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Tengelmann gibt Tierschutzkontrollierte Produkte auf!

Der Bundesverband Tierschutz stellt mit Bedauern fest: Seit 1. Februar 2000 gibt es in über 600 Tengelmann-Läden keine tierschutzkontrollierten Produkte mehr. Diese Nachricht war für uns ein schwarzer Tag zu Beginn dieses Jahres, denn die Inhaber von Tengelmann, die Fam. Haub, war immer dem Tierschutz und Naturschutz sehr zugetan.

Mehr als 2 Jahre haben wir intensiv für das Tengelmann-Konzept von tierschutzüberprüften Produkten gearbeitet und viele landwirtschaftliche Betriebe auf die Tierschutz-Standards in der Erzeugung mit hohem materiellen Aufwand umgestellt.

Das mit dem Hause Tengelmann abgesprochene Konzept war mit Eiern aus artgerechter Haltung über Rindfleisch, Kalbfleisch, Hähnchen, Puten- und Schweinefleisch im Laufe der Zeit ein tierschutzrelevantes Programm aufzubauen, das den Tieren ein artgerechte Leben und dem Verbraucher ein naturnah erzeugtes, gesundes und umweltfreundliches Produkt liefern sollte. Der Verbraucher hatte dieses seit 1997 laufende Konzept so gut angenommen, dass man im Hause Tengelmann begeistert war. Tengelmann war der erste Lebensmittelhändler, der Käsigerer aus dem Sortiment nahm und nur noch Eier aus tierschutzüberprüften Betrieben aus Freiland- und Bodenhaltung und ausschließlich aus deutscher Erzeugung in den Regalen anbot!

Zeitweise konnten die Märkte nicht ausreichend beliefert werden, weil man nicht mit den steigenden Umsätzen gerechnet hatte. Ein Beweis dafür, dass der Verbraucher ehrliche Ware aus vom Tierschutz anerkannten Betrieben bevorzugt hat. Erst als Aldi mit fragwürdiger Freilandware zu Dumpingpreisen auf den Markt kam hatte Tengelmann leichte Umsatzeinbußen.

Zwei Gründe erscheinen uns für die Entscheidung des Hauses Tengelmann, das Tierschutz-Konzept aufzugeben, möglich zu sein, obgleich man uns keine Begründung der Entscheidung des neuen Management des Hauses Tengelmann gegeben hat.

Zum einen steht der Lebensmittelhandel in einem nie dagewesenen ruinösen Verdrängungswettbewerb. Man setzt neuerdings bei Tengelmann auch auf die Preisschiene. Aldi und Lidl als Preisdisconnter betreiben eine NiedrigPreis-Politik, die vom Verbraucher angenommen wird und alle Lebensmittelketten versuchen diesem Preiswettbewerb pari zu bieten. Da gelten nur die Gesetze des Verdrängungswettbewerbs und jeder kämpft um Marktanteile. Wird dieser ruinöse Wettbewerb, der auch das Haus Tengelmann in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat, damit enden, dass nur noch zwei oder drei Lebensmitteldiscounter sich den Weltmarkt der Ernährung teilen, wie dies von Fachleuten prognostiziert wird? Wettbewerb wird dann ausgeschaltet sein und der Verbraucher zahlt den Preis für sein Kaufverhalten.

Die Qualitätsschiene mit Anspruch auf umweltschonende Erzeugung und tiergerechte Nahrungsmittel wird in diesem Wettbewerb untergehen und der Verbraucher wird zum Spielball von Globalisierungseffekten – ein Wort, an das wir uns gewöhnen müssen!

Sicher waren aber auch im Hause Tengelmann, das Tierschutzkonzept aufzugeben, eine nicht nachzuvollziehende Mißachtung unserer Arbeit für tierschutzrelevante Erzeugung in bäuerlichen Haltungen die Schwierigkeiten, die uns das Landwirtschaftsministerium gemacht hat, indem sie keine „Tierschutzauslobung“ gestatteten. Jahre kämpfen wir dafür, dass das Landwirtschaftsministerium unsere Arbeit zum Schntz der Tiere und der Verbraucher gestattet! Noch heute haben wir keinerlei Unterstützung des BML, obwohl wir nur für landwirtschaftliche Produktion in artgerechter Haltung gekämpft haben. Tengelmann hat viele Abmahnungen von Seiten der Landesämter erhalten, weil vom BML keine Tierschutzauslobung anerkannt wurde und wir unser Recht den Gesetzen der EG und nationalen Verordnungen gemäß über Gerichte uns erstreiten mussten (siehe Bericht Frau Dr. Funke). Sicher mag dieses skandalöse Verhalten des BML dazu beigetragen haben, dass Tengelmann sich nun gegen den Tierschutz entschieden hat. Was wir nie begriffen haben ist die Tatsache, dass unser Verband mit dem Bund gegen Mißbrauch der Tiere und dem Bündnis Tierschutz gemeinsam für artgerechte Tierhaltung in bäuerlichen Betrieben gekämpft hat und damit dem Postulat der Politik einen Dienst erweisen wollten und uns in unserer Arbeit von Seiten des BML nur Steine in den Weg geworfen wurden. Da verstehe man Politik als Willensäußerung der Menschen. Zählen in diesem Staat wirklich nur das Kapital und die Interessen der Mächtigen? Enttäuscht sind wir auch von dieser Regierung, die Versprechungen in Sachen Tierschutz gemacht hat. Aber vergessen sind Versprechungen, wenn man von der Macht Besitz genommen hat. Tengelmann ist ein Trauerspiel für den Tierschutz und der Verbraucher zahlt wie immer die Zeche!

Zudem, an den Tengelmann-Regalen wird noch mit Tierschutzaussagen geworben. Am 10. 03.2000 mussten wir feststellen, dass der Verbraucher an den Eierregalen noch mit „Tierschutzkontrollen“ beworben wird, obgleich keine Tierschutzware mehr in den Regalen vorhanden ist. Wir wollten Verbraucherschutz und bessere Produkte aus tiergerechter Haltung für die Verbraucher und leider macht man mit uns noch Reklame und täuscht den Verbraucher.

Und wer zahlt die Zeche Рder Verbraucher und die Tiere. Arme Verbraucher und unsere armen Landwirte, die wir auf tierschutzrelevante Haltungen umgestellt hatten und mit h̦heren Kosten produzieren mussten und nun in den inzwischen ruin̦sen Wettbewerb auch bei Eiern aus artgerechter Tierhaltung mit hineingezogen werden.

Der Wettbewerb im Lebensmittelhandel wird unsere Bemühungen um artgerechte Tierhaltungen und bessere Produkte für den Verbraucher sicher weiter erschweren. Trotzdem hoffen wir auf den mündigen Verbraucher, der Produkte aus tiergerechten Haltungen und umweltschonenden Produktionsverfahren in seine eigenen langfristig bedingten Lebensweise nachfragen sollte. Bitte sprechen sie bei Tengelmann und auch anderen Lebensmittelgeschäften die Marktleiter an und fragen nach vom Tierschutz protegierten Produkten. Vielleicht könnten wir über das Kaufverhalten der Bevölkerung für Tier und Mensch doch in Zukunft noch etwas bewirken.

© Bundesverband Tierschutz e.V. 2000

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