Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten des Pulmotests
PD Dr. T. C. Harder, Dr. P. Hübert
Landeslabor Schleswig-Holstein, Max-Eyth Str. 5, D-24537 Neumünster
Die Zeiten, in denen der Grundsatz galt: ein Erreger, eine Infektionskrankheit, eine Behandlungsmassnahme,
sind in der modernen Schweineproduktion vorüber. Heute bestimmt ein Faktorengemenge aus Umweltfaktoren, Genetik
und diversen Erregern über die Gesundheit der Tiere. Infektionserreger besitzen in dieser Situation allerdings
immer noch eine herausragende Position. Dennoch genügt der Nachweis oder auch der Ausschluss einzelner
Erregerarten häufig nicht mehr, um sinnvolle Management- oder Therapievorschläge zu begründen. Es sind die
Wechselwirkungen verschiedenster Erreger, die mehr und mehr ins Zentrum des Interesses rücken. Zahlreiche
Infektionsversuche haben belegt, dass eine Reihe von Erregern sich gegenseitig in ihrer krankmachenden Wirkung
begünstigen. Solche synergistischen Effekte konnten bei Infektionen des Atmungstraktes u.a. für Influenzavirus
und PRRS, für Circovirus-2 und PRRS, für Mycoplasmen und Circovirus sowie weitere bakterielle Erreger
wissenschaftlich belegt werden.
Diesen Gegebenheiten muss sich auch die Infektionsdiagnostik anpassen und die Vielzahl der möglichen Erreger
möglichst gesamthaft erfassen. Auf dem bakteriellen Sektor erfüllt die klassische kulturelle Anzucht der Erreger
auf Nährböden diese Ansprüche bereits weitgehend. Grössere Probleme bereiten die Viren, deren Anzucht und
Bestimmung nur in Zellkulturen erfolgen kann. Dies ist sehr aufwendig, zeitraubend und wäre damit sehr teuer.
Die moderne Technik der Polymerasekettenreaktion (PCR) erlaubt es jedoch, einen hochempfindlichen Nachweis
dieser Erreger in vergleichsweise kurzer Zeit durchzuführen. Bislang wurden vorwiegend Einzel-PCRs durchgeführt,
d.h. ein Erreger, eine PCR-Reaktion, ein Rechnungstatbestand. Sollen nun sechs bis acht verschiedene Erreger
nachgewiesen werden, so ergeben sich allerdings auch hier erhebliche Kosten.
Seit einigen Jahren nun sind die PCR-Techniken soweit fortentwickelt worden, dass der Nachweis verschiedener
Gene unterschiedlicher Erreger in einem Testansatz möglich ist. Im Rahmen dieser Multiplex-PCR entstehen somit
wesentlich geringere Kosten. Der Pulmotest ermöglicht - in Form einer Multiplex-PCR - den Nachweis wichtiger
viraler und mycoplasmaler Erreger, die eine Rolle bei respiratorischen Erkrankungen der Schweine spielen. Im
Einzelnen handelt es sich um das porcine Circovirus-2 (PCV-2), das PRRS-Virus (wobei gleichzeitig zwischen den
europäischen und nordamerikanischen Stämmen unterschieden wird), das Influenza A Virus (SIV-A), das
respiratorische Coronavirus (PRCV) sowie das Virus des Einschlusskörperchen-Schnupfens (PCMV). Zusätzlich
werden die Mycoplasmenarten hyopneumoniae und hyorhinis erfasst.
Der Pulmotest wurde konzipiert für eine orientierende Eingangsuntersuchung eines Bestandes mit
respiratorischen Problemen. Aufgrund der gegenüber den uniplex PCRs günstigeren Kostensituation, können
mehrere erkrankte Tiere eines Bestandes untersucht werden. Die Ergebnisse helfen, einen Überblick der
klinisch relevanten Erreger dieses Bestandes zu gewinnen.
Multiplex-PCRs besitzen gegenüber den Einzelerreger- (uniplex) PCRs den Nachteil, weniger empfindlich
(sensitiv) zu sein. Würde beispielsweise die Nachweisgrenze einer Uniplex-PCR Erreger bei 50 bis 200
Genkopien pro Reaktion liegen, könnte man mit einer Multiplex-PCR dagegen vermutlich erst bei Vorliegen
von 500 bis 2000 Genkopien einen Nachweis erbringen. Dieser Sensitivitätsverlust trifft auch auf den
Pulmotest zu. Daher ist der Pulmotest nicht geeignet, um die Abwesenheit eines bestimmten Erregers zu
dokumentieren. Eine Ausschlussdiagnostik kann mit dem Pulmotest nicht durchgeführt werden. Die
geschilderten Sensitivitätsnachteile einer Multiplex-PCR müssen auch bedacht werden, wenn Proben
mehrerer Tiere vereinigt werden sollen (sogenannte "Pool"-Probe). Dies kann zu einer Verdünnung der
Erregerkonzentration führen, die dadurch im ungünstigsten Fall sogar unter die Nachweisgrenze einer
Uniplex-PCR fallen können.
Geeignetes Probenmaterial für den Pulmotest sind Nasen-Rachentupfer, vor allem aber Lungenspülproben
sowie Lungen- und Lymphknotengewebe verendeter Tiere. Blutproben sind nur bedingt geeignet, da die
Mehrzahl der im Pulmotest nachzuweisenden Erreger lokale Infektionen auslöst, die auf den Atmungstrakt
beschränkt bleiben und nicht notwendigerweise auch ins Blut übergehen. Daher werden bei Einsendung von
Blutproben lediglich die Parameter PCV-2, PRRSV und PCMV befundet.
Für Rückfragen zur Diagnostik mit dem Pulmotest stehen Ihnen die Tierärztinnen und Tierärzte des
Dezernates 1 im Landeslabor Schleswig-Holstein gerne zur Verfügung (04321 904-600).