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Großbritannien: Dioxinbelastung über die Nahrung halbiert

London (lme) – Britische Konsumenten nehmen mit der Nahrung immer weniger Dioxine und dioxin-ähnliche PCBs (polychlierte Biphenyle). Wie einer Studie der britischen Food Standards Agency zu entnehme ist, ging die Belastung von 1.8 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht/Tag in 1997 auf 0.9 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht/Tag in 2001 zurück. Damit sinkt der Prozentsatz der Erwachsenen, die die in Großbritannien für die tägliche Aufnahme über Nahrungsmittel gültigen Grenzwerte von 35% in 1997 auf 1.1% in 2001.

Der Prozentsatz von Schulkindern, der die britischen Grenzwerte überschritt fiel von 62% in 1997 auf 10% in 2001. Die Aufnahme von Dioxinen und PCBs lag bei Schulkindern im Jahren 1.6-4.0 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht /Tag. Im Jahre 2001 lag sie bei 0.7-1.8 pg WHO-TEQ/kg Körpergewicht/Tag. Bei Kleinkindern sanken die Werte im untersuchten Zeitraum von 97% auf 37%.

Hintergrund

Dioxine: Chemisch – historisch – natürlich

Der Begriff Dioxin bezeichnet eine große Chemikalienfamilie. Es sind polychlorierte aromatische Verbindungen mit ähnlicher Struktur und ähnlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften. Sie werden nicht vorsätzlich erzeugt, sondern bilden sich als Nebenprodukt chemischer Reaktionen, die das gesamte Spektrum von natürlichen Ereignissen wie Vulkanausbrüchen und Waldbränden bis hin zu anthropogenen Prozessen, wie die Herstellung von Chemikalien, Pestiziden, Stahl und Anstrichfarben, das Bleichen von Zellstoff und Papier oder Abgasemissionen und Müllverbrennung, abdecken. Beispielsweise sind Dioxine in den Emissionen enthalten, die bei der unkontrollierten Verbrennung chlorierter Abfälle in einer Müllverbrennungsanlage entstehen.

Von den 210 verschiedenen Dioxinverbindungen sind nur 17 in toxikologischer Hinsicht bedenklich. Am gründlichsten untersucht wurde das giftigste Dioxin, nämlich 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-Dioxin, abgekürzt 2,3,7,8-TCDD. Dioxin wird in „parts per trillion“ (ppt) gemessen.

Dioxine lösen sich nicht in Wasser, sind jedoch sehr stark fettlöslich. Dies bedeutet, dass sie mit dem Sediment von Gewässern und mit organischen Stoffen in der Umwelt Bindungen eingehen und in das tierische und menschliche Fettgewebe resorbiert werden. Hinzu kommt, dass sie nicht biologisch abbaubar sind, so dass sie persistieren und in der Lebensmittelherstellungskette anreichern. Sind Dioxine einmal in die Umwelt freigesetzt, über die Luft oder das Wasser, so führt dies letztendlich zu ihrer Ansammlung im Fettgewebe von Tier und Mensch.

Die Gefahr für Menschen und die Umwelt durch Dioxine ist seit 1976 der breiten Öffentlichkeit bekannt, als eine Explosion in einer Chemiefabrik im italienischen Seveso zwei Kilogramm Dioxin freisetzte und das Gebiet auf Jahre unbewohnbar machte sowie schwere Hautschäden bei Menschen verursachte.

Das “Ultragift TCDD“ (Dioxin) bereitet den Wissenschaftlern Kopfzerbrechen. Wie soll man eine Substanz bewerten, auf die sogar verwandte Versuchstiere extrem unterschiedlich reagieren: Meerschweinchen sind beispielsweise 2.500mal empfindlicher als Hamster. Die Übertragung von Tierversuchen auf den Menschen ist daher spekulativ.

Die Internationale Krebsforschungsagentur IARC konnte sich erst 1997 dazu entschließen, TCDD (Dioxin) als krebserregend für den Menschen einzustufen. Anlaß für die Entscheidung war unter anderem die Beobachtung, dass von über 5.000 Chemiearbeitern, deren TCDD – Gehalte im Blut 300fach erhöht waren, 15% mehr als erwartet an Krebs gestorben waren. Auch Jahre später lag die Krebssterblichkeit bei ihnen durchschnittlich um 13% höher als bei der übrigen Bevölkerung. Wer Spitzenbelastungen ausgesetzt war, dessen Risiko stieg sogar um 25%. Die gleichzeitig erhobenen Daten für Herzinfarkt und Diabetes sind unauffällig. Beim Diabetes kam es mit steigender Dioxinbelastung sogar zu einer Abnahme.

