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„Glasknochen“-Gen bei Dackeln entdeckt

dackelglasknochen

[Rauhaardackel-Welpe mit Glasknochenkrankheit. Die Beine sind im Vergleich zu gesunden Tieren instabil, insbesondere durch die überstreckbaren Gelenke.
Bild: Institut für Genetik, Universität Bern]

(idw) – Genetiker der Universität Bern haben eine Genmutation gefunden, die
bei Dackeln zur Glasknochenkrankheit führt. Diese schwere Erbkrankheit
weist bei Dackeln und Menschen ähnliche klinische Symptome auf. Daher
könnten Mutationen im betreffenden Gen auch beim Menschen für die
Glasknochenkrankheit verantwortlich sein.

Die Glasknochenkrankheit tritt als Erbkrankheit bei Menschen und
Hunden auf. Sie äussert sich durch extrem zerbrechliche Knochen und
Zähne. Sowohl beim Menschen als auch beim Hund wird sie hauptsächlich
durch Schäden an zwei Genen verursacht, die für die Herstellung von
Kollagen verantwortlich sind.

Kollagen ist das häufigste Protein im menschlichen und tierischen
Körper und verleiht den Knochen ihre Elastizität. Nun wurde bei
Dackeln ein weiteres Gen identifiziert, welches für die korrekte
Bildung von Kollagen benötigt wird. Ein Defekt dieses Gens führt bei
den Tieren zur Glasknochenkrankheit. Dies hat ein internationales
Forscherteam um Prof. Dr. Tosso Leeb vom Institut für Genetik der
Universität Bern herausgefunden. Da bei Hunden und Menschen die
Krankheit sehr ähnlich verläuft, könnten Mutationen in dem neu
entdeckten Gen auch beim Menschen ein Auslöser sein. Die Resultate der
Studie werden nun im Fachjournal „PLoS Genetics“ publiziert.

Beschädigte Protein-„Anstandsdamen“

Proteine wie das Kollagen müssen sich erst zu einer spezifischen
Struktur falten, um ihre Funktion wahrnehmen zu können. Helfer-
Proteine, sogenannte Chaperone (engl. Anstandsdamen), unterstützen sie
dabei. Ihre Bezeichnung rührt daher, dass Chaperone das unreife
Protein vor schädlichen Einflüssen schützen. Je komplexer die Struktur
eines Proteins, desto höher die Gefahr einer unkorrekten Faltung und
somit einer Fehlfunktion. Weisen nun die Chaperone des Kollagens
selber Defekte auf oder fehlen sie ganz, wird das Kollagen nicht
fertig ausgebildet, worauf die Knochen brüchig werden. Genau eine
solche Ursache für defekte Kollagen-„Anstandsdamen“ haben die
Forscherinnen und Forscher nun entdeckt: Eine Suche nach
Auffälligkeiten in den Genen von fünf Dackeln mit schwerer
Glasknochenkrankheit ergab, dass alle im selben Gen eine Mutation
aufwiesen – was zur Folge hat, dass ein bestimmtes Helfer-Protein für
Kollagen nur verkümmert ausgebildet wird.

Haustierforschung statt Tierversuche

Die besonderen Familienstrukturen von Rassehunden mit grossen Würfen
und präzise dokumentierten Verwandtschaftsverhältnissen über viele
Generationen erleichtern die Suche nach krankheitsauslösenden
Mutationen. „Das funktioniert in der Tat bei Hunden besser als bei
Menschen“, erklärt Tosso Leeb vom Institut für Genetik. „Die Resultate
sind ein eindrückliches Beispiel, wie die Forschung an Haustieren –
ohne belastende Tierversuche – wichtige Erkenntnisse zum Wohle von
Menschen und Tieren liefern kann.“ Laut den Forscherinnen und
Forschern bedeute das neu entdeckte Gen für die Dackel, dass man die
Tiere nun testen und die Zucht weiterer betroffener Dackel vermeiden
kann.

„Bei menschlichen Patienten, bei denen bisher keine Mutationen in den
bekannten Kollagen-Genen gefunden wurden, könnten Mutationen in diesem
Gen der Auslöser für die Glasknochenkrankheit sein“, so Leeb. Dies
müsse für die Diagnostik und therapeutische Strategie künftig
berücksichtigt werden.

Glasknochenkrankheit

Die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) ist eine seltene
Erbkrankheit, die bei Menschen und Hunden auftritt. Etwa sechs bis
sieben Personen von 100’000 sind weltweit betroffen. Die Ursache liegt
in einer Fehlbildung des Kollagens Typ 1, dem wichtigsten Protein für
den Aufbau und die Elastizität der Knochen. Das Hauptmerkmal der
Krankheit sind daher extrem brüchige Knochen. Die Krankheit wird
manchmal von weiteren Komplikationen begleitet, darunter einer
Blaufärbung der Augen-Lederhaut, Schwerhörigkeit, Kleinwuchs oder
einer defekten Zahnentwicklung.

Bei Hunden müssen die betroffenen Tiere normalerweise eingeschläfert
werden. Beim Menschen gibt es unterschiedlich schwere Formen – mit
tödlichem Ausgang, schwerer Behinderung oder einem leichteren Verlauf.
Die Krankheit wird unter anderem medikamentös behandelt, indem die
Knochendichte erhöht und dadurch die Brüchigkeit vermindert wird.

Quellen
Cord Drögemüller, Doreen Becker, Adrian Brunner, Bianca Haase, Patrick
Kircher, Frank Seeliger, Michael Fehr, Ulrich Baumann, Kerstin
Lindblad-Toh, Tosso Leeb: A missense mutation in the SERPINH1 gene in
Dachshunds with osteogenesis imperfecta, PLoS Genetics, 24. Juli 2009,
in print.

Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung
Universität Bern, lic. phil. Nathalie Matter, 24.07.2009

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