Für eine Diagnose von PRRS-Ausbrüchen und für die routinemäßige Kontrolle von Schweinebeständen stehen
verschiedene Labormethoden zur Verfügung. Bei der Auswahl der geeigneten Methode können folgenschwere Fehler
gemacht werden. Dr. Manfred Stein berichtet.
Auf vielen Zuchtbetrieben gehört die PRRS-Impfung zum Standardimpfprogramm. Zumeist werden Lebendimpfstoffe entweder mit europäischem oder amerikanischem Impfstamm eingesetzt. Wie bei allen Impfungen, die erstmalig durchgeführt werden, muss auch bei einer Impfung mit einem PRRS-Lebendimpfstoff damit gerechnet werden, dass selbst bei fachmännischer Durchführung etwa 10 - 15 % der Schweine nicht ausreichend auf die Impfung reagieren und nur einen unzureichenden Impfschutz entwickeln. Bei zweimaliger Impfung sind es immer noch etwa 5 %. In der Folgezeit kann es dann notwendig sein, das krankmachende PRRS-Feldvirus vom "gezähmten" Impfvirus zu unterscheiden. Das Impfvirus kann noch etwa drei Wochen nach der Impfung im Schwein nachweisbar sein. Ist das Schwein in seiner Immunität geschwächt, so kann das PRRS-Virus auch acht Wochen im Schwein überdauern. Dies findet man z.B. bei einer gleichzeitigen Erkrankung durch Circoviren. Die genannten Zeiträume "sind mit Vorsicht zu genießen", da im Einzelfall erhebliche Abweichungen vorkommen können. Dieses Phänomen ist für die Praxis durchaus relevant, da insbesondere kranke Schweine Anlass von Untersuchungen sind und hierfür auch herangezogen werden.
Dem Tierarzt stehen eine Reihe von Labormethoden bei PRRS zur Verfügung:
1. ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay)
Der ELISA ist ein Antikörpernachweis im Blut. Hat ein Tier Kontakt mit dem PRRS-Virus, so bilden sich etwa 1 -2 Wochen nach diesem Kontakt PRRSV-spezifische Antikörper. Diese Antikörper werden über den ELISA im Blut nachgewiesen. Mit diesem Test wird wiederholt geprüft, ob ein unauffälliger Bestand tatsächlich PRRS-frei ist. Da sehr frische PRRS-Infektionen nicht nachweisbar sind, müssen Wiederholungsuntersuchungen durchgeführt werden. Darüber hinaus kann mit dem ELISA-Test eine relativ gute Aussage zur Stabilität des Bestandes getroffen werden.
Probenmaterial und Auswahl der Tiere
Die Anzahl der Proben ist abhängig von der Fragestellung (Überprüfung des negativen Status, Prüfung der Stabilität, Diagnostik bei klinischen Symptomen), Bestandsgröße und der Betriebsstruktur. Grundsätzlich sollten 5 -10 Blutproben aus jeder Nutzungsgruppe (Sauen, Flatdeckferkel, Mastschweine) untersucht werden. Bei der Klärung klinischer Probleme sollten die Proben vorzugsweise von solchen Tieren entnommen werden, die auffällig waren. Dies sind z. B. Sauen, die umgerauscht haben oder einen Wurf mit ungewöhnlich vielen toten oder lebensschwachen Ferkeln hatten. Im Flatdeck oder in der Mast sind es insbesondere Tiere, die im Wachstum zurückgeblieben sind.
Interpretation der ELISA-Ergebnisse
Der ELISA unterscheidet nicht zwischen Antikörpern, die durch PRRS-Feldvirus oder PRRS-Lebendimpfstoff bedingt sind. Jedoch verursachen PRRS-spezifische Antikörper drei bis vier Monate nach der Impfung oder einer Infektion im ELISA nur noch schwache Reaktionen. In dieser Zeit ist bei geimpften Tieren anhand der Höhe der ELISA-Reaktion ein Rückschluss möglich, ob sich dieses Tier nach der Impfung noch mit dem Feldvirus auseinandergesetzt hat. Je geringer der Anteil an Tieren mit hohen ELISA-Werten ist, desto weniger Feldvirus ist im Bestand vorhanden.
