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Ileitis: Krankheitsbild und Pathologie

von Dr. Manfred Stein, 22.08.2004

unter Verwendung von wissenschaftlichem Material von Dr. Steve McOrist, Dr. Torsten Hardge, Dr. Volker Ohlinger, Prof. Dr. Joachim Pohlenz, Harm Voets DVM, Don Walter DVM

Die unter den Bezeichnungen Ileitis, porzine proliferative Enteropathien (PPE) oder Adenomatose-Komplex bekannte Darmerkrankung der Schweine wurde bereits im Jahre 1931 beschrieben. Aber erst 1993 wurde das Bakterium Lawsonia intracellularis (L. intracellularis) als Verursacher identifiziert. Die Ileitis wird deutlich häufiger diagnostiziert, seit in immer mehr Betrieben auf den Einsatz antibiotischer Leistungsförderer verzichtet wird (19). Die Erkrankung kann bei gnotobiotischen (steril aufgezogenen Ferkeln) nicht reproduziert werden, so dass die Beteiligung anderer Bakterien (Kommensalen) wahrscheinlich ist (2, 3). Lawsonia intracellularis ist in der Lage, alle bekannten Formen der prozinen proliferativen Enteropathie auszulösen. In einem Versuch wurde Darmschleimhaut (Mukosa) von chronisch erkrankten Schweinen an gesunde Schweine unterschiedlichster Altersklassen verfüttert. Die so infizierten Schweine entwickelten alle Verlaufsformen der proliferativen Enteropathie (12). In den meisten Fällen von unkomplizierter Ileitis tritt eine spontane Heilung nach 4 bis 10 Wochen ein, so dass trotz der Veränderungen im Darm das Mastendgewicht erreicht werden kann. Der zeitweilige Rückgang der täglichen Tageszunahme und die sich hieraus ergebende längere Mastdauer verursacht jedoch erhebliche Mehrkosten (7, 8, 13). Die Tageszunahmen können um 6 - 25 % reduziert und der Futteraufwand im Durchschnitt bis zu 25 % höher sein (9). Die Mehrkosten pro Mastschwein werden mit etwa 10 US$ angegeben. Die Zahl der betroffenen schweinehaltenden Betriebe nimmt stetig zu (4 - 6). Da die klinischen Erscheinungen dieser Erkrankung recht unspezifisch (18) und häufig wenig dramatisch sind, kann die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung aber nur unzureichend beurteilt werden. Die Ileitis zählt deshalb mittlerweile zu den weltweit wirtschaftlich bedeutendsten Darminfektionen des Schweines.

Subklinisch - akut - chronisch

In Schweine haltenden Betrieben werden - neben der subklinischen Form der Ileitis - weltweit zwei klinische Formen der Ileitis sehr häufig beobachtet: Die chronische Ileitis und die akute Ileitis. Obwohl diese Formen eine sehr unterschiedliche klinische Symptomatik aufweisen, werden sie von ein und demselben Erreger hervorgerufen. Im Folgenden werden die Pathologie und die klinische Symptomatik der Erkrankung und ihrer Formen erläutert. Darüber hinaus wird der Verbreitungsmodus (Epidemiologie) beider Formen näher beleuchtet.

Die Erstinfektion findet im Falle der chronischen Verlaufsform meist bei Absatzferkeln beziehungsweise Läuferschweinen im Alter zwischen 6 und 20 Wochen statt. Bei der akuten Ileitis findet die Erstinfektion dagegen bei Schweinen im Alter zwischen 3 und 12 Monaten statt. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 3 Wochen. Die durch Lawsonia intracellularis hervorgerufene Ileitis wird also stets bei Schweinen nach dem Absetzen beobachtet. Die Hauptursachen für Diarrhoen bei neonatalen Saugferkeln sind Bakterien wie Clostridien und enterotoxische E. coli, Parasiten wie Kokkzidien und Viren wie Rotaviren, nicht aber Lawsonia intracellularis.

Bei Schweinen, die älter als zwei Jahre sind, lassen sich Lawsonien eher selten nachweisen. Sie erkranken nicht klinisch. Bei ihnen lassen sich häufig spezifische Antikörper im Serum nachweisen (16). Ähnliches gilt für Schweine nach überstandener Infektion. Man kann deshalb davon ausgehen, dass die Tiere eine Immunität entwickeln (17). Bei einer Infektionen treten sowohl spezifische zellgebundene als auch humorale Antikörper auf (14, 15).

Schweine, die erst in fortgeschrittenem Alter erstmals mit Lawsonia intracellularis in Kontakt kommen, können eine verstärkte klinische Symptomatik entwickeln. Die akute hämorrhagische Form tritt im Allgemeinen dann auf, wenn naive Schweine im Alter von etwa 12 Wochen oder älter eine hohe orale Infektionsdosis aufnehmen. Subklinische oder chronische Formen entwickeln sich dagegen in der Regel dann, wenn jüngere Schweine (jünger als etwa 20 Wochen) eine geringe bis moderate Infektionsdosis oral aufnehmen, auch wenn diese Dosis aus dem Kot von Schweinen mit der akuten Form der Erkrankung stammt. Ähnlich wie andere oral-fäkal übertragene darmpathogene Erreger besitzt Lawsonia intracellularis eine sehr hohe Infektiosität, d.h. nur einige wenige Bakterien reichen aus, um die Erkrankung bei einem Schwein auszulösen. Unter optimalen Bedingungen kann der Erreger im Kot längere Zeiträume überdauern (meist etwa zwei Wochen).

