Allgemein anerkannt gilt:

Ohne ein sich vermehrendes Clostridium botulinum gibt es kein Toxin.

Dort wo Toxin ist, muß praktisch auch Clostridium botulinum vorhanden sein, sei es als vegetative oder Sporenform.

Dort wo Clostridium botulinum als vegetative oder Sporenform vorkommt, braucht nicht unbedingt Toxin zu sein. Eine Toxinbildung kann aber urplötzlich ohne ersichtlichen Grund beginnen.


Die Toxinbildung kann während der standardmäßigen Bearbeitung im bakteriologischen Labor verloren gehen, d.h. nicht mehr nachweisbar sein. Die Ursachen dafür sind unbekannt.


Allgemein anerkannt gilt:

Clostridium botulinum kann im Labor aus unerkannten Gründen die Toxinbildung einstellen.


Krankheit


Die erste Veröffentlichung über die Krankheit Botulismus ("Wurstvergiftung") stammt von Justinus Kerner aus dem Jahr 1820.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die Beschreibung mehrerer Botulismusfälle und die Differenzierung der einzelnen Toxine.

Der aktuelle Stand der Forschung zeigt, daß Teile des Toxinmoleküls in der Nervenendigung bestimmte Signalmoleküle inaktivieren, die bei der Freisetzung von Azetylcholin notwendig sind. Mögliche Einflüsse auf andere Botenstoffe werden vermutet.


Allgemein anerkannt gilt:

Alle klinischen Erkrankungen beruhen auf der Toxinwirkung.



Inzwischen gilt als fast allgemein anerkannt:

Alle Toxintypen können bei Mensch und Tier Botulismus auslösen.

Alle Toxintypen können theoretisch weltweit vorkommen. Sie sind aber von unterschiedlicher regionaler Bedeutung.

Beim Menschen sind vermehrt die Typen A, B und E, beim Rind C und D von Bedeutung. In manchen Gegenden kommt beim Pferd besonders Typ B vor. In Meeresfischen wird häufig Typ E nachgewiesen.


Die Toxine bewirken eine Unterbrechung der Nervenreize an den Übergängen von Nerv zu Muskel (muskulärer Botulismus). Eine schlaffe Lähmung der betroffenen Muskelgruppen ist die Folge, die klinisch zu Atemstillstand und Tod führen kann. Es besteht die Annahme, daß es eine weitere klinische Form gibt, den viszeralen Botulismus. Hier werden neben der Lähmung der Darmmuskulatur auch Informationsbahnen des Stoffwechselgeschehens betroffen. Ein weiterer Einfluß von BoNT direkt und/oder indirekt auf das Nervensystem ist eine Hypothese von mir, für die allerdings noch keinerlei Beweis vorliegt.

Die Menge des Toxins und die Aufnahmezeit bedingen die Schwere der Erkrankung.


Allgemein anerkannt gilt:

Der Beginn und die Schwere der klinischen Erkrankung hängen von der aufgenommenen und resorbierten Toxinmenge ab.


Es gibt unterschiedliche Empfindlichkeiten einzelner Tierarten und Individuen gegenüber einzelnen Toxintypen.

Je nach Ort der Toxinbildung kann die Erkrankung Botulismus ätiologisch in zwei Gruppen eingeteilt werden. Bei der Toxinaufnahme von außen handelt es sich um eine Vergiftung, bei der Aufnahme von Sporen oder vegetativen Formen um eine Infektion.


Allgemein anerkannt gilt:

Botulismus ist entweder eine Vergiftung oder eine Infektionskrankheit.


Intoxikation (Vergiftung)

Die klassische Form von Botulismus entsteht dadurch, daß C. botulinum außerhalb des Körpers Toxin bildet. Beim Menschen sind z.B. besonders (geräucherte) Leberwurst, Knochenschinken, roher geräucherter Fisch und (schlecht eingekochte) grüne Bohnen geeignet, dem Bakterium eine geeignete Basis für Toxinbildung zu verschaffen. Das Toxin wird mit der Nahrung aufgenommen, im Darm resorbiert, mit dem Blut im Körper verteilt, an den Nervenenden angelagert. Es kommt zu einer Vergiftung.

