Tilmicosin: Die Fakten

Von Dr. Manfred Stein

Tilmicosin ist ein hauptsächlich bakteriostatisch wirkendes semisynthetisches Makrolidantibiotikum, das die bakterielle Proteinsynthese beeinflusst. Tilmicosin ist ein langwirkendes Antibiotikum und besitzt einen ausgeprägten postantibiotischen Effekt (1, 2, 3, 4).


Molekülbild Tilmicosin

Tilmicosin zeichnet sich durch ein weites Wirkungsspektrum gegen grampositive Erreger aus, wirkt aber auch gegen gramnegative Erreger wie Pasteurellen, Actinobacillus (Haemophilus), Actinomyces (Corynebacterium) und Mycoplasmen (9). 95% von Pasteurella haemolytica reagieren empfindlich auf Tilmicosin (5). Tilmicosin ist wirksamer gegenüber Pasteurella haemolytica und Actinobacillus pleuropneumoniae als Tylosin (4). Tilmicosin wirkt nutritiv und steigert die tägliche Gewichtszunahme und Futterverwertung (6).

Tilmicosin scheint auch die Replikation des PRRS-Virus durch die Konzentration in Makrophagen indirekt zu verlangsamen (11) und eignet sich so insbesondere bei Krankheitskomplexen unter Beteiligung des PRRS-Virus (12, 13).

Pharmakokinetik und Dosierungen

Nach peroraler Verabreichung von 400 mg Tilmicosin pro 1 kg Futter (entspricht etwa 21,3 mg/kg KGW/Tag beim Schwein) wird Tilmicosin rasch aus dem Serum eliminiert und vom Gewebe aufgenommen. Die Serumspiegel von Tilmicosin beim Schwein korrelieren nicht mit seiner Wirksamkeit. Serumkonzentrationen im Steadystate (ca. 0,2 ppm) werden nach 10 Tagen erreicht. Nach peroraler Verabreichung wird Tilmicosin im gesamten Tierkörper verteilt, besonders hohe Konzentrationen findet man in Leber, Nieren, Lunge und in den Makrophagen des Lungengewebes. In der Lunge wird innerhalb von 2 bis 4 Tagen ein Plateau erreicht. Anschließend wurde ein weiterer leichter Anstieg mit Maximalwerten von ca. 2,59 ppm am Tag 10 der Behandlung gemessen.

Grafik 1: Tilmicosin reichert sich insbesondere in den Immunzellen der Lunge (Alveolarmakrophagen) an (10)

Grafik 2. Die Konzentration von Tilmicosin über steigt die minimalen Hemmkonzentrationen (MIC50) in Nasensekret, Nasenschleimhaut, Tonsillen (Mandeln) und Trachealschleimhaut (10).

Tilmicosin (Pulmotil®) weist auch im Vergleich zu anderen Antibiotika eine sehr hohe Konzentration in Makrophagen auf (8). So wird der Wirkstoff zum Ort der Infektion transportiert, dort angereichert und ein intensiver Kontakt mit den Krankheitserregern erreicht.

Tabelle 1: Relative Konzentration in Makrophagen im Vergleich zur extrazellulären Konzentration (1).

Pneumonien werden gewöhnlich mit 200 - 400 µg/g im Futter behandelt (7). Fälle Enzootischer Pneumonie können mit 300 µg/g über 14 Tage behandelt werden (6).

Ausscheidung

Die Ausscheidung, vorwiegend als unverändertes Tilmicosin, erfolgt zum Grossteil über die Galle im Kot, ein kleiner Teil (4 - 6 %) wird über den Harn eliminiert.

Indikationen und Zulassung beim Schwein

Tilmicosin ist in Deutschland als Pulmotil® zur Metaphylaxe von Pneumonien bei Ferkeln und Mastschweinen, hervorgerufen durch Actinobacillus pleuropneumoniae, Mycoplasma hyopneumoniae und Pasteurella multocida, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind, zugelassen. Es steht ein Granulat zur Verabreichung über das Futter, eine Arzneimittelvormischung und eine Lösung zur Trinkwassermedikation zur Verfügung.