Betrachtet man die Statistiken genauer, nimmt die Gesamtzahl aller Tumoren zwar deutlich (signifikant) zu, die Zunahme kann jedoch nicht auf eine bestimmte Krebsart zurückgeführt werden. Bisher musste in der Wissenschaft einer bestimmten Substanz eine ganz bestimmte Krebsart zugeordnet werden, um einen ursächlichen Zusammenhang herzustellen. Die wenigen deutlichen (signifikanten) Zunahmen bestimmter Krebsarten können das Gesamtergebnis nicht erklären. So trat in der belasteten Gruppe 11mal häufiger Krebs des Bindegewebes auf. Das Resultat verliert allerdings an Brisanz, wenn man weiss, dass die Statistik nur auf drei Fällen beruht. Die Zunahme von Blasenkrebs hat nach Angaben der Autoren nichts mit dem Dioxin zu tun, sondern ist auf die Chemikalie „4-Aminobiphenyl“ am Arbeitsplatz zurückzuführen. Diese Substanz ist dafür bekannt, dass sie Blasenkrebs hervorruft. Da sich insgesamt die Sterblichkeit (Gesamtmortalität) der Chemiearbeiter nicht von der restlichen Bevölkerung unterscheidet, trägt das Dioxin die Bezeichnung “Ultragift” zu unrecht.

An objektivierbaren Gesundheitsschäden bleibt in erster Linie die entstellende Chlorakne (schwere Hautveränderungen). Auch eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem, die sich in schweren Depressionen äussern, ist wahrscheinlich. Bei Chemieunfällen wie in Seveso sind jedoch nicht nur Dioxine entstanden: Die Wirkung der den Dioxinen nahe verwandten „chlorierten Naphthaline“ ist bisher kaum untersucht, weil sich die Fachwelt auf das TCDD (Dioxin) konzentrierte. (1)

Auch natürliche Quellen

Seit einigen Jahren weiss man aber auch, dass auch in natürlichen Quellen gibt. So zum Beispiel in den Tongruben des Westerwaldes. Hier wurden im Kaolinit (Bolus alba) Dioxine in beachtlichen Mengen aus prähistorischer vulkanischer Aktivität gefunden. Und so dürften sich Generationen Dioxine per Bolus alba in Form von Pillen, Kosmetika und Babypudern auf und in den Körper gebracht haben. Ganz ohne industrielle Chlorchemie und ohne den Umweg über die Tierernährung.

300 Jahre

Wissenschaftler fanden Dioxine (polychlorierte Dibenzo-p-Dioxine und Dibenzofurane = PCDD/F) auch im Sedimentgestein von vier Schwarzwälder Seen. Erstaunlich: Das giftige Sediment stammt aus dem 17. Jahrhundert – Dioxin-Quellen wie Müllverbrennungsanlagen oder die Produktion von Chorphenolen gab es damals noch gar nicht. Als Ursache vermuten die Forscher atmosphärische Belastungen durch die damalige Produktion von Holzkohle oder das Schmelzen von Erzen(2).

Rein biologisch

Bisher galten Dioxine als die giftigsten vom Menschen hergestellten organischen Substanzen. Doch die Natur war wieder einmal schneller: So bewiesen holländische Chemiker, dass in Waldböden bis zu 20 verschiedene Dioxine und Furane aus Chlorphenolen gebildet werden. Auch die Chlorphenole sind häufig natürlichen Ursprungs. (3)

(1) Steenland K et al. Cancer, heart disease, and diabetes in workers exposed to 2,3,7,8-Tetrachlorodibenzo-p-dioxin. Journal of the National Cancer Institute 1999, 91 pp.779-786

(2) Ingrid Jüttner, Bernhard Henkelmann, Karl-Werner Schramm, Christian E. W. Steinberg, Raimund Winkler, and Antonius Kettrup Occurrence of PCDD/F in Dated Lake Sediments of the Black Forest, Southwestern Germany Environmental Science & Technology, 1997, 31,S. 806 – 811

(3) Eddo J. Hoekstra, Henk de Weerd, Ed W. B. de Leer, and Udo A. Th. Brinkman Natural Formation of Chlorinated Phenols, Dibenzo-p-dioxins, and Dibenzofurans in Soil of a Douglas Fir Forest Environmental Science & Technology 1999, 33,S. 2543 – 2549

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