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Das aktuelle Interview: Gute Lösungen dürfen nicht blockiert werden

tierarzt_gefluegel[Gegen Krankheiten helfen oft nur Antibiotika – Faktenbasierte Entscheidungen sind gefragt]
(bft) – Die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes, Alternativen zur betäubungslosen Kastration und die Akzeptanz von Tierarzneimittelinnovationen sind die aktuellen Themen in der Branche. Der Blickpunkt befragte dazu Dr. Martin Schneidereit, den Geschäftsführer des Bundesverbandes für Tiergesundheit e.V. (BfT).

Blickpunkt: Herr Dr. Schneidereit, die Politik hat mit der 16. AMG-Novelle der Tierproduktion ein Antibiotikareduktionsprogramm verordnet. Kann der Einsatz von Antibiotika überhaupt dauerhaft reduziert werden?

Dr. Schneidereit: Gute Haltungsbedingungen, gutes Herdenmanagement, Zucht auf gesunde Tiere und eine konsequente Nutzung prophylaktischer Impfungen können einen Beitrag leisten, Antibiotika zu reduzieren. Viele Infektionen müssen jedoch weiterhin mit Antibiotika therapiert werden, dies gebietet schon der Tierschutz.

Blickpunkt:
Welche Auswirkungen hat die Einführung des Therapiehäufigkeitsindexes zur Berechnung der Behandlungshäufigkeit im Einzelbetrieb?

Dr. Schneidereit: Der neu eingeführte Therapiehäufigkeitsindex erfasst neben der Zahl der Anwendungen auch die Anzahl der Wirktage eines Antibiotikums. Von dieser Formel werden insbesondere die neu entwickelten sogenannten Long Acting Antibiotics negativ betroffen, da sie je nach Angabe der Wirkdauer den Therapiehäufigkeitsindex potenziell erhöhen.

Damit würde eine ursprünglich nicht gewollte Lenkungswirkung entstehen zu Ungunsten lang wirkender Antibiotika, weil der Tierarzt nicht nur den fachlich gebotenen Wirkstoff, sondern die Wirkstoffe auch nach den Kriterien eines niedrigen Therapiehäufigkeitsindexes einsetzen würde.
Wir haben deshalb ein Positionspapier entwickelt, das sich am Begriff einer verantwortungsvollen antibiotischen Behandlung orientiert, wie sie in den Leitlinien der Bundestierärztekammer entwickelt wurde. Dieses Berechnungsmodell bietet eine einfache Möglichkeit, kurz und lang wirksame Antibiotika produktunabhängig angemessen zu bewerten.

Blickpunkt: Mit dem Tierschutzgesetz wurde der Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration gesetzlich festgeschrieben. Was können Ihre Mitgliedsfirmen beitragen, dass künftig sicheres Schweinefleisch ohne Geruchsabweichungen gesetzeskonform produziert werden kann?

Dr. Schneidereit: Prinzipiell gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Ebermast enthält aus unserer Sicht viele Unwägbarkeiten. Der Einzelhandel kann sich keinen Geruchsskandal durch Eberfleisch leisten. Die Haltung und Fütterung von Ebern stellt sehr hohe fachliche Ansprüche.
Die Narkose zur Kastration ist bestenfalls in sehr kleinen Nischen praktikabel. 25 Millionen Ferkel alleine in Deutschland jährlich unter Isofluran-Narkose zu kastrieren, ist eine reine Utopie. Neben der sicheren Wirkung der Narkose sind Fragen des Arbeitsschutzes und der Arbeitsplatzsicherheit nicht gelöst. Die Durchführung einer Narkose ist für mich eine Tätigkeit, die nicht in die Hand des Landwirtes gehört.

Die Entwicklung von neuen Schmerzmitteln, mit denen Schmerzausschaltung bei erhaltenem Bewusstsein erreicht wird, könnte nach dem pharmakologischen Kenntnisstand nur durch Moleküle aus der Gruppe der Opiate erfolgen. Diese Gruppe von Wirkstoffen ist stark wirksam, aber auch suchtauslösend und unterliegt dem Betäubungsmittelrecht. Ich halte dies für keine Lösung.

Blickpunkt: Sehen Sie in der Eberimpfung eine realistische Möglichkeit, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen?

Dr. Schneidereit: Die von unserer Industrie entwickelte Impfung gegen Ebergeruch ist ein praktikabler und sicherer Weg. Seit 2009 ist ein Impfstoff in der gesamten Europäischen Union als Tierarzneimittel zugelassen.

Die verschiedentlich geäußerten Vorbehalte wegen der Nähe zum Einsatz von Hormonen sind völlig haltlos. Der Wirkmechanismus der Impfung besteht aus einer Antigen-Antikörperreaktion, die die Synthese von männlichen Sexualhormonen blockiert. Sie hat nichts mit den Hormonen selbst zu tun; die zugelassene Impfung erfüllt alle Anforderungen hinsichtlich Wirksamkeit, Qualität, Sicherheit und Umweltverträglichkeit.

Blickpunkt: Die Branche steht aktuell in einem schwierigen Umfeld. In welchen Bereichen sind in den nächsten Jahren Innovationen überhaupt zu erwarten?

Dr. Schneidereit: Im Kleintierbereich werden auch in den nächsten Jahren Wachstumsimpulse durch neue Wirkstoffe gesetzt werden. Schwierig stellt sich der Nutztierbereich dar; hier fehlt auch die Akzeptanz von Innovation, wie die Beispiele des neuen Wirkprinzips zur Behandlung der Ketose des Rindes und die Impfung gegen Ebergeruch gerade zeigen. Eine faktenbasierte wissenschaftliche Betrachtung würde hier weiter helfen.

Nach Autorisierung des Interviews ist Herr Dr. Martin Schneidereit unerwartet verstorben.

One Comment, Comment or Ping

  1. Henning Lehnert

    Hallo liebe aho-Redaktion, hallo Dr. Stein,

    ist Ihnen entgangen, dass Dr. Schneidereit Mitte September verstorben ist?

Reply to “Das aktuelle Interview: Gute Lösungen dürfen nicht blockiert werden”

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