Vom Anhänger bis zum Haken – mehr Videoüberwachung in niedersächsischen Schlachthöfen
Hannover (ml) – Nachfolgend die Rede der Niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast zur Videoüberwachung in Schlachthöfen aus der heutigen Sitzung des Niedersächsischen Landtages (TOP 2b, Aktuelle Stunde).
Vom Anhänger bis zum Haken – mehr Videoüberwachung in niedersächsischen Schlachthöfen
Es gilt das gesprochene Wort
Dass wir uns an diesem Vormittag gleich zweimal mit dem Thema Tierschutz befassen müssen, sehe ich als Chance. Als Chance, einen konsequenten Weg einzuschlagen. Diese Landesregierung toleriert keinerlei Tierschutzvergehen!
Die Bilder der letzten Wochen haben mich in dem Beschluss bestärkt, für die Einführung einer Videoüberwachung von der Anlieferung bis zur Entblutung der Schlachttiere zu streiten, also „vom Hänger bis zum Haken“.
Seit einigen Jahren läuft in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU eine Diskussion über das Für und Wider der Einführung einer Videoüberwachung in tierschutzrelevanten Bereichen von Schlachthöfen.
Was kann eine Videoüberwachung in den tierschutzrelevanten Bereichen der Schlachthöfe, für die ich mich mit Nachdruck einsetzen möchte, bewirken?
Erfahrungsberichte aus den Schlachthöfen, in denen solche Anlagen mit Zustimmung der Mitarbeiter bereits installiert wurden, zeigen, dass Kameras geeignet sind, Grausamkeiten einzelner Mitarbeiter gegen Tiere wirkungsvoll zu unterbinden. Sie haben insofern abschreckende Wirkung, weil derjenige, der so etwas tut, damit rechnen muss, dass sein Handeln von außenstehenden Kontrolleuren erkannt und sanktioniert wird.
Der gesetzlichen Einführung einer Videoüberwachung an Schlachthöfen steht eine Reihe von rechtlichen Hürden entgegen, die der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Bundestages im März diesen Jahres ausführlich dargelegt hat, Die datenschutzrechtlichen Vorgaben lassen eine vollumfängliche Kameraüberwachung in Schlachthöfen derzeit nicht zu. Zulässig ist der Einsatz von Kameras lediglich, wenn keine Personen erfasst werden. Besteht ein entsprechender Personenbezug, ist eine Kameraüberwachung zur Zeit lediglich in engen aufgezeigten Grenzen denkbar.
Die Videoüberwachung darf keinesfalls dazu führen, dass jedes unvermeidbare Problem oder jeder Fehler bei der Betäubung dem einzelnen Mitarbeiter als individuelle Schuld aufgebürdet werden.
Daher sage ich hier ganz bewusst:
Die Mitarbeiter der Schlachthöfe und die amtlichen Kontrolleure, die diese physisch und psychisch sehr belastenden Arbeiten an Schlachthöfen überwiegend mit Sorgfalt und großem Verantwortungsbewusstsein ausführen, verdienen unseren Respekt und unsere Anerkennung!
Lassen Sie mich noch etwas zu den Menschen sagen, über die hier geredet wird, die Menschen, die als Schlachter oder amtlicher Kontrolleur an den Schlachthöfen arbeiten.
Was ich in den letzten Wochen zum Teil lesen und hören musste, entsetzt mich zutiefst:
Mitarbeiter von Schlachthöfen werden als Sadisten und Tierquäler beschimpft, persönlich beleidigt und bedroht. Öffentlich wird dazu aufgerufen, amtliche Kontrolleure an einen digitalen Pranger zu stellen; so zum Beispiel „soko-tierschutz.org am 24.10.2018: „Wer sind diese Tierärzte? Wer weiß etwas über sie?“ bitte melden unter Handynummer xxx.
Wer gegen geltendes Recht verstoßen hat, wird dafür bestraft werden. Aber es gibt keine Rechtfertigung, das Recht in die eigene Hand zu nehmen oder bestimmte Berufsgruppen in der Öffentlichkeit zu diskriminieren!
Ich werde mich in den kommenden Monaten gegenüber dem Bund dafür einsetzen, dass die Voraussetzungen für eine rechtlich abgesicherte, verpflichtende Videoüberwachung in den tierschutzrelevanten Bereichen von Schlachthöfen geschaffen werden, die den zuständigen Behörden für Auswertungen zur Verfügung stehen muss und hoffe dabei auch auf die Unterstützung durch meine Kollegen in anderen Bundesländern.
Bis dahin setze ich auf freiwillige Maßnahmen der Schlachtunternehmen, die zum Teil bereits ihre Bereitschaft dazu signalisiert haben.
Ich hoffe hierzu bereits im November zu Vereinbarungen mit Vertretern der Fleischwirtschaft und des Handwerks zu kommen.
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