Pulmotil® G 200 Granulat

Wirkstoff: Tilmicosinphosphat. Granulat zum Eingeben über das Futter.
Für Tiere: Schweine (Ferkel und Mastschweine).
Zusammensetzung: 1kg Granulat enthält 213,7g Tilmicosinphosphat entsprechend 200g Tilmicosin. Anwendungsgebiete: Zur Metaphylaxe von Pneumonien bei Ferkeln und Mastschweinen, hervorgerufen durch Actinobacillus pleuropneumoniae, Mycoplasma hyopneumoniae und Pasteurella multocida, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind. Tilmicosin sollte nur nach vorheriger Sensitivitätsprüfung der beteiligten Erreger angewandt werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Tilmicosin. Resistenz gegenüber Tilmicosin sowie Kreuzresistenz gegenüber anderen Makrolidantibiotika wie z.B. Tylosin, Erythromycin und Lincomycin.
Nebenwirkungen: keine bekannt Warnhinweise: Nicht an Pferde und andere Equiden verabreichen. Die sichere Anwendung von Tilmicosin wurde nicht bei Zuchtschweinen überprüft. Tilmicosin darf nicht parenteral an Schweine verabreicht werden. Die Injektion kann beim Schwein tödlich wirken. Wartezeit: Schwein: essbare Gewebe 21 Tage. Verschreibungspflichtig.

Pulmotil® G 200 Arzneimittel-Vormischung

Wirkstoff: Tilmicosinphosphat. Arzneimittel-Vormischung zur Herstellung eines Fütterungs Arzneimittels. Für Tiere: Schweine (Ferkel und Mastschweine). Zusammensetzung: 1 kg Arzneimittel-Vormischung enthält 213,7g Tilmicosinphosphat entsprechend 200g Tilmicosin. Anwendungsgebiete: Zur Metaphylaxe von Pneumonien bei Ferkeln und Mastschweinen, hervorgerufen durch Actinobacillus pleuropneumoniae, Mycoplasma hyopneumoniae und Pasteurella multocida, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Tilmicosin. Resistenz gegenüber Tilmicosin sowie Kreuzresistenz gegenüber anderen Makrolidantibiotika wie z.B. Tylosin, Erythromycin und Lincomycin.
Nebenwirkungen: keine bekannt Warnhinweise: Nicht an Pferde und andere Equiden verabreichen. Die sichere Anwendung von Tilmicosin wurde nicht bei Zuchtschweinen überprüft. Tilmicosin darf nicht parenteral an Schweine verabreicht werden. Die Injektion kann beim Schwein tödlich wirken.
Wartezeit: Schwein: essbare Gewebe 21 Tage. Verschreibungspflichtig.

Pulmotil® AC

Wirkstoff: Tilmicosin als Tilmicosinphosphat. Lösung zum Eingeben über das Trinkwasser oder den Milchaustauscher.
Für Tiere: Schwein (Ferkel und Mastschein), Huhn, Rind (Kalb).
Zusammensetzung: 1ml Lösung enthält arzneilich wirksamer Bestandteil: Tilmicosinphosphat 277,3 mg (entsprechend 250 mg Tilmicosin) wirksame Bestandteile: Natriumedetat 2,0 mg, Propylgallat 0,2mg. Anwendungsgebiete: Schwein: Zur metaphylaktischen Behandlung von respiratorischen Erkrankungen bei Ferkeln und Mastschweinen, hervorgerufen durch Mycoplasma hyopneumoniae, Pasteurella multocida, Actinobacillus pleuropneumoniae, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind. Huhn: (ausgenommen Legehennen, deren Eier für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind). Zur metaphylaktischen Behandlung von respiratorischen Erkrankungen in Hühnerbeständen, hervorgerufen durch Mycoplasma gallisepticum und M. synoviae, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind. Kalb: Zur metaphylaktischen Behandlung von respiratorischen Erkrankungen bei Kälbern, hervorgerufen durch Mannheimia haemolytica, Pasteurella multocida, Mycoplasma bovis, M. dispar, die gegenüber Tilmicosin empfindlich sind. Tilmicosin sollte nur nach vorheriger Sensitivitätsprüfung der beteiligten Erreger angewandt werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegenüber Tilmicosin. Resistenz gegenüber Tilmicosin sowie Kreuzresistenz gegenüber anderen Makrolidantibiotika wie z.B. Tylosin, Erythromycin und Lincomycin. Nicht bei Geflügel anwenden, dessen Eier für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind, auch nicht bei Junghennen nach der 16. Lebenswoche. Mit Tilmicosin medikiertes Trinkwasser nicht an Pferde und andere Equiden verabreichen.
Nebenwirkungen: keine bekannt Warnhinweise: Tilmicosin darf nicht parenteral an Schweine verabreicht werden. Die Injektion kann beim Schwein tödlich wirken. Wartezeit: Schwein: essbare Gewebe 14 Tage, Kalb: essbare Gewebe 42 Tage, Huhn: essbare Gewebe 12 Tage. Nicht bei Geflügel anwenden, dessen Eier für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind, auch nicht bei Junghennen nach der 16. Lebenswoche. Verschreibungspflichtig.