Beim Tier trat früher diese Krankheitsform bei einzelnen Tieren dann auf, wenn Kadaver von Mäusen oder Katzen im Futter (meist Heu) verwesten. Heute scheint eine andere Form vorzuherrschen, die von Silage (Fahrsilo bzw. Hochdruckballen) ihren Ausgang nimmt. Bei Pferden ist dies besonders Grassilage oder Heusilage, bei Rindern auch Maissilage). Hier wird der Erreger zusammen mit Erde während des Erntevorgangs aufgenommen. Bei der Silierung entstehen durch schnelle milchsaure Gärung für Clostridien ungünstige Wachstumsbedingungen. Durch fehlerhafte Silierung (z.B. bei Schimmelbildung) werden im Gegensatz dazu die Bedingungen für C. botulinum erst geschaffen, Toxin zu bilden.

Die Toxinbildung erfolgt auch in Schlamm von Flüssen, wo vor allem Würmer und Schnecken, aber auch abgestorbene Pflanzenteile, Toxin enthalten können, die Vögeln als Nahrung dienen. In heißen Sommern kann es bei hohen Temperaturen, sauerstoffarmem Wasser und niedrigem Wasserstand zum Tod von Tausenden von Wildvögeln (z.B. in der Wesermündung) kommen. Vermehrte Todesfälle sind aber auch in Hamburg bei Schwänen und Möwen, in München und Berlin in Rieselfeldern, in rheinischen Bergsenkungsgebieten bei Wildvögeln beschrieben worden. Auch in Kurparks kommt es zu spektakulären Tierverlusten, wenn durch (vom Menschen gestreute) Futterreste Fäulnisvorgänge im Schlamm der Uferzonen ausgelöst werden.

Infektion (Ansteckung)

Beim Säugling ist der Plötzliche Kindstod im ersten Lebensjahr eine bekannte Todesursache. (Geschätzt werden ca. 0,5 % Todesfälle). Eine der möglichen Ursachen ist Botulismus, bei dem die Toxinbildung im Darm der Kinder plötzlich so stark und unvorhersehbar einsetzt, daß der Tod innerhalb von Stunden eintritt. Bei diesem Krankheitsgeschehen werden Sporen, nicht schon vorher gebildete Toxine, über den Mund aufgenommen. Wenige hundert Sporen können nach Hochrechnungen ausreichen um nach einer Infektion des Darmes ein Baby sterben zu lassen. Selten tritt diese Infektion auch bei erwachsenen Menschen auf.

10 Sporen können tödlich für ein kleines Hühnchen sein. Diese Art der Erkrankung ist auch bei Fasanen und bei Fohlen beschrieben worden. Sie wird beim Rind vermutet, ist aber noch nicht direkt nachgewiesen worden.

Da der Erreger seinen natürlichen Lebensraum im Boden hat, können Verschmutzungen von Wunden durch Erde zur Erkrankung führen.


Allgemein anerkannt gilt:

Botulismus ist eine bodenbürtige Krankheit (Bodenseuche).


Es wird vermutet, daß der Erreger auch bei Verletzungen des Magen-Darm-Traktes in die Wunden eindringt und dort bei der Vermehrung Toxin bildet. Es gibt einige Hinweise, daß dies z.B. bei Zahnbehandlungen, Magensonden, Magen-Darmgeschwüren der Fall sein kann. Das Eindringen von Wurmlarven in die Schleimhaut des Verdauungstraktes könnte Eintrittspforten für C. botulinum schaffen.

Die in der Erde befindlichen Bakterien können durch Oberflächenwasser oder durch die Luft (Staub) weiterverbreitet werden. Diese unsichtbare Kontamination kann ebenfalls zu Erkrankungen führen.


