Ebermast & Eberimpfung
Der Einstieg in den Ausstiegaus der Ferkelkastration
Ausstieg aus der Kastration bis 2018
Lösungen dringend gefragt!
Der Leiter der Arbeitsgruppe zum Thema Schweine des Instituts für Tierhaltung und Tierschutz an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Ass.Prof. Dr.med.vet. Johannes Baumgartner, erklärt in diesem Interview, was die Wissenschaft zur betäubungslosen Kastration von Ferkeln sagt.
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bis 25
Millionen männliche Ferkel werden in Deutschland jährlich ohne
Betäubung chirurgisch
kastriert. Grund für die Kastration ist, dass einige Eber vor der
hierzulande üblichen Schlachtreife
den sogenannten „Ebergeruch“ entwickeln würden. Etwa 75 Prozent der
Menschen können diesen Ebergeruch bei der Zubereitung und beim Verzehr
von Schweinefleisch wahrnehmen. Im Jahr 2008 hatten sich der Deutsche Bauernverband (DBV), der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) und der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in der sogenannten „Düsseldorfer Erklärung“ für ein gemeinsames Vorgehen ausgesprochen. |
- Es wurde die beschleunigte Entwicklung eines alternativen Verfahrens zur traditionellen Kastrationsmethode, das in Deutschland flächendeckend angewendet werden kann, gefordert.
- Bis dahin sollte die Ferkelkastration in Verbindung mit einem schmerzstillenden Mittel durchgeführt werden..
Auf europäischer Ebene soll nach der
"European Declaration on alternatives to surgical castration of pigs"
die chirurgische Kastration bei Schweinen bis zum 1. Januar 2018 eingestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt muss Eberfleisch von konstanter Qualität und mit hoher Versorgungssicherheit angeboten werden, welches vom Verbraucher problemlos akzeptiert wird. Dabei ist zu bedenken, dass von einem Schwein je nach Berechnungsmethode 450 – 650 Konsumenten essen.
Welche Lösungen sind möglich?

Prof. Dr. Wolfgang Branscheid vom Kulmbacher Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch - Max Rubner-Institut wird wie folgt zitiert: "Wenn in unbegründet optimistischen Schätzungen nur 10 Prozent dieser Eber eine gravierende Qualitätsabweichung aufweisen, wären dies immerhin rund 2 Millionen Schweine oder rund 200.000 Tonnen Schweinefleisch, das nicht mehr dem Verbraucher angeboten werden kann."
Eine Untersuchung der Universität Bonn im Rahmen des Ebermast-Projektes EN-Z-EMA kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil geruchsbelasteter Eber bei 38 % liegt (1). Skatol und Androstenon sind für diesen Anteil in nahezu gleicher Weise verantwortlich Der Anteil nur durch Androstenon auffallender TIere beträgt 14,8 %. Der Anteil Eber, die nur wegen Skatol auffällig sind, liegt bei 15,5 % (1).
Alters- oder Gewichtsgrenzen keine Garantie!

Weitaus geringere Zahlen werden aus der Schlachtbranche gemeldet. Hier werden Zahlen zwischen 6 und 3 % veröffentlicht (2).
Medienecho: "Gestank fein maskiert"
Das Nachrichtenmagazin FOCUS befragte einen leitenden Mitarbeiter aus der Schlachtindustrie. Unter dem Titel „Gestank fein maskiert“ erfährt der Leser:"Niemals
gerate dabei Stinkefleisch
in den Handel, beteuert Wilhelm Jäger von Tönnies in
Rheda-Wiedenbrück. Sein Unternehmen, das 27.000 Eber pro Woche
verarbeite, beschäftige neuerdings Geruchskontrolleure, die an den
Haken stehen, schnuppern und aussortieren. Den Tauglichkeitsstempel
geben zwar, wie vorgeschrieben, Amtsveterinäre, aber Jäger weiß:
Weniger als drei Prozent der Tiere sind olfaktorisch so auffallend,
dass sie „vernichtet“ werden und „in die Tierkörperverwertung“
kommen.
Zwischen tauglich und untauglich existiert bei Tönnies
aber noch eine dritte Kategorie. Laut Jäger fallen in diese „drei
bis fünf Prozent“ des Fleisches. …... Diese Kategorie weist
Geschlechtsgeruch auf, wenn auch „nicht ausgeprägten“, so Jäger
gegenüber FOCUS. „Diese Ware sondern wir ab und nehmen sie in
Produkte, die gepökelt, gesalzen oder sonstwie behandelt werden.“ (5)
Einzelne
Schlachtbetriebe behaupten, keine "Stinker" zu haben.
Geschützte Ebermast

