Einzeltier- oder Bestandsbehandlung: Die Entscheidung fällt nach fachlichen Kriterien
(aho) – Häufig wird von Laien, Politikern und der Boulevardpresse behauptet, dass gleich ganze Tierbestände behandelt würden, wenn nur Einzeltiere erkrankt wären. Tatsächlich richtet sich die Entscheidung Einzeltier- oder Bestandsbehandlung nach fachlichen Kriterien, die der Tierarzt vor Ort nach Würdigung der Gesamtumstände im Tierbestand trifft.
Bei Notwendigkeit unverzüglich!
Neben der richtigen Auswahl des Tierarzneimittels spielt auch die Auswahl des Behandlungszeitpunktes eine entscheidende Rolle. Antibiotika sollten, wenn die Notwendigkeit einer Behandlung eindeutig festgestellt wurde, unverzüglich eingesetzt werden. Sowohl durch zu spät eingesetzte Antibiotika als auch durch überflüssige Antibiotikagaben kann die Selektion von resistenten Erregern vorangetrieben werden. Je länger eine bakterielle Infektion Zeit gewinnt, sich im Gewebe auszubreiten und die Zahl der Bakterien zu erhöhen, desto größer werden die degenerativen Schäden im Gewebe. Die Therapie muss länger durchgeführt werden, die normale Bakterienflora in der Lunge, im Darm und auf den anderen Schleimhäuten wird länger dem Selektionsdruck ausgesetzt und die höhere Zahl an Bakterienzellen aus der Erregerpopulation erleichtert die mögliche Selektion von resistenten Mutanten (1).
Grafik 1: Im Verlauf eine Infektionskrankheit nimmt die Zahl der Bakterien am Infektionsort rasant zu.
„Point of no return“
Im Bestand ist es Aufgabe von Landwirt und Tierarzt zu erkennen, wann es sich bei einer Erkrankung um Einzeltiererkrankungen handelt und wann der Gesamtbestandes betroffen ist, was eine Behandlung über das Futter oder Trinkwasser erforderlich macht.
Grafik 2: Verlauf von Einzeltiererkrankungen: Zu jeder Zeit ist die Zahl der in der Inkubationszeit und in der Phase der akut erkrankten Tieren relativ konstant.
Grafik 3: Bestandserkrankung: Die Zahl der Tiere in der Inkubationszeit und in der Phase der akut erkrankten Tiere steigt rapide an. Innerhalb kürzester Zeit sind die Tiere mit dem Erreger konfrontiert (subklinische Erkrankung) und es ist eine reine Frage der Zeit, wann sie klinisch erkranken und wann es zu Todesfällen kommt.
Grafik 4: Die Behandlung sollte bei einer Bestandserkrankung frühzeitig begonnen werden, um weiteres Leiden der Tiere und Todesfälle zu verhindern. Es werden auch schon Tiere behandelt, die mit dem Erreger infiziert sind, aber noch nicht klinisch erkrankt sind. So werden auch ökonomische Verluste und die Therapiedauer minimiert.
Grafik 5: Gewünschter Verlauf der Behandlung: Die Zahl der subklinisch und klinisch erkrankten Tiere nimmt unter der Behandlung deutlich ab. Es treten nur wenige Todesfälle auf.
Quellen:
(1) Wiedemann, Bernd, Prof. Dr., Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Bonn;
„Zündstoff Antiotika-Resistenz“ – eine Initiative stellt sich vor;
Pressekonferenz vom 28.09.01
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