Allgemein anerkannt gilt:

Clostridium botulinum kann durch Oberflächenwasser und Staub weiterverbreitet werden.


Es ist bei der Toxinbildung bereits hingewiesen worden, daß bestimmte Faktoren für die Vermehrung und eine etwaige Toxinbildung notwendig sind. Dies gilt auch im Darminhalt.


Allgemein anerkannt ist:

Nicht jede aufgenommene Spore führt zu einer Erkrankung.

Es müssen bestimmte Bedingungen herrschen, daß es zu einer Vermehrung und dann auch noch zu einer Toxinbildung kommt.


Immunologie

In älteren Lehrbüchern wird besonders darauf hingewiesen, daß die Toxinwirkung im Organismus schneller einsetzt als eine etwaige Antikörperbildung. Neuere und genauere Untersuchungsverfahren haben bewiesen, daß es auch bei C. botulinum entsprechende Antikörper gibt, die sich gegen Sporen, Bakterien und Toxin richten.


Wissenschaftlich nachgewiesen ist:

Bei starken schlagartigen Vergiftungen kommt es nicht zu einer Antikörperbildung. Der Tod tritt innerhalb weniger Stunden bis Tage ein.

Bei chronischen Fällen und der Aufnahme von geringsten Mengen von Toxin kommt es zu einer natürlichen Antikörperbildung.


Die verfügbare Menge Antikörper im Falle einer Intoxikation/Infektion beeinflußt wie bei jeder anderen bakteriellen Erkrankung die Schwere der Erkrankung.


Allgemein anerkannt gilt:

Je höher der Antikörperspiegel, desto besser der Schutz gegen einen Krankheitserreger.


Klinische Erscheinungen

Der gravierendste Fall ist der plötzliche Tod nach nur wenigen Stunden Erkrankung. Im akuten Fall wird beim Menschen, v.a. bei C. botulinum Typ E, von Schluck- und Sprachstörungen und Doppeltsehen berichtet. Auch Lähmungen der Arm- und Beinmuskulatur tritt auf. Im Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu Lähmungen der Atmungsmuskulatur. Auf Spezialuntersuchungen des Kreislaufes, des Nervensystems, der Muskulatur und des Stoffwechsels kann hier nicht eingegangen werden.

Bei subakuten bzw. chronischen Fällen kommt es zu Verstopfung und teilweise nervösen Symptomen.

Beim chronischen Kinderbotulismus fallen eine gesamte Lähmung der Körpermuskulatur auf, schwaches Weinen und ebenfalls Schluckbeschwerden. Zwei Tage ohne Stuhlgang sollte als Zeichen für einen möglichen Botulismus gewertet werden.


Allgemein gilt:

Je nach Toxinmenge, Typ und Patient reicht das klinische Bild von schwachen muskulären Beschwerden bis zum plötzlichen Tod. Sprach-, Seh- und nervöse Störungen können auftreten.


Auch beim Tier gibt es plötzliche Todesfälle. Beim Tier fangen Lähmungen meist an den Hintergliedmaßen an. Es folgen Schwierigkeiten beim Aufstehen, verminderter Ohrreflex, eine Lähmung der Zungenmuskulatur. Speicheln, Futterkauen ohne Abschlucken sind weitere Zeichen. Oft ist der Kopf zur Seite gefallen (Schwäche der Halsmuskulatur).

Im Fall des viszeralen Botulismus kommt es zu plötzlichem Milchrückgang trotz bester Fütterung, Verstopfung oder Durchfall, Hervortreten der Venen, positiver Venenpuls, Kronsaumschwellungen, Festliegen und Abmagern. Bei Kälbern können plötzliche Todesfälle auftreten.


Allgemein gilt:

Beim Tier sind meist akute Krankheitsfälle zu beobachten.

Die viszerale Form wird in zunehmendem Maße bei Rindern festgestellt. In Einzelfällen wurde sie auch bei Pferden und Schweinen diagnostiziert.


Zur vorherigen Seite/Zur nächsten Seite


Copyright 2000 by Animal Health Online