Rinderzüchter in Schleswig-Holstein klagen gegen Export-Stopp
Hamburg/Schleswig (aho) – Der Streit um das Verbot von Rinderexporten in 14 Nicht-EU-Länder beschäftigt jetzt das Verwaltungsgericht Schleswig, das berichtet NDR Schleswig-Holstein. Die Rinderzucht-Genossenschaft Schleswig-Holstein eG (RSH) geht juristisch mit einem Eilverfahren gegen den Kreis Steinburg vor. Die RSH will so einen bereits geplanten Transport nach Marokko ermöglichen. Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein geht es um 21 Zuchtrinder von mehreren Landwirten aus dem Kreis Steinburg, die mithilfe der Rinderzucht Schleswig-Holstein eG (RSH) nach Nordafrika gebrachten werden soll. Der Kreis Steinburg hatte dafür notwendige Vorlaufatteste nicht ausgestellt.
Die Veterinäre des Kreises befürchten nach eigenen Angaben, dass sie sich strafbar machen könnten, wenn die Tiere während des Transports gequält werden. Hintergrund sind Fernsehberichte von ARD und ZDF über Missstände bei Transporten und auf Schlachtbetrieben im Nicht-EU-Ausland. Der Kreis Steinburg muss noch am Dienstag eine Stellungnahme beim Verwaltungsgericht in Schleswig abgeben. Landrat Torsten Wendt (parteilos) reagierte mit Unverständnis auf die Klage von RSH. „Das spricht für sich“, sagte Wendt. Ein Sprecher des Gerichtes bestätigte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein, dass ein Eilverfahren anhängig ist. Die Kammer wolle die Unterlagen prüfen und bereits Mittwochmorgen über den Fall entscheiden.
In einer Stellungnahme vom 26.02.2019 argumentiert die RSH eG zum Thema Zuchtrinderexport.
Die RSH eG exportiert keine Schlachtrinder, sondern seit über 25 Jahre nur Zuchtrinder
Wir sind Zuchtrinderlieferanten mit international gutem Ruf. Die deutsche Rinderzucht ist seit vielen Jahren auf eine lange Nutzungsdauer auf hohem Gesundheitsniveau ausgerichtet und im Ausland sehr beliebt. In den Zielländern bestehen oft langjährige Kooperationen mit dem BMEL und dem BMZ (Entwicklungshilfeministerium) um, vor Ort die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Kooperationen bestehen unter anderem mit:
- Deutsch-Marokkanisches Exzellenzzentrum für Landwirtschaft (BMEL)
- Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog und Deutsches Agrarzentrum in Kasachstan (BMEL)
- Deutsch-Iranische Arbeitsgruppe des BMEL
- Deutsch-Ägyptische Zusammenarbeit (BMEL)
- Rahmen der Initiative Eine Welt ohne Hunger (BMZ)
- GIZ – Usbekistan: Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung in ausgewählten Regionen (BMZ, AA, BMI)
In allen Projekten kommt der Entwicklung der Tierproduktion, insbesondere die der Milchviehhaltung, eine besondere Bedeutung zu. Im Rahmen dieser Projekte werden auch Zuchtviehexporte auf Grundlage bestehender Veterinärvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik und dem jeweiligen Zielland durchgeführt.
Die RSH eG beachtet den Tierschutz beim Transport
Das ureigene Interesse der RSH eG ist es, dass die Tiere vor, während und auch nach dem Transport tierwohlgerecht behandelt werden. Entsprechende Vorgaben macht der Gesetzgeber mit den Rahmenbedingungen der EU-Tierschutztransportverordnung 1/2005.
Die RSH eG steht dazu, dass geltendes Recht in allen EU-Mitgliedsstaaten eingehalten werden muss und der bestehende Rechtsrahmen auch angewendet wird.
Wichtig ist eine einheitliche Umsetzung der bestehenden Auflagen zum Tierschutz beim Transport und der zentralen Verordnung EU-VO 1/2005 in allen EU-Ländern. Ebenso ist eine bundeseinheitliche Auslegung aller Auflagen notwendig, um den Tierschutz beim Transport zu gewährleisten und Wettbewerbsnachteile für unsere Mitgliedsbetriebe zu vermeiden.
Wir fordern eine Versachlichung der Diskussion um Zuchtrindertransporte
Die deutsche Rinderzucht ist für viele ausländische Züchter die beste Basis zum Aufbau eigener Zuchtpopulationen. In der Türkei beispielsweise wuchs der Rinderbestand im Zeitraum von 2002 bis 2017 um 62%, der Milchkuhbestand um 35% und die türkische Milcherzeugung um 150%.
Wir sind auch der Auffassung, dass es nicht opportun ist, unsere Kunden hinsichtlich der jeweiligen glaubensbedingten (Islam) Schlachtpraktiken unter Generalverdacht zu stellen. Das Schächten von Rindern ist in Deutschland und der EU nur in engen Grenzen zulässig. Die Übertragung des grundsätzlichen Verbotes des Schächtens aus dem deutschen Recht auf Drittländer ist nicht zulässig. Eine komplette Sperrung ganzer Länder allein aufgrund von Medienberichten halten wir für nicht gerechtfertigt. In einigen Zielländern existieren, wie oben beispielhaft erläutert, staatliche Förderprogramme mit dem Ziel, den Import von hochwertigen Zuchtrindern zu fördern. Die Importgenehmigungen in den Zielländern schreiben in der Regel vor, dass diese als Zuchttiere eingesetzt werden müssen und nicht vorzeitig geschlachtet werden dürfen.
Jeder berechtigten Kritik stehen wir offen gegenüber. Diese muss aber auf Fakten basieren. Ergibt sich aufgrund von berechtigten und konkreten Hinweisen der Verdacht, dass Zuchttiere auf dem Transport nachweislich misshandelt werden, gehen wir diesem Verdacht mit aller Schärfe nach. Nachweisliche Verstöße müssen mit aller Konsequenz und unter Ausschöpfung aller Rechtsmittel verfolgt werden.
Fazit der RSH eG
Vom zuständigen Ministerium in Schleswig-Holstein erwarten wir eine unverzügliche Klärung der offenen rechtlichen Fragen und kein Lavieren und Aussitzen mehr zu Lasten der Rinderzüchter in Schleswig-Holstein.
Die RSH eG ist der festen Überzeugung, dass es keine rechtlichen Gründe für das Versagen der Exportgenehmigungen und der Vorlaufattestierung gibt. Vorhandene EU-Vorschriften für den Tierschutz bei Tiertransport gelten bis zum Bestimmungsort und bieten einen anwendbaren rechtlichen Rahmen bis zum Bestimmungsort im Drittland. Die Einhaltung ist zu überwachen und sicherzustellen. Die RSH eG hat daher die Klärung dieser Rechtslage eingeleitet.
Der aktuell vom Minister Albrecht einberufene Runde Tisch wird diese konkrete Rechtsfrage nicht abschließend klären können. Vor dem Hintergrund des von der RSH eG zwischenzeitlich eingeleiteten Rechtsverfahrens werden wir aufgrund des schwebendes Verfahrenes auf die Teilnahme am Runden Tisch verzichten.
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