Asien: mehr Fleisch, geringere Sterblichkeit
(ugo) – Nicht selten wird der hohe Fleischkonsum westlicher Industrienationen für deren Zivilisationskrankheiten verantwortlich gemacht. Allerdings sind noch viele Fragen offen, die Datenlage ist keineswegs so gut, dass man dem Fleisch per se krankmachende Eigenschaften zusprechen könnte. Wie auch, es ist ein hochwertiges Nahrungsmittel, das seit Jahrmillionen auf dem menschlichen Speisezettel steht. Oft genug wird eine überreichliche, unausgewogene Ernährung mit hohem Fleischkonsum gleichgesetzt, ohne beispielsweise zu fragen, welches Fleisch in welcher Zubereitung und was dazu gegessen wird und wie die restlichen Umstände sind.
In vielen asiatischen Ländern hat der Fleischkonsum im Zuge der “Westernisierung” deutlich zugenommen. Er liegt im Durchschnitt zwar immer noch nur halb so hoch wie in den USA – mit der Ausnahme von Schweinefleisch, wovon die Chinesen und die Südkoreaner inzwischen mehr verbrauchen als die US-Amerikaner – doch müsste sich aufgrund der starken Steigerungen in den vergangen Jahren ein gesundheitsschädlicher Effekt mittlerweile in den Sterblichkeitsstatistiken zeigen. Ein Wissenschaftlerkonsortium aus acht asiatischen Ländern ging dieser Frage nach. Die im American Journal of Clinical Nutrition am 31.7.2013 (1) veröffentlichte Auswertung der ökologischen Verbauchsdaten und einer Meta-Analyse aus acht Kohortenstudien ergab folgendes: Keinerlei Zusammenhang zwischen der Höhe des Fleischkonsums mit Sterblichkeit insgesamt, mit der Krebs- oder Herz-Gefäß-Sterblichkeit bei Männern und Frauen.
Der höchste Konsum von rotem Fleisch ging bei den immerhin gut 112.000 Männern mit einer verminderten Herz- und Gefäß-Sterblichekit einher, der höchste Geflügelkonsum mit einer verminderten Gesamtsterblichkeit, beim höchsten Fischkonsum war die Krebssterblichkeit erhöht.
Bei den insgesamt gut 184.000 Frauen ergab sich folgendes Bild: Je höher der Konsum an rotem Fleisch und an Geflügel, umso geringer die Krebssterblichkeit, je höher der Fisch- und Geflügelverzehr, umso geringer die Gesamtsterblichkeit.
Was lernen wir daraus? Nein, die Studie beweist nicht, dass möglichst viel Fleisch das Leben verlängert. Es ist eine Beobachtungsstudie, die ohnehin keine ursächlichen Zusammenhänge belegen kann. Sie zeigt jedoch, dass der angeblich so gesicherte Zusammenhang zwischen Fleisch und den wichtigsten Zivilisationsleiden so sicher nicht ist, sondern viel besser erforscht werden muss. Das Fleisch ist offenbar nicht der Hauptverdächtige, zumindest nicht bei Verbräuchen um die 50 bis 60 kg pro Kopf und Jahr.
(1) Jung Eun Lee et al.
Meat intake and cause-specific mortality: a pooled analysis of Asian prospective cohort studies
Am J Clin Nutr 2013 ajcn.062638;
Autorin der Meldung: Ulrike Gonder, Ernährungswissenschaftlerin
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