Schweineschnitzel darf als „Wiener Schnitzel vom Schwein“ verkauft werden
Arnsberg (VG) – Ein Fleischhersteller aus Rheda-WiedenbrĂŒck darf eines seiner Produkte weiterhin mit der Bezeichnung âWiener Schnitzel vom Schweinâ in den Handel bringen. Das entschied das Verwaltungsgericht Arnsberg mit Urteil vom 26. Oktober 2009. Nachdem das Fleischerzeugnis der Unternehmensgruppe ĂŒber einen groĂen Lebensmitteldiscounter vertrieben worden war, hatte die LebensmittelĂŒberwachung des Kreises Soest die Bezeichnung beanstandet und ein BuĂgeld festgesetzt. Zur BegrĂŒndung hatte der Kreis ausgefĂŒhrt: Lebensmittel dĂŒrften nicht in einer zur TĂ€uschung oder IrrefĂŒhrung des Verbrauchers geeigneten Weise gekennzeichnet werden. Das sei hier jedoch der Fall, da nach allgemeiner Verkehrsanschauung das Charakteristische an einem âWiener Schnitzelâ sei, dass es aus Kalbfleisch hergestellt worden sei. Die Eignung zur TĂ€uschung beziehungsweise IrrefĂŒhrung werde auch durch den Zusatz âvom Schweinâ nicht beseitigt; vielmehr sei die Verwendung des Begriffs âWiener Schnitzelâ gerade deshalb erfolgt, um bei dem Verbraucher den Eindruck eines höherwertigen Produkts hervorzurufen.
Das Unternehmen hatte mit seiner hiergegen gerichteten Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg Erfolg. Das Gericht stellte fest, der Kreis Soest habe der KlĂ€gerin zu Unrecht einen VerstoĂ gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften vorgeworfen, weil die Produktbezeichnung weder irrefĂŒhrend noch zur TĂ€uschung der Verbraucher geeignet sei. Zwar könne sich die Beklagte fĂŒr ihre Sicht der Dinge auf die von der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission beschlossenen sogenannten LeitsĂ€tze berufen, wonach ein âWiener Schnitzelâ ein solches aus Kalbfleisch sei. FĂŒr das Gericht seien die LeitsĂ€tze jedoch nicht bindend. Unter BerĂŒcksichtigung europarechtlicher Vorgaben komme es auch allein darauf an, wie ein âdurchschnittlich informierter, aufmerksamer und verstĂ€ndiger Durchschnittsverbraucherâ die Bezeichnung wahrscheinlich verstehen werde. In Deutschland existiere aber nicht mehr eine allgemeine Verkehrsauffassung des Inhalts, dass ein als âWiener Schnitzelâ bezeichnetes Fleischprodukt immer aus Kalbfleisch bestehen mĂŒsse. Die Mehrzahl der Verbraucher verstehe unter dem Begriff nicht mehr ausschlieĂlich ein Kalbsschnitzel, sondern panierte Schnitzel schlechthin. Das belege unter anderem die in vielen GaststĂ€tten und Kantinen sowie Rezeptsammlungen zu findende entsprechende Begriffsverwendung (auch wenn daneben noch die Begriffsbezeichnung âSchnitzel Wiener Artâ vorkomme). Im konkreten Fall komme hinzu, dass durch den Zusatz âvom Schweinâ fĂŒr jedermann sofort und ohne jeden Restzweifel erkennbar sei, dass im konkreten Fall ein Schweineschnitzel und eben gerade kein Kalbsschnitzel angeboten werde; theoretisch denkbare Restzweifel könnten schlieĂlich durch einen zumutbaren Blick in die Zutatenliste endgĂŒltig beseitigt werden. Eine IrrefĂŒhrungs- oder TĂ€uschungseignung der von der KlĂ€gerin gewĂ€hlten Bezeichnung scheide danach aus.
Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht fĂŒr das Land Nordrhein-Westfalen in MĂŒnster gestellt werden.
Aktenzeichen: 3 K 3516/08