Langsam wachsende Masthühner schnitten besser ab
Ergebnisse des Interreg V „Food Pro-tec-ts“-Programms zur Gesundheit der Broiler vorgestellt
Kreis Borken (PM) – In der Schönstatt-Au in Borken präsentierten jetzt Dr. Maike Eismann, Kreisveterinärrätin, und Dr. Albert Groeneveld, ehemaliger Leiter des Kreisveterinäramtes, die Ergebnisse einer tierärztlichen Vergleichsstudie von langsam (alternative Betriebsform) und schnell wachsenden (konventionelle Betriebsform) Masthühnern. Die vergleichende Untersuchung wurde von 2016 bis 2018 bei 3,8 Millionen Hühnern aus 20 Mastbeständen im Kreis Borken durchgeführt. In zehn Betrieben wurden Tiere mit langsam wachsender und in den anderen zehn Betrieben mit schnell wachsender Genetik gemästet. Das Schlachten der Tiere nach Ende der Mast erfolgte im niederländischen Wehl, wo weitere Befunde erhoben wurden.
Bei der Feierstunde dankte Landrat Dr. Kai Zwicker, den teilnehmenden Tierhalterinnen und Tierhaltern für ihre Unterstützung: „Wir wissen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist“. Alle Projektbeteiligten hätten durch ihr Mitwirken einen wichtigen Implus für die Geflügelproduktion gegeben.
Im Mittelpunkt der Untersuchung, die Dr. Maike Eismann durchführte und als Grundlage für ihre Promotion nutzte, standen Kriterien zur Gesundheit der Tiere, wie zum Beispiel die Häufigkeit von Erkrankungen und der damit verbundene Einsatz von Medikamenten, Tierverluste und Befunde von geschlachteten Tieren. Prof. Dr. Silke Rautenschlein, Direktorin der Klinik für Geflügel der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover, betreute die Studie wissenschaftlich. Das EU-Förderprogramm Interreg V a „Food Pro-tec-ts“ finanzierte mit Unterstützung des Kreises Borken die Forschung.
Während für den deutschen Lebensmittel-Handel fast ausschließlich schnell wachsende Hühner (18 bis 23 Tiere pro Quadratmeter, circa 39 Tage Mastdauer) gemästet werden, verkaufen die niederländischen Lebensmittel-Ketten seit mehr als zwei Jahren nur noch Fleisch von langsam wachsenden Broilern, die zum Teil auch von Mastbetrieben im Kreis Borken mit höheren Haltungsstandards aufgezogen und in die Niederlande geliefert werden. Genauer gibt es in niederländischen Supermärkten drei Tierwohlkennzeichen für langsam wachsende Hähnchen (1. Einstiegssegmentt: 13 bis 16 Tiere pro Quadratmeter, circa 49 Tage Mastdauerund Tageslicht, 2. Kennzeichen „Beter Leven*“: 12 Tiere pro Quadratmeter, 56 Tage Mastdauer und Wintergarten 3. Kennzeichen: „Beter Leven (mit Bio)***: 10 Tiere pro Quadratmeter, 81 Tage Mastdauer und Wiese sowie Bio. Die länderübergreifende Zusammenarbeit ermöglichte die Untersuchung in den Betrieben im Westmünsterland.
Obwohl die langsam wachsenden als auch die schnell wachsenden Hühner gute Ergebnisse erzielten und sich in den meisten Fällen während des Studienzeitraums eine gute Tiergesundheit zeigte, schnitten die langsam wachsenden Hühner bei allen Kriterien besser ab. Allerdings führen die über der gesetzlichen Norm liegenden Haltungsstandards, die schlechtere Futterverwertung und die um mindestens zehn Tage verlängerte Mastdauer zu circa 25 Prozent höheren Preisen im Verkauf.
Sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland kündigten Lebensmittel-Ketten an, das Angebot von langsamwachsenden Masthühnern im Verkauf deutlich zu vergrößern. In den Niederlanden soll es ab Ende 2023 i Supermärkten das Einstiegssegment nicht mehr geben, sondern nur noch Hühnerfleisch von Tieren, die aus Betrieben stammen, die mindestens gemäß der Labelvorschrift „Beter Leven*“ mästen. „Daraus ergibt sich das Problem, dass die Hühnermäster im Kreis Borken, die bislang für die Einstiegsstufe der langsam wachsenden Tiere züchteten, sich entweder auf das Kennzeichen „Beter Leven*“ spezialisieren oder zurück zur konventionellen Mast kehren müssen“, sagte Dr. Albert Groeneveld, der das Projekt während seiner Dienstzeit beim Kreis Borken betreute.
Diese Änderung stelle die Landwirtinnen und Landwirte vor große Herausforderungen, da eine Tierhaltung nach „Beter Leven*“ nur in Verbindung mit einem Stallumbau funktioniere. „Die an unserer Studie teilnehmenden Landwirte sind generell bereit, sich den neuen Labelbedingungen zu stellen, Geld in die Hand zu nehmen und die Ställe um einen Außenklimabereich zu erweitern, aber oft scheitern die Vorhaben insbesondere wegen fehlender Planungssicherheit. Ich habe großes Engagement der Landwirtinnen und Landwirte erfahren sowie Offenheit in allen Fragen rund um eine Verbesserung der Hühnermast. Sie können aber nur das erzeugen, was der Markt verlangt und, was der Verbraucher bereit ist zu bezahlen“, erklärt Dr. Maike Eismann. Dennoch ist sie überzeugt, dass ein weiterer Systemwandel in der Hühnermast möglich ist: „Wir müssen uns nur an unseren Nachbarn orientieren.“
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