Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung sinkt – Resistenzlage verbessert
Bundesministerin Klöckner stellt Bericht über die Evaluierung des Antibiotikaminimierungskonzeptes im Kabinett vor
Berlin (ml) – Antibiotikaresistenzen sind in der Human- und Veterinärmedizin ein schwerwiegendes, weltweites Problem. Um der Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen im Bereich der Tierhaltung entgegen zu wirken, wurde in Deutschland im Jahr 2014 mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes ein nationales Antibiotikaminimierungskonzept für Masttiere eingeführt. Mit der 16. AMG-Novelle wurde dieses Konzept nun vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft evaluiert. Die Zahlen umfassen den Zeitraum des zweiten Halbjahres 2014 bis einschließlich 2017. Das Bundeskabinett befasste sich in seiner heutigen Sitzung mit dem Bericht, den Bundesministerin Julia Klöckner vorstellte.
Zentrale Ergebnisse sind:
- Die Gesamtverbrauchsmenge an Antibiotika bei allen sechs Nutzungsarten sank im untersuchten Zeitraum von 298 Tonnen auf 204 Tonnen, sie reduzierte sich damit um 31,6 Prozent.
- Die stärkste Reduktion wurde bei Schweinen erreicht: Mastferkel minus 46 Prozent (von 87,5 t auf 47,2 t); Mastschweine minus 43 Prozent (von 115 t auf 65,2 t).
- Mastputen minus 4 Prozent (von 38,1 t auf 36,7 t); Masthühner minus 1 Prozent (von 29,7 t auf 29,5 t); Mastkälber minus 4 Prozent (von 26 t auf 25 t).
- Bei Mastrindern betrug die errechnete Reduktion minus 76 Prozent. Die absolut eingesetzten Mengen waren mit 1,7 t am Anfang und 0,4 t am Ende des Beobachtungszeitraums insgesamt sehr gering.
- Reserveantibiotika wurden bei Schweinen und Rindern in geringem Umfang eingesetzt (jeweils weniger als 10 Prozent der jeweiligen Verbrauchsmenge). Bei Masthühnern und Mastputen mit einem Anteil von rund 40 Prozent der jeweiligen Verbrauchsmenge.
Hierzu Bundesministerin Julia Klöckner: „Zu viel Antibiotika haben in Ställen und vor allem in Tieren nichts zu suchen! Mein Ministerium arbeitet intensiv an der Reduzierung. Durch unsere Evaluierung haben wir nun erstmals behördliche Zahlen zur Höhe der Anwendung von Antibiotika in der Tiermast bei bestimmten Tierarten, nämlich Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten. Die wichtigste Erkenntnis: Die Resistenzlage insgesamt hat sich verbessert, der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast wurde insgesamt um knapp ein Drittel reduziert. Vor allem die erheblichen Reduktionen bei Mastschweinen und Mastferkeln zeigen: Unser innovatives System zur Antibiotikaminimierung funktioniert.“
Deutlich geringer, so geht es aus dem Bericht hervor, sind die Verbrauchsmengen von Antibiotika bei Masthühnern und Mastputen zurückgegangen. Auch der Umfang des Einsatzes so genannter Reserveantibiotika, also Antibiotika, die in erster Linie der Behandlung bestimmter Infektionskrankheiten beim Menschen dienen, ist zu hoch bei diesen Nutzungsarten. Sie beträgt fast 40 Prozent des Gesamtverbrauchs.
Julia Klöckner: „Der hohe Anteil an Reserveantibiotika ist nicht akzeptabel. Denn die hochwirksamen Reserveantibiotika sollen nur im Notfall und nur nach sorgfältiger Abwägung eingesetzt werden, damit sich keine Resistenzen durch den regelmäßigen Gebrauch ausbilden. Die Branche steht hier in der Pflicht, zu handeln. Das werden wir überprüfen. Wir erwarten auch von der Branche selbst konkrete Vorschläge und Aktivitäten, um für eine dauerhafte Verbesserung der Situation in ihren Betrieben zu sorgen. Andernfalls werden wir gesetzgeberisch tätig werden.“ Die Ministerin kündigte in diesem Zusammenhang an, Vertreter der Branche zeitnah zu einem Gespräch in ihr Ministerium einzuladen.
Der Evaluierungsbericht wird zeitnah auf die Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eingestellt.
Hintergrund:
Mit dem Sechzehnten Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (16.AMG-Novelle), das am 1. April 2014 in Kraft getreten ist, wurde in Deutschland erstmals ein System zur flächendeckenden Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung bei bestimmten Masttieren (den sechs Nutzungsarten Mastferkel, Mastschweine, Mastkälber, Mastrinder, Masthühner und Mastputen) etabliert. Kernelement dieses Antibiotikaminimierungskonzeptes sind die Verpflichtungen der Halter zur Mitteilung über den Antibiotikaeinsatz in ihrem Tierbestand, die Berechnung der betrieblichen Therapiehäufigkeit durch die zuständigen Behörden und die Verpflichtung des Tierhalters zum Ergreifen von Maßnahmen zur Anwendungsreduktion von Antibiotika, sofern seine betriebliche Therapiehäufigkeit eine bestimmte Kennzahl überschreitet. Nach den Vorschriften des AMG hat das BMEL die Wirksamkeit der Minimierungsmaßnahmen fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen überprüft und legt dem Deutschen Bundestag hierzu einen Bericht vor.
Der Bericht wurde vom BMEL in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erstellt. Schwerpunkt des Berichts ist die Auswertung von rd. 2,27 Mio. Datensätzen der Länder, die diese im Zeitraum vom zweiten Halbjahr 2014 bis zum zweiten Halbjahr 2017 im Rahmen des Vollzugs der 16. AMG-Novelle erhoben haben, und die Bewertung dieser Ergebnisse.
Bundesministerin Klöckner hat dafür gesorgt, dass der Umgang mit Antibiotika in Tierbeständen auch im Rahmen der G20-Agrarministertreffen auf der Tagesordnung bleibt. Ziel ist es, weltweit den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren und sich nur auf den kurativen Einsatz zu beschränken. Das heißt, unbedingter Verzicht auf den Antibiotikaeinsatz zur Wachstumsförderung oder zur Prophylaxe in Tierbeständen.
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