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Fachgesellschaften übernehmen unkritisch Fehlinformationen über Fette von Industrie-gesponserter Tagung

(ugo) – Das Thema Fett ist aktueller denn je. Erst kürzlich erschienen zwei große, detaillierte Auswertungen über den Zusammenhang zwischen verschiedenen Fetten bzw. fetthaltigen Lebensmitteln und verschiedenen Gesundheitsfragen. Für Kenner der Literatur nicht verwunderlich zeigte sich, dass die Fette – auch die tierischen und die gesättigten – endlich offiziell rehabilitiert gehören. So ergab eine detaillierte Analyse durch Experten der Weltgesundheits-Organisation WHO und der Agrar-Organisation FAO, dass gesättigte Fettsäuren kein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere Todesursachen bergen. Es zeigte sich auch, dass weder ungesättigte Fettsäuren noch eine fettarme Kost die Sterblichkeit senken (Skeaff 2009). Mit anderen Worten: Wer sich die Butter verkneift, lebt nicht einen Tag länger!

Auch die größte je durchgeführte Analyse zum Einfluss von tierischen Lebensmitteln auf das Risiko einer Koronaren Herzkrankheit fand, dass weder gesättigte noch ungesättigte Fettsäuren einen Einfluss haben. Auch beim Verzehr von Eiern, Milch und Fleisch war kein Risiko zu erkennen (Mente 2009).

Solche Nachrichten dürften der Margarine-Industrie nicht sehr gefallen. Jedenfalls finanzierte Unilever Anfang Februar eine internationale Tagung in Barcelona. Die dort versammelten handverlesenen „Experten“ kamen nach Prüfung der selben Daten überraschend zum Schluss, dass es doch „ungünstige“ Fett gäbe und dass durch einfache Änderungen der Auswahl – pflanzliche Fette anstelle von tierischen Fetten – sich ein erheblicher gesundheitlicher Nutzen erreichen ließe. Soweit die Sichtweise der von Unilever besonders geschätzten Experten.

Die PR-Arbeit zu diesem „Experten-Event“ kam von der weltweit agierenden Agentur Edelmann – und die hat wohl ganze Arbeit geleistet. Denn kurz darauf wurden in 20 Ländern nationale Treffen anberaumten. So trafen sich denn auch zehn deutsche „Experten“ unter der Obhut der Deutschen Gesllschaft für Ernährungsmedizin DGEM – wiederum mit freundlicher Unterstützung von Unilever. Sie kamen wortwörtlich zu den selben Schlussfolgerungen – welche Ãœberraschung. Ãœber diesen wichtigen nationalen Event unterrichtete die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE in ihrem Organ Ernährungsumschau. Dort folgte man nicht nur den Schlussfolgerungen unkritisch, sondern auch dem Wunsch von Unilever, nicht als Sponsor genannt zu werden.

Nun meldete der Auswertungs- und Informationsdienst AID aus Bonn in einer Pressemeldung vom 21.9.09 unter anderem folgendes: „Als gesund gelten Fette, die reich an ungesättigten Fettsäuren sind. … Kokos- und Palmkernfett enthalten beispielsweise rund 80 Prozent gesättigte Fettsäuren. Sie sind daher fest und nicht zu empfehlen.“

Kokosfett enthält über 90 Prozent gesättigte Fettsäuren – doch warum soll es nicht empfehlenswert sein? Immerhin hatte die Analyse der wissenschaftlichen Daten ja ergeben, dass kein Zusammenhang zwischen gesättigten Fetten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen besteht. Zudem essen die Bewohner der Südsee seit Generationen Kokosfett und werden dadrch nicht krank.

Und jetzt das Highlight vom AID, einer Organisation, die immerhin viele Verbraucher berät und mit Steuergeldern unterstützt wird: „Tierische Lebensmittel – mit Ausnahme von Fisch – enthalten vor allem gesättigte Fettsäuren. Das betrifft reine Fette wie Butter, Gänse- oder Schweineschmalz genauso wie die versteckten Fette in Milch, Rindersteak, Hähnchenkeule & Co.“
Das ist Hanebüchen – ein Blick in eine beliebige Nährwerttabelle zeigt, dass Schweinefett auf etwa 60 % ungesättigte Fettsäuren kommt. Bei Geflügelfett sind es etwa 70 % ungesättigte, beim Rind rund 50 % ungesättigte. Nur beim Milchfett überwiegen die gesättigten Fettsäuren, wobei ein Großteil davon kurzkettige Fettsäuren sind, die den Fettstoffwechsel nicht beeinflussen.

Die Ökotrophologin Ulrike Gonder kommentiert:

Ich schließe mich gerne meinem Kollegen Nicolai Worm an, der dazu schreibt: So kümmert sich die Margarine-Industrie schon seit 40 Jahren selbstlos um die Ernährungslehre – aber selten so unbekümmert wie heute. Es stört ja niemanden. Erfahrungsgemäß sind DGE und aid bei diesen Aufklärungskampagnen gerne dabei. Schließlich ist die DGE „der Wissenschaft verpflichtet“ undfördert „wissenschaftlich fundierte und unabhängige Ernährungsaufklärung und Qualitätssicherung“. Und der AID informiert nach eigener Ausage ebenfalls „kompetent, objektiv, fundiert und unabhängig auf gesicherter wissenschaftlicher Basis“.

Arme Verbraucher, kann ich da nur sagen – lasst Euch bitte nicht die Butter vom Brot nehmen!

Besuchen Sie auch den Internetauftritt der Ökotrophologin Ulrike Gonder.

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