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Das Ende einer Ära? Pferde-Brandzeichen sind zu oft unleserlich

(idw) – Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass das Brennen bei Fohlen
zu Stressbelastungen führt. Viele Pferdezüchter sind jedoch weiterhin
davon überzeugt, dass Brandzeichen die beste Art sind, ihre Tiere zu
kennzeichnen. Erstaunlicherweise hat noch niemand untersucht, ob die
Brandzeichen später auch verlässlich lesbar sind. Jörg und Christine
Aurich und ihr Team von der Vetmeduni Vienna fanden jetzt heraus, dass
erfahrene Tester Brandzeichen bei nur 40 Prozent einer Gruppe von knapp
250 Pferden korrekt notierten. Diese Ergebnisse könnten das Ende der
langen Tradition des Fohlenbrennens bedeuten, sie wurden soeben in der
Zeitschrift „The Veterinary Journal“ veröffentlicht.

Nutztiere, Pferde und Haustiere einzeln korrekt identifizieren zu können,
ist aus einer Vielzahl von Gründen wichtig. So sind Züchter darauf
angewiesen, die ausgewählten Zuchttiere verlässlich zu erkennen, genauso
wie Tierärzte bei der Bekämpfung von Seuchen. Im Pferdesport verhindert
die eindeutige Kennzeichnung von Tieren Betrug, auch beim Verkauf eines
Tieres ist eine unverwechselbare Identifizierung wichtig.

Fohlenbrennen in vielen EU-Ländern abgeschafft

Traditionellerweise werden große Nutztiere mit Brandzeichen oder Ohrmarken
gekennzeichnet, kleinere Tiere wie Hunde und Katzen wird ein Chip
implantiert. Pferde wurden bisher generell mit Brandzeichen versehen.
Jedoch mehren sich Stimmen, die diese Methode der Kennzeichnung als nicht
mit dem Tierschutz vereinbar ansehen, deshalb werden immer mehr Pferde
stattdessen mit Chips versehen. In der Europäischen Union ist Chippen von
Pferden zwar inzwischen vorgeschrieben, , dennoch akzeptieren einige
Länder nach wie vor zusätzlich Brandzeichen. Von deutschen und
österreichischen Zuchtverbänden werden Brandzeichen als für die
Kennzeichnung einzelner Tiere ausreichend angesehen, was Züchtern unter
anderem die Anschaffung teurer Chip-Ausrüstung erspart.

Stress der Tiere bereits untersucht

Bisherige Untersuchungen konzentrierten sich darauf, zu bestimmen, wie
viel Stress Pferde entweder beim Anbringen von Brandzeichen oder beim
Chippen erleben. Überraschenderweise hat aber noch niemand das Thema von
der anderen Seite her betrachtet: Untersuchungen legen nahe, das Chips die
Tiere gut unterscheidbar machen, aber wie gut sind eigentlich Brandzeichen
lesbar? Genau diese Frage haben nun Jörg und Christine Aurich von der
Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) untersucht.

Nummern sind unleserlich

Brandzeichen bestehen in Deutschland und Österreich üblicherweise aus
einem Symbol für die Pferderasse und einer mehrstelligen Nummer, die das
einzelne Tier bezeichnet. Um die Leserlichkeit der Markierungen zu
bestimmen, hatten die Forschenden drei erfahrene Personen gebeten, die
Brandzeichen von etwa 250 Pferden zu notieren, die an einem Turnier in
Deutschland teilgenommen hatten. Jeder der drei Tester erkannte 90 Prozent
der Rassesymbole richtig, bei 84 Prozent aller Pferde notierten sie daher
übereinstimmend die richtige Rasse. Im Fall der zweistelligen Nummern lag
der Fall jedoch völlig anders. Nur bei etwa der Hälfte der Tiere konnte
jede der drei Testpersonen die Zahlen korrekt lesen. Die Quote der von
allen dreien richtig notierten Nummern lag bei noch niedrigeren 40
Prozent.

Brandzeichnen schwer zu entziffern

Um die Leserlichkeit von Brandzeichen unter möglichst optimalen
Bedingungen festzustellen, untersuchten die Forschenden die Markierungen
bei insgesamt 28 weiteren Pferden, die aus Gründen eingeschläfert werden
mussten, die nicht mit den Brandzeichen zu tun hatten. Hier konnten bei
nur neun Tieren die Nummern korrekt identifiziert werden. Bei sechs
Pferden konnten weder die Nummer noch das Rassesymbol entziffert werden,
auch nicht, nachdem die betreffende Hautstelle rasiert worden war. Diese
Ergebnisse bestätigen die unzuverlässige Kennzeichnung von Pferden durch
Brandzeichen.

Deutliche Gewebeschäden

Gleichzeitig untersuchten die Forschenden die Haut unter den Brandzeichen
auf Gewebeschäden. Fast alle Tiere wiesen dort deutliche Gewebeschäden
auf, die auf abgeheilte Verbrennungen dritten Grades hinwiesen. Jörg
Aurich fasst die Ergebnisse knapp zusammen: „Beim Fohlenbrennen entstehen
in jedem Fall deutliche lokale Gewebeschäden, und die eingebrannten
Zeichen sind später sogar von erfahrenen Personen schwer zu entziffern.
Eigentlich gibt es keinen Grund mehr, die Tiere weiterhin mit dieser
überholten Methode zu kennzeichnen.“

Der Artikel “Readability of branding symbols in horses and
histomorphological alterations at the branding site” von Jörg Aurich,
Peter Wohlsein, Manuela Wulf, Marina Nees, Wolfgang Baumgärtner, Mareike
Becker-Birck und Christine Aurich wurde soeben online in der Zeitschrift
„The Veterinary Journal“ veröffentlicht. Die Tests für die Studie wurden
am Graf Lehndorff Institute für Pferdewissenschaften durchgeführt, einer
gemeinsamen Forschungseinrichtung der Veterinärmedizinischen Universität
Wien und des Brandenburgischen Haupt- und Landgestüts Neustadt (Dosse, D).
Die Autopsien wurden am Institut für Pathologie der Tierärztlichen
Hochschule Hannover (D) gemacht.

4 Kommentare, Kommentar oder Ping

  1. Tatsächlich schien es nur noch ein Relikt aus alten Zeiten zu sein. Hiermit wäre ganz klar erwiesen, dass das Chippen deutliche Vorteile für Tiere und Tierhalter hat. Und da die Chips immer kleiner werden und die Pferde fast nicht merken, dass ihnen der Chip gesetzt wird ist diese Methode ganz klar zu preferieren.

  2. Einzelkämpfer

    Wenn vor dem Chippen eine örtliche Betäubung gesetzt wird, dann merken die Tiere gar nichts. Immer eine Frage der Behutsamkeit.

  3. Eigentlich unglaublich, dass eine so archaische und grausame Praxis bis in die heutige Zeit geglangt ist. Da haben wir wohl schon vor einer Weile aufgehört zu denken…

  4. Manche Traditionen bleiben eben erhalten, obwohl es mittlerweile bessere und in diesen Fall behutsamere Alternativen gibt. Aber hier gilt es aufzuklären und seinen eigenen Beitrag zu leisten.

Reply to “Das Ende einer Ära? Pferde-Brandzeichen sind zu oft unleserlich”

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