Edler Matjes oder Schwindel mit Fisch
Recklinghausen (LNUV) – Statt echtem Matjes servieren Restaurants und Imbissbetriebe manchmal die billigere Austauschvariante der matjesähnlichen Erzeugnisse. Stichproben, die LANUV-Mitarbeiter im Rahmen einer Fachtagung im vergangenen Jahr durchgeführt haben, zeigten, dass häufig kein echter Matjes angeboten wird. Fehlt dann noch die korrekte Deklaration als „matjesähnlich“, erfüllen solche Angebote den Tatbestand der Irreführung oder Verbrauchertäuschung.
Eindeutiges Identitäts- und Qualitätsmerkmal des echten Matjes ist die rot-braune Verfärbungslinie entlang der Mittelgräte. Bei Austausch- und Ersatzprodukten, wie Matjes „nordischer Art“ und Matjes „schwedischer“ oder „friesischer Art“ und ähnlichen Erzeugnissen, fehlt die rot-braune Verfärbung gänzlich.
Die traditionelle Herstellungsmethode ist kostenintensiv und erfordert aufwendige Handarbeit. Sie umfasst die Entfernung der Eingeweide durch Kehlschnitt, während Anteile von Darm, Niere und der Bauchspeicheldrüse im Fisch verbleiben. Die verbleibenden Gewebsanteile sind zwingend erforderlich für die Herstellung von echten Matjes. Im Fisch bewirken sie eine Aufspaltung des Fischeiweißes durch die Enzyme der Bauchspeicheldrüse, die sogenannte Reifung tritt ein. Die Textur des Fischfleisches wird zart, es bildet sich der typisch milde Geschmack. Im Anschluss werden die Fische mit Lake gesalzen und für ungefähr fünf Tage in Eichenfässer eingelagert. Die beginnende Fermentation und die verbliebenen Organteile bilden die typische rot-bräunliche Verfärbungslinie entlang der Mittelgräte, die nur beim echten Matjes zu sehen ist.
Zur Herstellung matjesähnlicher Produkte wird die enzymatische Reifung durch chemische Konservierungsmittel und Geschmacksverstärker vorgetäuscht, oft erfolgt eine Färbung mit natürlichen Farbstoffen, was zu einer rosa bis weißlich-braunen Durchfärbung des gesamten Filets führt. Diese kostengünstige Produktionsmethode hat mit der traditionellen Herstellung von echten Matjes nichts zu tun. Oft werden hier ältere Tiere verwendet, die eher säuerlich-ölige Produkte hervorbringen. Für echte Matjes aber braucht es junge Fische vor Erreichen der Geschlechtsreife, die nur in wenigen Wochen im Frühsommer gefangen werden können.
Der Begriff „Matjes“ leitet sich von der holländischen Bezeichnung für Mädchen ab und beschreibt die geschlechtliche Unreife jungfräulicher Fische. Der traditionelle Herstellungsprozess geht auf das Haltbarmachen mit Salz zurück. Er entstand bereits im Mittelalter in den Niederlanden und verbreitete sich später territorial über ganz Nordeuropa. Der Salzgehalt von niederländischen Matjes ist niedriger und unterscheidet sich von deutschen Matjesprodukten deutlich. Bei mildgesalzenen deutschen Erzeugnissen liegt der Salzgehalt bei 6-20 Prozent im Fischgewebswasser. Es werden frische oder tiefgefrorene Heringe mit noch nicht ausgebildeten Laichprodukten wie Milch und Rogen verwendet. Aufgrund der bevorstehenden auszehrenden Fortpflanzung verfügen die von Mai bis Juli gefangenen Fische über einen besonders hohen Fettanteil von 12-30 Prozent. Ernährungsphysiologisch bedeutsam ist der hohe Anteil an Omega-3-Fettsäuren.
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