bei Patienten mit z.B. cystischer Fibrose. Das nebenwirkungsreiche Colistin wird deshalb von Humanmedizinern neuerdings als Reserveantibiotikum bezeichnet.
MF Kluytmans–van den Bergh, P Huizinga, MJ Bonten, M Bos, K De Bruyne, AW Friedrich, JW Rossen, PH Savelkoul, JA Kluytmans
Presence of mcr-1-positive Enterobacteriaceae in retail chicken meat but not in humans in the Netherlands since 2009
Eurosurveillance, Volume 21, Issue 9, 03 March 2016

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Jan Meyer
Schon die Neueinstufung von Colistin als „Reserveantibiotikum“ für die Humanmedizin zeigt doch deutlich, daß Resistenzprobleme eher hausgemacht sind, Seit Jahrzehnten wird es bei vielen Nutztierarten häufig eingesetzt, weil die schweren Nebenwirkungen bei parenteralem Einsatz beim Menschen als nicht tolerabel galten. Was jetzt kommen wird, zeichnet sich doch ab: Einsatz bei Nutztieren wird erschwert/ verboten, weil ja „Reserve-AB“ und die Realität wird weiterhin ignoriert. Die nächste mediale Verunglimpfungswelle der Nutztierhaltung und ihrer tiermedizinischen Versorgung wird uns spätestens 2017 trotzdem überrollen.
März 4th, 2016
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