EFSA-Experten: Föten empfinden bei der Schlachtung keine Schmerzen
Parma (aho) – Das Gremium der EFSA für Tiergesundheit und Tierschutz untersuche Fragen rund um die Schlachtung von trächtigen Nutztieren in Europa. Die Experten bewerteten zunächst, ob und wann Föten verschiedener Nutztierarten Schmerzen empfinden. Die Wissenschaftler waren sich einig, dass dies in den ersten zwei Dritteln der Tragezeit nicht der Fall ist, da sich die entsprechenden physischen und neurologischen Strukturen erst im späteren Verlauf der Trächtigkeit entwickeln.
Die Experten nahmen auch eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit vor, dass Föten während des letzten Drittels der Tragezeit Schmerzen empfinden. SDas wahrscheinlichste Szenario ist nach dem Urteil der Experten, dass Tiere während des letzten Trächtigkeitsdrittels keine Schmerzen empfinden. Zurückzuführen ist dies hauptsächlich auf neuronale Mechanismen im Gehirn, die das Schmerzempfinden hemmen; einen niedrigen Sauerstoffgehalt im fetalen System; sowie den Umstand, dass die Föten sich für einen Großteil der Trächtigkeit in einem Schlafzustand befinden.
Zahlen
Dem Urteil von EFSA-Experten zufolge werden in der EU im Schnitt 3% der Milchkühe, 1,5% der Fleischrinder, 0,5% der Schweine, 0,8% der Schafe und 0,2% der Ziegen während des letzten Drittels der Tragezeit geschlachtet. Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben – von Landwirten, denen nicht bewusst ist, dass die Tiere trächtig sind, über Erwägungen im Zusammenhang mit Tiergesundheit und Tierschutz bis hin zu wirtschaftlichen Gründen.
In dem Gutachten werden praktische Maßnahmen vorgeschlagen, um die Schlachtzahlen tragender Tiere zu verringern.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse finden Sie hier (PDF).
Anm. d. Redaktion
Während Laienmedien, Tierschützer und Politiker aufgeregt das „qualvolle Ersticken“ von ungeborenen Kälbern (Feten) bei der Schlachtung von tragenden Kühe beklagen und plakativ nach sofortigen Gesetzesänderungen rufen, wird die Fragestellung in Fachkreisen weitaus differenzierter betrachtet.
Autoren aus Human- und Veterinärmedizin weisen darauf hin, dass Feten im Mutterleib durch physiologische biochemische Prozesse in einem schlafähnlichen Zustand gehalten werden, so dass ein bewusstes Empfinden von Schmerzen nicht gegeben ist (3,4,9). Das Empfinden von Schmerzen setzt immer auch ein bewusstes Empfinden voraus (1). Der fetale Kreislauf ist durch einen geringen Sauerstoffgehalt gekennzeichnet. Es zirkulieren Hormone wie Progesteron und plazentale Faktoren, die Aktivitäten wie die Atmung und das „Erwachen“ verhindern (9). Erst die Geburt und das Einsetzen der Atmung mit steigenden Sauerstoffgehalten im Kreislauf leitet ein Erwachen ein (10).
Unumstritten ist, dass auch Feten auf verschiedenen Einwirkung von außen mit Herz- und Kreislaufreaktionen, Exzitationen, einer zerebralen Durchblutung, Glukoseutilisation und einer erhöhten Ausschüttung von Stresshormonen reagieren. (2, 5-8)
(1) Jochems, C. E., J. B. van der Valk, F. R. Stafleu, V. Baumans
The use of fetal bovine serum: ethical or scientific problem?
Altern. Lab. Anim. 2002, 30, 219-27.
2. Abrams, R. M., K. J. Gerhardt
The acoustic environment and physiological responses on the fetus.
J. Perinatol. 2000, 20 31-6.
(3) Mellor, D.J, Diesch, T.J. Gunn, A.J and Bennet, L.
Fetal ‚awareness‘ and ‚pain‘: What precautions should be taken to safeguard fetal welfare during experiments?
Proc. 6th World Congress on Alternatives & Animal Use in the Life Sciences
August 21-25, 2007, Tokyo, Japan
AATEX 14, Special Issue, 79-83
(4) Platt M.W.
Fetal awareness and fetal pain: the emperor’s new clothes.
Arch Dis Child Fetal Neonatal Ed. 2011, 96(4):F236-7.
(5) Houfflin Debarge, V., S. Bresson, S. Jaillard, F. Elbaz, Y. Riou, S. Dalmas, P. Deruelle, A. S.
Ducloy, F. Puech, L. Storme
Development of a new model to investigate the fetal nociceptive pathways.
Fetal Diagn. Ther. 2005, 20, p 415-419.
(6). Huang, W., J. Deprest, C. Missant, M. Van de Velde
Management of fetal pain during invasive fetal procedures. A review.
Acta Anaesthesiol. Belg. 2004, 55, 119-23.
(7) Littleford, J.
Effects on the fetus and newborn of maternal analgesia and anesthesia: a review.
Can. J. Anaesth. 2004, 51, 586-609.
(8) Fisk N. M., R. Gitau, J. M. Teixeira, X. Giannakoulopoulos, A. D. Cameron, V. A. Glover
Effect of direct fetal opioid analgesia on fetal hormonal and hemodynamic stress response to intrauterine needling.
Anesthesiology 2001, 95, 828-35.
(9) Mellor D.J, Gregory N.G.
Responsiveness, behavioural arousal and awareness in fetal and newborn lambs: experimental, practical and therapeutic implications.
N Z Vet J. 2003, 51, 2-13.
(10) Mellor, D.J. and Diesch, T.J.
Birth and hatching: key events in the onset of ‚awareness‘ in lambs and chicks.
N Z Vet J, 2007, 55, 51-60.
One Comment, Comment or Ping
Reply to “EFSA-Experten: Föten empfinden bei der Schlachtung keine Schmerzen”