Darüber hinaus gilt:
2 - 6 Wochen nach der Impfung oder Infektion erreichen die ELISA-Titer ihre höchsten Werte und
fallen nach ca. 8 Wochen sehr schnell wieder ab.
Etwa 10 - 12 Wochen nach der Impfung oder Infektion können die Werte unter die Nachweisgrenze
fallen. Hierdurch kann es zu falsch negativen Ergebnissen kommen!
Der Impfschutz nach der Impfung mit einem Lebendimpfstoff hält länger an, als die im ELISA ermittelten, positiven Reaktionen. Der Grund ist hierfür der zelluläre Schutz (zelluläre Immunität), der bei PRRS eine große Rolle spielt. Dies kann unter Praxisbedingungen nicht getestet werden. Dieser Umstand erklärt auch das Phänomen, dass Sauenbestände, die die Impfung auch verschiedenen Gründen eingestellt haben, erst nach mehreren Monaten einen katastrophalen PRRS-Einbruch erleiden.
Mehrfach mit gleichem Impfstoff geimpfte Tiere, die keinen zusätzlichen Kontakt mit dem Feldvirus gehabt haben, reagieren im ELISA zunehmend schwächer, da sich eine stabile zelluläre Immunität entwickelt.
2. IPMA ( Immunoperoxydase Monolayer Assay)
Mit dem IPMA können Antikörper gegen das amerikanische Impfvirus (Impfstoff Ingelvac® PRRS MLV) vom Feldvirus serologisch unterschieden werden. Dies ist nur mit dem amerikanischen Impfvirus möglich und ist zur Einschätzung des Impferfolges wichtig. Das Testverfahren dient zur Differenzierung von PRRS-spezifischen Antikörpern, wenn ein direkter oder indirekter Virusnachweis nicht erfolgreich war. Anhand der Titerhöhe vom Impfvirus im Vergleich zum Feldvirus kann im IPMA ermittelt werden, ob dieses Tier Kontakt zu Impf- oder Feldvirus hatte. Als Probenmaterial eignen sich ELISA-positive Blutproben.
Interpretation der IPMA-Ergebnisse
Die Ergebnisse sind umso eindeutiger, je näher die Untersuchung am Zeitpunkt der Serokonversion (Auftreten von Antikörpern im Blut) liegt. Bei geimpften Tieren ist das Ergebnis nicht immer eindeutig, insbesondere dann, wenn die Impfung mehr als zwei Monate zurückliegt.
3. PCR (Polymerase Chain Reaction)
Die PCR ist ein direkter Virusnachweis, der in Organen oder auch im Blut möglich ist. Genau genommen wird das Erbgut des Virus nachgewiesen, so dass nicht gesagt werden kann, ob es sich tatsächlich noch um vermehrungsfähige Viren handelt. Bei dieser Art von Untersuchung lassen sich die Viren über ihr Erbmaterial eindeutig unterscheiden. Der Aufwand und die Kosten für so eine Differenzierung sind jedoch davon abhängig, ob Impf- und Feldvirus sich in bestimmten Bereichen des Genoms eindeutig unterscheiden. Zumeist bieten die Labore im Falle der PRRS-Diagnostik eine Differenzierung in amerikanische und europäische PRRS-Viren an. Europäische und US-Virusstämme lassen sich in der PCR leicht unterscheiden. Wird in einem Schweinebestand ein amerikanisches Impfvirus eingesetzt, ist die Diagnose "Impfvirus" einfach gestellt, da US-Feldviren in Europa bisher nicht nachgewiesen wurden.
