Visceraler Botulismus: Ein neues Krankheitsbild in der Rinderpraxis?
(aho) – Veterinärmediziner der Universität Göttingen und vom Rindergesundheitsdienst Mecklenburg-Vorpommern berichten in der Fachzeitschrift „Journal of Veterinary Medicine“ über eine bisher in Deutschland unbekannte Rinderkrankheit. Die Symptome sind Verdauungsstörungen (Verstopfung wechselnd mit Durchfall), eine nicht infektiöse chronische Rehe (Laminitis), gestaute Venen, Abmagerung und Abgeschlagenheit. Die meisten Krankheitsfälle werden um den Geburtstermin beobachtet und enden oft mit dem plötzlichen Tod der Tiere. Zusätzlich wird bei Färsen eine verzögertes Wachstum, „Dahinsiechen“ und eine reduzierte Milchleistung beobachtet. Sowohl die klinische Untersuchung als auch Standard-Labortests konnten bisher keine schlüssige Erklärung für die beschriebenen Symptome liefern. Gezielte Untersuchungen auf das Bakterium Clostridium botulinum, seine Sporen und sein Gift (Botulinum-Toxin) auf den betroffenen Betrieben, belegen das Vorkommen von freiem Botulinum-Toxin im Darm der Tiere. Auf zwei von diesen Krankheitsbild nicht betroffenen Rinderhaltungen konnte das Botulinum-Toxin nicht nachgewiesen werden. Die Autoren sehen die Hypothese bestätigt, dass die dauerhafte Aufnahme von kleinen Mengen des Botulinum-Toxins die „neurologische Kontrolle der Verdauungsphysiologie stört“ und so dieses Krankheitsbild produziert. Die Veterinärmediziner schlagen vor, hierfür den Begriff „Visceraler Botulismus“ zu verwenden.
H. Böhnel, B. Schwagerick und F. Gessler (2001)
Visceral Botulism – A New Form of Bovine Clostridium botulinum Toxication
Journal of Veterinary Medicine, Series A 48 (6), 373-383