Der Effekt hält etwa sechs bis acht Wochen an. Da die gebildeten Antikörper mit der Zeit abgebaut werden, steigt das Geruchsrisiko dann wieder. Die zweite Impfung sollte daher ungefähr vier bis sechs Wochen vor dem Schlachttermin stattfinden, damit das Fleisch der Tiere sicher geruchsfrei bleibt.
Die Wirksamkeit der Eberimpfung konnte anhand von Androstenonbestimmungen, sensorischen Überprüfung der Schlachtkörper sowie Veränderung der Hodengröße und des Verhaltens bestätigt werden (3).
Quellen und Literatur
(1) Zwei von drei Ebern stinken nicht, SUS 2/2011, S. 52
(2) Heimig D; Eber auf dem Prüfstand. ProAgrar; 12 Nord März 2011, S. 1 – 2
(3) Hügel, T., Überprüfung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Impfung gegen Ebergeruch im Feldversuch; Dissertation, Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (2010) (4) Adam, F; C. Schulze-Langenhorst; L. Bütfering, LWK Nordrhein-Westfalen
Düsser Ergebnisse zur Ebermast; Onlinepublikation; 26.10.2009 .
(5) Mayer,K M; REPORT: Gestank, fein maskiert
FOCUS Magazin | Nr. 41 (2011).

Impressum
© Copyright Dr. Manfred Stein, 2011 / eine Webseite der animal-health-online.de-Gruppe
Zunehmend kritische Pressestimmen

aus Die Welt online vom 5.11.11
„Die Foltermethoden in deutschen Schweineställen
Wer heute eine Scheibe Fleischwurst auf dem Brötchen hat, kann ziemlich sicher sein: Dem Schwein, aus dem sie gemacht ist, wurden im Alter von vier Tagen ohne Betäubung die Hoden abgeschnitten, damit sein Fleisch später schmeckt.“

Tierschutzgesetz
Männliche Ferkel - außer Binneneber oder Bruchferkel - dürfen nach den geltenden Vorschriften bis zum 7. Lebenstag ohne Betäubung kastriert werden (§ 6 Abs 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Nr. 1a des Tierschutzgesetzes - TierSchG). Dabei sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern (§ 5 Abs. 1 Satz 4 TierSchG). Als Schmerzmittel zur postoperative Schmerzlinderung eignen sich sogenannte "nichtsteroidale Antiphlogistika" mit den Wirkstoffen Meloxicam oder Flunixin.Tierschutzgesetz (PDF)
Belgien: Supermarktketten Colruyt und OKay entscheiden sich für Schweinefleisch aus Eberimpfung (02.07.2010)

Die Umstellung auf das Fleisch geimpfter Tiere soll bis Ende 2010 vollzogen sein. Die die Produktionskette zuliefernden Ferkelerzeuger haben laut Mitteilung der Unternehmensgruppe bereits die Kastration eingestellt. Im September sollen dann die Impfungen in den Mastbeständen anlaufen.
Rechtslage
VO (EG) Nr. 854/2004; Anh. I, Abschn. II, Kap. V, Nr. 1 p)„Fleisch ist für genussuntauglich zu erklären, wenn es sich um Fleisch mit …organoleptischen Anomalien, insbesondere ausgeprägtem Geschlechtsgeruch, handelt“.