Findet man hingegen genetisches Material von europäischen PRRS-Viren stellt sich die Frage, ob es sich um ein europäisches Feldvirus oder um ein europäisches Impfvirus handelt. Jetzt muss ein weiterer PCR-Test zur Unterscheidung europäischer PRRS-Feldviren von europäischen Impfstämmen durchgeführt werden. In Einzelfällen ist diese zusätzliche weitergehende Untersuchung zur eindeutigen Diagnosestellung erforderlich. Die Kosten zur Unterscheidung europäischer PRRS-Feldvirusstämme von europäischen
Impfstämmen sind wenigstens 30 € höher, als die zur Abklärung des US-Impfstammes.
Wann PCR einsetzen?
Der PCR-Nachweis ist am besten bei akut erkrankten Tieren geeignet. Dies sind z. B. Tiere mit Fieber, Husten oder Bindehautentzündung oder Tiere mit Schäden durch eine Infektion im Mutterleib, also bei Abortmaterial oder lebensschwach geborenen Ferkeln. Hier kann insbesondere geprüft werden, ob diese Krankheitssymptome durch das PRRS-Feldvirus verursacht wurden.
Probenmaterial und Auswahl
Bei der PCR sollten drei bis fünf Proben untersucht werden. Nach einer Infektion ist der Nachweis des PRRS-Virus
im Blut bei Ferkeln ein bis drei Wochen, bei erwachsenen Tieren dagegen meist nur wenige Tage möglich. Sind
lebensschwache Ferkel, Fieber, Husten oder Konjunktivitis (Bindehautentzündung) das Problem, kann das Virus im Blut
von frisch erkrankten Tieren nachgewiesen werden. Bei Umrauschern oder Verferkelungen ist der Virusnachweis im Blut
der Sauen zum Zeitpunkt der Klinik (auftreten der Krankheitserscheinungen) meist nicht mehr erfolgreich da die PRRS -
Infektion mindestens 4 - 5 Tage, häufig sogar mehrere Wochen vor der klinischen Erscheinung (Krankheitserscheinungen)
erfolgte. Im Fall von Umrauschern sind deshalb Blutproben zur Untersuchung auf Antikörper vorzuziehen und bei Aborten
und lebensschwach geborenen Ferkeln ist der Virusnachweis in den Ferkeln bzw. Föten durchzuführen. Bei der Untersuchung
von Abortferkeln muss bedacht werden, dass in bis zu 40 % der Abortferkel kein Virus nachgewiesen werden kann.
Interpretation der PCR-Ergebnisse
Mindestens 80 % der untersuchten Blutproben von Tieren mit klinischen Symptomen bzw. 50 % der Organproben von
Abortmaterial sollten positiv sein, um eine ursächliche Beteiligung des PRRSV am aktuellen Krankheitsgeschehen zu
bestätigen. Da PRRS-Impfstoffe keine sterile Immunität bewirken, sind einzelne positive Ergebnisse bei geimpften
Tieren vorsichtig zu interpretieren. Wird der Verdacht in deutlich weniger Tieren über das Laborergebnis bestätigt,
ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das PRRS-Vius entweder nur eine Mitbeteiligung an den Problemen hat, nur
zufällig nachgewiesen wurde oder es sich um einen falschen Nachweis handelt.
Fazit
Um alle Möglichkeiten der Diagnostik nutzen zu können, sollte auf der Tierarztrechnung oder auf Lieferscheinen
genau dokumentiert werden, ob, bzw. welcher Impfstoff - europäischer oder amerikanische Impfstamm - eingesetzt wurde.
Nur so kann im Krankheitsfall eine schnelle und gezielte Untersuchung auf PRRS-Feldvirus unter Ausschluss von
Impfvirusnachweisen durchgeführt werden. Grundsätzlich sollte man Impfstoffe nicht grundlos wechseln, da hierdurch
durch die Diagnostik aufwändiger werden kann. Nur eine klare Diagnostik ist der Schlüssel zur erfolgreichen PRRS
Bekämpfung bis hin zur Eradikation.
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