Salmonella-Infektionen beim Tier und deren Bedeutung für die Human- und Tiergesundheit

von L.H. Wieler1 und R. Bauerfeind2
1Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen, Freie Universität Berlin, Berlin;
2Institut für Hygiene und Infektionskrankheiten der Tiere, Justus-Liebig-Universität Giessen, Giessen

(VetMedLabor-Fortbildungsveranstaltung "Zoonosen" im Okt. 1999 )

Einleitung

Salmonellen haben in Deutschland eine große epidemiologische und somit auch wirtschaftliche Bedeutung. Die Wichtigkeit dieser Krankheitserreger findet u.a. ihren Ausdruck darin, dass ihre Überwachung und Bekämpfung seuchenrechtlich vorgeschrieben ist. So unterliegt die Salmonellose des Menschen nach § 3 des Bundesseuchengesetzes der Meldepflicht. Salmonellen beim Rind und bei Hühnern werden mit staatlichen Mitteln nach dem Tierseuchengesetz bekämpft. Außerdem ist seit 1998 ein freiwilliges, staatlich begleitetes Programm zur Bekämpfung von Salmonellen in der Schweinehaltung bundesweit in Kraft. Tatsächlich spielen aber Salmonella-Infektionen nicht nur beim Rind, Geflügel und Schwein eine wichtige Rolle. Im Rahmen des Vortrages sollen deshalb weniger die bekannten Probleme der Salmonellen bei Nutztieren behandelt werden, sondern die Bedeutung der Salmonella-Infektionen bei kleinen Haustieren hervorgehoben werden. Hierbei wird zwischen Salmonella-Infektionen bei den gängigen kleinen Haustieren, wie z.B. Hund und Katze einerseits, sowie bei den Reptilien andererseits, unterschieden.

Taxonomie und Pathogenität der Gattung Salmonella

Aufgrund neuerer taxonomischer Untersuchungen wurden Bakterien der Gattung Salmonella in zwei Spezies (Salmonella enterica und S. bongori) und mehrere Subspezies untergliedert. Beide Spezies sind für Mensch und Tier pathogen. Die Spezies S. bongori galt zeitweilig als apathogen, ist jedoch nach neueren Befunden in Sizilien sogar zweifelsfrei als humanpathogener Erreger einzustufen, da er schwere Enteritiden insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern verursachen kann. Die in Abb. 1 dargelegte Untergliederung ist nicht nur von taxonomischem Interesse, sondern reflektiert infektionsbiologische Unterschiede zwischen den verschiedenen Salmonellen und hat daher auch praktische Bedeutung. Die Subspezies I (Salmonella enterica Subspezies enterica) umfasst diejenigen Salmonella-Serovare, die überwiegend bei warmblütigen Wirbeltieren inklusive dem Menschen gefunden werden, während Stämme der Subspezies II - VII von S.enterica und Stämme von S.bongori vor allem bei poikilothermen und kaltblütigen Wirbeltieren vorkommen und dort auch Erkrankungen verursachen können. Die Subspezies II - VII wurden häufig als nicht bzw. wenig pathogen für Warmblütige eingestuft. Die zunehmende Anzahl sporadischer Erkrankungsfälle beim Menschen, die durch Stämme dieser Subspezies hervorgerufen werden, zwingt jedoch dazu, ihr Gefährdungspotential sehr viel kritischer einzuschätzen.

Abb. 1: Taxonomie und Nomenklatur der Gattung Salmonella.

Bei der Aufklärung der Ursachen für infektionsbiologischen und taxonomischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Salmonellen steht die Wissenschaft erst am Anfang. Wir wissen, dass ein wesentliches Pathogenitätsmerkmal der Salmonellen, nämlich der fakultative intrazelluläre Parasitismus, auf den Erwerb sog. Pathogenitätsinseln (PI) zurückzuführen ist. Die Salmonella-Pathogenitätsinseln (SPI) sind große DNS-Fragmente (10 - 40 Kilobasenbaare), die irgendwann während der Evolution von den Bakterien aufgenommen wurden, in das bakterielle Chromosom integriert wurden und ihnen damit neue, für die Entstehung von Krankheiten ausschlaggebende Eigenschaften verliehen haben. Bei Salmonellen wurden mehrere solcher Inseln nachgewiesen. Während z.B. die für die Invasion von Wirtszellen wichtige SPI-1 bei allen bislang untersuchten Salmonellen vorkommt, findet sich die für das intrazelluläre Leben wichtige SPI-2 nur bei Stämmen der Spezies enterica, nicht aber bei denen der Spezies bongori. Ähnlich verhält es sich mit dem Vorkommen bestimmter Anheftungsfaktoren, die nur bei definierten Subspezies der Spezies enterica nachweisbar sind und offensichtlich zur Adaptation mancher Salmonellenserovare an bestimmte Wirtsspezies beitragen. Diese wichtigen Entdeckungen sind die ersten Schritte, um erstmals die der Pathogenität und Virulenz von Salmonellen zugrundeliegenden Mechnismen auf molekularer Ebene zu verstehen. Daran knüpft sich die Hoffnung, dass sich aus diesen Erkenntnissen in absehbarer Zeit Ansätze für neue, erfolgreiche Therapie- und Präventionsmaßnahmen ableiten lassen.

