Morbus crohn durch Mycobacterien: Wissenschaftler legen weitere Fakten vor
Sassari / Rom (aho) – Jetzt legen auch italienische Wissenschaftler zweier Universitäten Belege für die Beteiligung des Erregers Mycobacterium avium Paratuberculosis am Krankheitsbild des Morbus crohn beim Menschen vor. Dr. Sechi und seine Kollegen untersuchten frische Darmschleimhautbiopsieproben von 30 Patienten mit Morbus crohn und 29 nicht an Morbus crohn erkrankten Patienten (Kontrollgruppe) mittels PCR (Polymerase Chain Reaction) und Anzüchtung im mikrobiologischen Labor. Bei 25 Morbus-crohn-Patienten (83.3%) konnten sie mit PCR als MAP-positiv testen. Bei den Kontrollpersonen war die PCR nur in drei Fällen (10.3%) MAP-positiv. Im mikrobiologischen Labor konnte MAP bei 19 Morbus-crohn-Patienten (63.3%) und bei drei Kontrollpersonen (10.3%) angezüchtet werden. Alle Proben, die im mikrobiologischen Labor als MAP-positiv getestet wurden, waren zuvor auch in der PCR MAP-positiv.
Dr. Sechi und seine Kollegen erläutern hierzu im Fachjournal „The American Journal of Gastroenterology“, dass die Tatsache, dass MAP in geringen Umfang auch bei gesunden Menschen gefunden würde, auch von anderen Krankheitserregern bekannt sei. Gegenüber einer Nachrichtenagentur betonte Dr. Sechi, dass sich eine Behandlung von Morbus-crohn-Patienten mit gegen MAP gerichteten Antibiotika durchaus als vorteilhaft erweisen könnte. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass der Erreger sehr schwierig zu behandeln sei und mit einer Behandlungsdauer von zwei Jahren und mehr zu rechnen sei (1).
Die italienischen Wissenschaftler bestätigen mit ihrer Arbeit die kürzlich im Fachjournal „Gut“ veröffentlichten Ergebnisse eines Autorenteams um den Chirurgen Prof. Dr. Jan Schmidt von der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg. Sie konnten das Erbgut von MAP aus 52 von 100 Gewebsproben isolieren, die Morbus Crohn Patienten chirurgisch entfernt wurden. MAP wurde sowohl aus Dünndarm (47%) – als auch aus Dickdarmgewebe (61%) isoliert. Die Wissenschaftler untersuchten auch Darmgewebe von Menschen die an Colitis ulcerosa und von Menschen, die nicht an einer entzündlichen Darmerkrankung litten. Hier wurden sie nur bei 2 bzw. 5 % der Proben fündig. MAP war zuvor schon mehrfach bei Morbus crohn Patienten in Blutproben und in Gewebsproben nachgewiesen worden. Einen Hintergrundbericht finden Sie %url3%hier.%/%
Der Erreger „Mycobacterium avium paratuberculosis“ ist in der Umwelt weit verbreitet und ist bei Wiederkäuern für die Paratuberkulose verantwortlich. Die Paratuberkulose ist wie Morbus crohn eine unheilbare Darmentzündung. Seit Jahren fordern Fachleute, die Paratuberkulose in Wiederkäuerbeständen intensiv zu bekämpfen, da MAP regelmäßig in Milchprodukten nachgewiesen wird. %url4%Erst kürzlich wurde bekannt, dass es tschechischen Wissenschaftlern von der Abteilung für Mikrobiologie des Veterinärmedizinischen Forschungsinstituts in Brno es offensichtlich gelungen ist, lebensfähige Bakterien der Art „Mycobacterium avium paratuberculosis“ (MAP) in Babymilchpulver nachzuweisen. Sie fanden den Erreger in 25 (49%) von 51 Milchpulverproben von sieben Herstellern aus sechs europäischen Ländern. Die Ergebnisse sollen anlässlich einer Konferenz zum Thema Paratuberkulose im August in Kopenhagen vorgestellt werden%/%.
Schon im Jahre 1997 warnten Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Milchwissenschaft“ vor den möglicherweise katastrophalen Folgen für die Milchwirtschaft, wenn sich ein Zusammenhang von MAP und Morbus crohn tatsächlich herausstellen sollte. Zitat: „the present state of knowledge is… potentially catastrophic for the dairy industry…“ (2)
(1) Sechi, Leonardo A., Scanu, Antonio M., Molicotti, Paola, Cannas, Sara, Mura, Manuela, Dettori, Giuseppe, Fadda, Giovanni & Zanetti, Stefania (2005) Detection and Isolation of Mycobacterium avium Subspecies paratuberculosis from Intestinal Mucosal Biopsies of Patients with and without Crohn’s Disease in Sardinia. The American Journal of Gastroenterology 100 (7), 1529-1536.
(2) Mason,O; Rowe, MT; Ball,HJ Is Mycobacterium paratuberculosis a possible agent in Crohn’s disease? Implications for the dairy industry. Milchwissenschaft. 1997, 52: 6, 311-316