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Wissenschaftler: Die Suggestion von Gefahren kann Krankheitssymptome auslösen

megaphonMainz (aho/lme) – Kaum eine Woche vergeht, in der nicht in den Medien über „gefährliche“ Rückstände in Lebensmittel oder anderen „Risiken“ berichtet wird. Dabei nutzen insbesondere Politiker und NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen) dieses Vehikel ausgiebig zur Selbstdarstellung. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mahnen jetzt, dass mit Warnungen vor vermeintlichen Gesundheitsrisiken verantwortungsvoll umgegangen werden sollte.

Wie einem Bericht in der Fachzeitschrift „Journal of Psychosomatic Research“ zu entnehmen ist, können solche Berichte bei empfindlichen Menschen Krankheitssymptome auslösen, obwohl es objektiv keinen Anlass dafür gibt. Die Wissenschaftler hatten das Phänomen der elektromagnetischen Hypersensitivität untersucht. Bei dieser Symptomatik reagieren die Betroffenen nach eigenen Angaben auf elektromagnetische Wellen wie zum Beispiel Handy-Strahlung mit Beschwerden. Sie zeigen körperliche Reaktionen, und mithilfe der Kernspintomographie ist zu sehen, dass schmerzverarbeitende Hirnregionen aktiviert sind. „Es spricht allerdings vieles dafür, dass es sich bei der elektromagnetischen Hypersensitivität um einen sogenannten Nocebo-Effekt handelt“, erklärt Dr. Michael Witthöft von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). „Allein die Erwartung einer Schädigung kann tatsächlich Schmerzen oder Beschwerden auslösen, wie wir es umgekehrt im Bereich schmerzlindernder Wirkungen auch von Placebo-Effekten kennen.“ Wie die neue Studie zeigt, können Medienberichte, die vor Gesundheitsrisiken warnen, bei manchen Personen Nocebo-Effekte hervorrufen oder verstärken.

Immer wieder berichten Medien über Gesundheitsrisiken durch elektromagnetische Felder (EMF), die von Handys, Mobilfunk-Sendemasten, Hochspannungsleitungen und dem WLAN ausgehen. Menschen, die nach eigener Einschätzung auf elektromagnetische Felder sensibel reagieren, leiden unter Symptomen wie Kopfschmerzen, Schwindel, brennender Haut oder einem Kribbeln, die sie auf diese Emissionen zurückführen. Es gibt Betroffene, die sich wegen ihrer elektromagnetischen Hypersensitivität von der Arbeit und ihrem sozialen Umfeld zurückziehen und in extremen Fällen sogar in abgeschiedene Regionen umziehen, um elektrische Anlagen ganz zu meiden. „Tests haben allerdings gezeigt, dass Betroffene nicht unterscheiden konnten, ob sie tatsächlich elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sind und dass ihre Symptome genauso von einer Scheinexposition ausgelöst werden können wie von realer Strahlung“, sagt Witthöft. Das als Nocebo-Effekt bekannte Phänomen wurde zunächst bei Arzneimittel-Studien festgestellt. Probanden zeigten Nebenwirkungen, obwohl sie gar kein Medikament, sondern ein Placebo erhalten hatten.

In den Untersuchungen, die Witthöft bei einem Aufenthalt am King’s College London zusammen mit G. James Rubin durchgeführt hat, wurde den 147 Testpersonen zunächst ein Fernsehbericht gezeigt. Ein Teil der Versuchsteilnehmer bekam einen Dokumentarfilm des Senders BBC One zu sehen, in dem teilweise drastisch über die Gesundheitsgefahren von Mobilfunk- und WLAN-Signalen berichtet wurde. Der andere Teil schaute einen Bericht von BBC News über die Sicherheit von Internet- und Handy-Daten an. Anschließend wurden alle Probanden einem WLAN-Scheinsignal ausgesetzt, von dem sie aber annehmen konnten, dass es echt sei. Obwohl in Wirklichkeit überhaupt keine Strahlung vorhanden war, entwickelten einige Probanden die typischen Symptome: 54 Prozent der Testpersonen berichteten über Beunruhigung und Beklemmung, Beeinträchtigung ihrer Konzentration oder Kribbeln in den Fingern, Armen, Beinen und Füßen. Zwei Teilnehmer haben den Test vorzeitig beendet, weil ihre Symptome so stark waren, dass sie sich nicht länger der vermeintlichen WLAN-Strahlung aussetzen wollten. Es zeigte sich, dass die Symptome bei Personen mit erhöhter Ängstlichkeit, die vor der Scheinexposition den Dokumentarfilm über mögliche Gefahren von elektromagnetischer Strahlung gezeigt bekamen, am stärksten ausfielen.

Die Studie zeigt, in welchem Maße reißerische Medienberichte, denen oft die wissenschaftliche Grundlage fehlt, auf die Gesundheit großer Bevölkerungsteile Einfluss nehmen können. Die Suggestion von Gesundheitsgefahren wirkt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur kurzfristig wie eine sich selbsterfüllende Prophezeiung, sie kann auch langfristig dazu führen, dass sich Menschen für empfänglich halten und in entsprechenden Situationen auf Elektrosmog mit Symptomen reagieren. „Die Wissenschaft und die Medien müssen unbedingt stärker zusammenarbeiten und sich darum bemühen, dass Berichte beispielsweise über mögliche Gesundheitsrisiken neuer Technologien so wahrheitsgetreu wie möglich und nach bestem Wissensstand an die Öffentlichkeit gelangen“, folgert Witthöft aus den Ergebnissen der Studie.

Michael Witthöft, G. James Rubin
Are media warnings about the adverse health effects of modern life self-fulfilling? An experimental study on idiopathic environmental intolerance attributed to electromagnetic fields (IEI-EMF)
Journal of Psychosomatic Research, März 2013
DOI: 10.1016/j.jpsychores.2012.12.002

Anmerkung aus der aho-Redaktion: Hinter der „Aufkllärung vor gesundheitlichen Risiken“ steckt durchaus Methode. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hatte bereits vor Jahren erforschen lassen, mit welchen Angstkampagnen die Bürger am besten auf Kurs gehalten werden können:

Band 04: Prävention durch Angst? Stand der Furchtappellforschung
Herausgeberin: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Broschüre, 146 Seiten, Auflage: April 1998 (hier als pdf)

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