Salmonella-Infektionen beim Menschen

Aufgrund der bestehenden Meldepflicht ist die Entwicklung der Salmonellosen in Deutschland gut nach zu vollziehen (s. Abb. 2), obwohl insbesondere bei den sporadischen Fällen von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen wird.  

Abb. 2: Inzidenz von Salmonella-Infektionen beim Mensch, Deutschland
(bis einschließl. 1989 nur alte Bundesländer; Quelle: Epidemiol. Bull., 1999)

Die Abb. 3 veranschaulicht darüber hinaus, dass unter den Erregern von Lebensmittelinfektionen die Salmonella-Infektionen mit Abstand die wichtigsten sind. Die Mehrzahl der Fälle ist tatsächlich auf den Verzehr kontaminierter Lebensmittel zurückzuführen. Hier spielen Lebensmittel tierischen Ursprungs, insbesondere vom Geflügel (v.a. Ei und Eiprodukte), aber auch vom Rind und vom Schwein die Hauptrolle.

Abb. 3: Lebensmittelinfektionen in Deutschland: Erregertypen und ihre Häufigkeit im
Jahre 1995
(Quelle: Rasch, 1996)

In Deutschland sind die meisten Salmonellosefälle nach wie vor durch Stämme der beiden Salmonella-Serovare Typhimurium und Enteritidis bedingt, also jenen Erregern, die auch bei Hühnern, Rind und Schwein am weitesten verbreitet sind (s. Abb. 5). Andere Infektionsquellen und Übertragungswege spielen hingegen beim Menschen nur eine untergeordnete Rolle. Dass Salmonellosen des Menschen in erster Linie auf die Aufnahme kontaminierter Lebensmittel zurück zu führen sind, verdeutlichen übringens auch die entsprechenden Zahlen aus den U.S.A. (Abb. 3). Welche große Bedeutung der unsachgemäßen Lagerung von Lebensmitteln als Ko-Faktor für die Verursachung der Salmonellose zukommt, ist hierbei an der alljährlichen Häufung der Fälle in den warmen Sommermonaten ablesbar. Die gleichen Beobachtungen werden auch in vielen anderen Ländern, einschließlich Deutschland, gemacht. Ob jedoch die 5- bis 10-fach höhere Salmonella-Inzidenz in den U.S.A. auf den hohen hygienischen Standard in der deutschen Lebensmittelindustrie bzw. in den deutschen Haushalten zurückzuführen ist oder ob diese Zahlen die geringere Meldefreudigkeit der Ärzte in Deutschland widerspiegelt, darüber kann nur spekuliert werden.

Abb. 4: Inzidenz von Campylobacter- und Salmonella-Infektionen beim Mensch (U.S.A.)
(Quelle: FoodNet, 1999)

Salmonella-Infektionen bei kleinen Haustieren

Hunde und Katze gelten im Vergleich zu anderen Säugerspezies als wenig empfindlich, um sich mit Salmonellen anzustecken bzw. um infolge einer Salmonelleninfektion zu erkranken. Gleichwohl ist eine klinisch manifeste Salmonellose auch bei diesen Tierarten nicht unbekannt. Chronische Formen können sich dabei der Therapie mitunter hartnäckig widersetzen und den behandelnden Tierarzt durchaus vor Probleme stellen. Das Ansteckungsrisiko für den Menschen ist vergleichsweise mäßig, aber nicht vernachlässigbar. Dies gilt vor allem in Haushalten mit Kindern. Wie einzelne Publikationen belegen, ist eine fäkal-orale Erregerübertragung durch Kontakt oder Verschmutzung durchaus möglich, gerade aufgrund der häufig engen Beziehung zwischen kleinen Haustieren und deren Besitzern. Umfangreichere Daten über die Epidemiologie der Salmonellen bei kleinen Haustieren liegen lediglich hinsichtlich der Prävalenz von Salmonella-Infektionen vor, in erster Linie für die Prävalenz beim Hund. Je nach Autor und Design der epidemiologischen Studie - die meisten publizierten Daten wurden im Rahmen der bakteriologischen Routinediagnostik erhoben und sind somit höchstens bedingt repräsentativ - wurden Salmonella-Isolierungsraten von 1,7 % bis 41,7 % bei durchfallkranken Tieren angegeben. Wertet man lediglich solche Studien aus, die Punktprävalenzen in Stichproben aus der Gesamtpopulation erfassen, dann liegen die Zahlen zwischen 1,7 % und 4,3 %. Dies entspricht in etwa der geschätzten Häufigkeit von Salmonella-Infektionen in der Humanpopulation. Diese geringen Nachweisraten deuten darauf hin, dass die orale Aufnahme von Salmonellen bei Hund und Katze selten zu einer länger andauernden oder gar persistierenden Infektion führt, sondern eher zu einer zeitlich limitierten Infektion.

