Antibiotikaverbrauch in der Veterinärmedizin deutlich rückläufig

An Tierärzte abgegebene Antibiotikamenge halbiert – Auch Reserveantibiotika restriktiver eingesetzt

(BfT) – Die Menge an Antibiotika, die an Tierärzte bzw. tierärztliche Hausapotheken abgegeben wurde, ist von 1706 Tonnen (t) im Jahr 2011, dem ersten Jahr der Erhebung, auf etwa 805 t im Jahr 2015 zurückgegangen. Auch der Einsatz der als sogenannten Reserveantibiotika bezeichneten Wirkstoffe war erstmals rückläufig. Dies ergaben die durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veröffentlichten Daten.

Der Rückgang betrifft die allermeisten Gruppen von Antibiotika. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen eingestuften Antibiotikaklassen wurden im Vergleich zum Vorjahr 2014 ebenfalls in geringerer Menge abgegeben (rund 10,6 t Fluorchinolone und 3,6 t Cephalosporine der 3. und 4. Generation). Dies entspricht weniger als zwei Prozent der eingesetzten Mengen. Die Abgabe von Fluorchinolonen hat damit erstmals abgenommen, und zwar im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 t (15 Prozent). Die Abgabemengen von Cephalosporinen der 3. und 4. Generation gingen von 2014 bis 2015 leicht um 0,1 t (3 Prozent) auf 3,6 t zurück.

Diese Entwicklung deckt sich mit Ergebnissen aus dem BfR-Forschungsprojekt VetCAb-Sentinel (Veterinary Consumption of Antibiotics), das die Tierärztliche Hochschule Hannover durchführt. Hier werden Daten auf Betriebsebene erfasst und auch eine Differenzierung nach den einzelnen Tierarten vorgenommen. So sank die Anzahl der Tage, an denen Mastschweine antibiotisch behandelt wurden, von etwa fünf Tagen pro Stallplatz und Halbjahr im Jahr 2011 auf etwa einen Tag pro Stallplatz und Halbjahr im Jahr 2014.

Die Entscheidung, ob und welche Antibiotika zur Therapie kranker Tiere eingesetzt werden, obliegt dem Tierarzt, der den Tierbestand betreut oder vom Landwirt mit der Behandlung von kranken Tieren beauftragt wird. Die zuletzt 2015 aktualisierten „Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln“ der Bundestierärztekammer geben hier ergänzende Hinweise zur optimalen Vorgehensweise. Eine pauschale Reduktion des Antibiotikaeinsatzes ohne begleitende Maßnahmen ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht zielführend. Dem vermehrten Einsatz von Erregerdiagnostik kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu.

Die Agrarbranche belegt mit ihren Bemühungen die hohe Bereitschaft daran mitzuarbeiten, die Probleme der Resistenzentwicklungen gegenüber Antibiotika zu lösen. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und Robert Koch-Institut waren im Jahr 2012 rund fünf Prozent der in Krankenhäusern nachgewiesenen MRSA der Nutztierhaltung zuzuordnen. Damit stammen 95 Prozent aus anderen Quellen. Ein generelles Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung würde das Problem der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen demnach nicht lösen, sondern eher verschärfen, da sich die Zahl zugelassener Wirkstoffe noch weiter verringern würde.

Woher stammen die Zahlen?

Seit dem Jahr 2011 muss die pharmazeutische Industrie erfassen, welche Mengen an Tierarzneimitteln mit antibakteriell wirksamen Substanzen sie jährlich an Tierärzte abgibt und diese Daten an ein zentrales Register melden. Grundlage dafür ist die DIMDI-Arzneimittelverordnung (DIMDI-AMV) aus 2010. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin nimmt die jährliche Auswertung der Daten vor. Eine eindeutige Zuordnung der erfassten Abgabemengen zu einzelnen Tierarten ist auf Basis dieser Zahlen jedoch nicht möglich, da die Mehrzahl der Produkte für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen ist.