Pharmazeutisches Unternehmen: Elanco Animal Health, Abt. der Lilly Deutschland GmbH, Teichweg 3, 35396 Giessen.

Literatur

(1) Kroker R:
Pharmaka zur Behandlung und Verhütung bakterieller Infektionen
In: Pharmakotherapie bei Haus- und Nutztieren (W Löscher, FR Ungemach & R Kroker, eds), Parey, Berlin (D); pp 211-246, 1999

(2) EMEA, Committee for Veterinary Medicinal Products:
Tilmicosin (pigs and sheep tissues) - Summary Report 2
European Agency for the Evaluation of Medicinal Products, London (GB)

(3) Spoo, JW. and Riviere, JE:
Chloramphenicol, Macrolides, Lincosamides, Fluoroquinolones and miscellaneous Antibiotics.
In: Veterinary Pharmacology and Therapeutics (HR Adams, ed), Iowa State University Press, Ames (USA); pp 820-855, 1995

(4) Diarra, MS., Malouin, F. and Jacques, M.:
Postantibiotic and physiological effects of tilmicosin, tylosin, and apramycin at subminimal and suprainhibitory concentrations on some swine and bovine respiratory tract pathogens.
Int J Antimicrob Agents 12(3): 229-237, 1999

(5) Plumb, DC:
Veterinary Drug Handbook.
PharmaVet Publishing, White Bear Lake (USA); 853 pp, 1999

(6) Binder S, Le NB, Berner H und Bauer J:
The effectiveness of tilmicosin in respiratory diseases of swine.
Berl Münch Tierärztl Wochenschr 106 (1): 6-9, 1993

(7) Moore, GM., Basson, RP. and Tonkinson, LV.:
Clinical field trials with tilmicosin phosphate in feed for the control of naturally acquired pneumonia caused by Actinobacillus pleuropneumoniae and Pasteurella multocida in swine.
Am J Vet Res 57(2): 224-228, 1996

(8) Scorneaux, B. and Shryock, T.R. 1998,
Intracellular accumulation, subcellular distribution and efflux of tilmicosin in swine phagocytes,
JVPT (Journal of Veterinary Pharmacology & Therapeutics) 21(4):257-268.

(9) Thacker, E., Young, T.F., Erickson, B.Z. DeBey, M.C. (2001).
Evaluation of Tilmicosin s ability to prevent adherence to cilia using a differentiated swine respiratory epithelial culture system.
Veterinary Therapeutics 2(4): 293-300.

(10) Fossler, S., JW Moran, TD Thomson.
Pulmotil mode of action against Mycoplasma hyopneumoniae in swine
Proceedings, 17th IPVS Congress., 2002.

(11) Molitor, T.W., Bautista, E., Shin, J., McGruder, E., Armbuster, G.A., 2001,
Tilmicosin affects Porcine Reproductive and Respiratory syndrome virus replication.
Allen D. Leman Swine Conference, 28 (suppl), 31.

(12) Fraile, L., C. Rosell, S. Lapuente
Reduction of PRRSV and Respiratory clinical disease by tilmicosin
Proceedings of the 18th IPVS Congress, Hamburg, Germany, 2004 - Volume 1 P. 38

(13) L. Fraile, C. Rosell, S. Lapuente
Efficacy of Tilmicosin in clinical reproductive disease with PRRS
Proceedings of the 18th IPVS Congress, Hamburg, Germany, 2004 - Volume 1, S. 39