Abb. 5: Relative Häufigkeit von Salmonella-Serovaren.

Verhaltensbedingt spielen bei den kleinen Haustieren, fäkal-orale Schmier- und Kontaktinfektionen eine wesentlich größere Rolle als beim Menschen. Außerdem müssen bei Hund und Katze neben der Ansteckung über kontaminierte Lebensmittel tierischen Ursprungs auch noch andere Infektionsquellen und -wege als beim Menschen vermutet werden, obwohl sich die Salmonella-Nachweisraten bei Mensch und Kleintier ähneln. Dies wird u.a. durch eine Analyse der Salmonella-Isolate deutlich, wie sie in Abb. 5 dargestellt ist. Während beim Menschen die Serovare Typhimurium und Enteritidis absolut dominieren, ist das Serovarspektrum bei Hund und Katze wesentlich vielfältiger. Die Gründe sind bislang nicht hinreichend untersucht.

Salmonella-Infektionen bei Reptilien

Die zunehmende Heimtierhaltung von Reptilien wirft für den Infektionsmediziner die bislang wenig beachtete Frage auf, wie die Infektion von Schlangen, Schildkröten und Echsen mit Salmonellen der Subspezies enterica sowie insbesondere die Infektion durch Vertreter der früher selten nachgewiesenen Subspezies salamae (II), arizonae (IIIa) und diarizonae (IIIb) für die Gesundheit dieser Tiere und v.a. auch für die Gesundheit des Menschen zu bewerten ist. Obwohl Salmonellen bei Reptilien und Amphibien offensichtlich in weit höherem Ausmaß als bei warmblütigen Wirbeltieren vorkommen und klinische Erscheinungen dabei meist nicht nachweisbar sind, steht außer Frage, dass gerade Stämme der Subspezies II, IIIa und IIIb auch für diese Tierarten pathogen sind und Erkrankungen verursachen können. Die sich gerade in jüngerer Zeit häufenden Berichte über Erkrankungen von Menschen, die auf Salmonellen der Subspezies II - VII und S.bongori zurückzuführen waren, lassen mittlerweile keinen Zweifel über die Humanpathogenität dieser Salmonellen mehr zu. Die möglichen Krankheitssymptome entsprechen der enteritischen Salmonellose des Menschen, wie sie auch durch die dominierenden Servare Typhimurium und Enteritidis verursacht werden: wässriger bis blutiger Durchfall, Vomitus, Fieber. In den U.S.A. und in Italien sind aber auch mehrere Fälle schwerer, septikämischer Krankheitsverläufe bekannt geworden, was auf ein beträchtliches Gesundheitsrisiko dieser Erreger hinweist, insbesondere für immungeschwächte Personen und für Kleinkinder. In einigen gezielt untersuchten Fällen wurden jeweils identische Stämme aus den erkrankten Personen und deren exotischen Heimtieren isoliert. Wie die retrospektiven Analysen ergaben, hatten sich die Patienten offensichtlich nicht nur beim direkten Kontakt mit den Tieren angesteckt, sondern auch beim Umgang mit Fäzes von latent infizierten Tieren bzw. fäzeskontaminierten Gerätschaften. Bislang gibt es kaum repräsentative Zahlen über die Häufigkeit und Verbreitung latent mit Salmonellen infizierter Reptilien und Amphibien. Eine neuere Untersuchung, in der Schildkröten, Schlangen und Echsen von organisierten Haltern und Züchtern untersucht wurden, ergab jedoch sehr hohe Prävalenzen. So lag der Anteil Salmonella-ausscheidender Schildkröten bei 3,6 %, Schlangen bei 73,8 % und Echsen bei 61,0 % (Geue, persönliche Mitteilung). Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Salmonella-Infektionen von Reptilien ein ernstzunehmendes tier- und humangesundheitliches Problem darstellen.

Weiterführende Literatur


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