Trinkwasserbelastung durch Humanarzneimittel
(aho/eule) Bisher galten Landwirte und Tierärzte als die „Bösewichte“, die Umwelt und Lebensmittel mit Arzneimittelrückständen belasten. Aber auch die gute humanmedizinische Versorgung in Deutschland spiegelt sich in der Umwelt wieder: Die verordneten Arzneimittel gelangen über Urin und Kot via Toilette ins Abwasser und können nach Passage der Kläranlage oberirdische Gewässer erreichen.
Thomas Ternes vom ESWE-Institut für Wasserforschung und Wassertechnologie in Wiesbaden fand in 40 Fließgewässern insgesamt 20 Arzneistoffe und 4 ihrer Abbauprodukte. Dem Analytiker bot sich eine illustre Auswahl dessen, was in deutschen Apotheken nur auf Rezept zu bekommen ist. Damit sind Medikamente nicht nur ubiquitär in deutschen Gewässern verbreitet, sondern auch von erheblich größerer Brisanz als Pestizidrückstände im Wasser.
Ob die beobachteten Störungen des Hormonhaushaltes (z.B.: zwittrige Fische, Fruchtbarkeitsstörungen) mit de Sexualhormonen der Antibabypille zusammenhängen, ist noch offen. Ternes gibt zu bedenken, daß die Gehalte des ebenfalls hormonwirksamen ß-Sitosterol im Wasser viel höher liegen. Das Steroid gelangt über Lipidsenker, vor allem aber über die Abwässer der Papierindustrie in die Umwelt.
Eine weitere Untersuchung galt an Antibiotika. Von den 18 untersuchten Substanzen wurden 5 häufig in Gewässer entdeckt: Abbauprodukte des Erythromycins, Daneben Roxithromycin, Sulfathoxazol, Trimethoprim und Clarthiromycin. Diese Ergebnisse zeigen aber nur ein Bruchteil der tatsächlichen Belastung. Denn die oft verwendeten Tetracycline und Penicilline wurden von der Analytik noch gar nicht erfaßt. Angesicht der fortschreitenden Resistenzbildung von Krankheitserregern geben die Resultate Anlaß zur Sorge.
Die Aufbereitung des Trinkwassers vermindert zwar die Rückstände, vermag aber nicht alle Medikamente restlos zu entfernen. Im Leitungswasser fanden sich immer noch geringe Mengen an Clofbrinsäure, Bezafibrat, Diclofenac und Ibuprofen. Nicht mehr nachweisbar waren Östrogene, Antibiotika, Psychopharmaka, Betablocker und Bronchospasmolytkika.
Quelle: Ternes, TA: Arzneimittel in Gewässern und Kläranlagen. Umweltplanung, Arbeits- und Umweltschutz 1998/H.254/S.21-27 Hirsch, R.: Antibiotika in der Umwelt. Umweltplanung, Arbeits- und Umweltschutz 1998/H.254/S.29-35
Mehr zu diesem Thema lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von VetImpulse aus dem Veterinärverlag vom 15.10.99 auf den Seiten 8 bis 9.