Pathologische Differenzierung unterschiedlicher Formen der Infektion durch Lawsonia intracellularis

Chronische Ileitis

Die pathologischen Veränderungen der chronischen Ileitis entstehen im Übergangsbereich vom Dünndarm zum Dickdarm (1). Betroffen sind meist der Endabschnitt des Dünndarms, etwa im Bereich der terminalen 50 Zentimeter des Ileums (Foto 4.1.1 a), und das obere Drittel des proximalen Dickdarms einschließlich Blinddarm. Das Ausmaß der proliferativen Veränderungen variiert sehr stark, aber bei weiter fortgeschrittenen Läsionen ist die Darmwand sichtbar verdickt, und der Gesamtdurchmesser des Darms erscheint deutlich erweitert. Die betroffene Schleimhaut liegt in tiefen, hirnwindungsartigen Längs- und Querfalten (Foto 4.1.1 b). Aufgrund der proliferativen Verdickung der Schleimhautfalten wird diese Form der Ileitis auch als Porzine Intestinale Adenomatose (PIA) bezeichnet. Die Schleimhaut ist feucht, aber nicht schleimig. An ihrer Oberfläche befinden sich Areale mit locker anhaftendem, entzündlichem Exsudat mit Fibrinbeimengungen. Besondere Sorgfalt verlangt die differenzialdiagnostische Unterscheidung zwischen geringfügigeren Läsionen und postmortal kontrahierter Schleimhaut über den Peyerschen Platten.

Foto 4.1.1 a: Hochgradig verdickte Ileumwand mit gestauten Lymphgefäßen und vergrößerten mesenterialen Lymphknoten bei einem Mastschwein mit Lawsonia intracellularis-Infektion.

Foto 4.1.1 b: Hochgradiges Serosaödem (oberer Teil des Fotos). Ausgeprägte Verdickung der ilealen Schleimhaut mit Vorwölbung proliferierter Längs- und Querfalten (unteres Foto eines eröffneten Ileumabschnitts).

Foto 4.1.1 c: Frühstadium einer Lawsonia-intracellularis-Infektion im distalen Ileum. Proliferierende Längs- und Querfalten der Schleimhaut ragen in das Lumen hinein. Die diffus hyperämische Schleimhaut wird von einem gräulichen Exsudat überzogen.

Bei einigen Schweinen mit Ileitis kann sich eine hochgradigere Form entwickeln, bei der es zu einer sekundären Infektion mit Fusobacterium necrophorum, Actinomyces spp. oder Bacteroides spp. kommt. Die nekrotisierende Entzündung entsteht in solchen Fällen zusätzlich zu den chronisch proliferativen Veränderungen der Ileitis und überlagert diese. Diese Form der Erkrankung wird als Nekrotisierende (Proliferative) Enteritis (NE) bezeichnet (Foto. 4.1.1 d).

Foto 4.1.1 d:

Zwei Längsschnitte, ein Querschnitt und ein ungeöffneter Ileumabschnitt mit fortgeschrittener, hochgradiger NE. Das Lumen ist mit nekrotischem Material gefüllt, die Darmschleimhaut ist verdickt und weist eingestreute Schleimhautzysten auf.

Bei der Sektion dieser Patienten fällt eine Koagulationsnekrose mit umfangreichem entzündlichem Exsudat auf, welches die zugrunde liegenden Veränderungen der Ileitis maskiert. Durch das Absterben großer Schleimhautbezirke des Darms entstehen extreme Kümmerer, die aber keinen blutigen Durchfall zeigen und nur selten sterben. Das Exsudat besteht aus einer gelb-grauen, käsigen Masse, die fest an der Schleimhaut haftet und dem ursprünglichen, verdickten Schleimhautmuster eng anliegend folgt. Reste proliferierten Epithels in den tiefen Schichten bestätigen die Diagnose einer Nekrotisierenden Enteritis in Verbindung mit einer zugrunde liegenden Ileitis. Bei einigen wenigen Schweinen mit Ileitis wird die Ileumwand derb und fibrotisch, häufig jedoch atrophiert die Schleimhaut in diesen Fällen. Unter dem Mikroskop sind Fibrinablagerungen und degenerierte Entzündungszellen zu erkennen. In den tieferen Schichten sieht man Reste des proliferierten Epithels. Bei länger andauernden Erkrankung überwiegt Granulationsgewebe. Aufgrund der Fibrose in der Darmwand wird diese Form auch als Regionale Ileitis (RI) oder "garden hose gut" ("Gartenschlauchdarm") bezeichnet, sie ist insgesamt heute jedoch extrem selten geworden (11).

Akute Ileitis

Diese akute Porzine Hämorrhagische Enteritis (PHE) betrifft ältere Tieren im Alter von 4 bis 12 Monaten (Mastschweine und Jungsauen). Es kommt zu massiven, kapillären Blutungen in das Darmlumen, plötzlichen Todesfällen bis 5 %, Blutarmut (Blässe) und Fressunlust. Der Kot ist zunächst blutig-hellrot oder übelriechend wäßrig-schwarz / teerartig. Manche Tiere sterben ohne veränderten Kot. Sie sind nur auffallend blaß. Etwa 50 % der anämischen Tiere stirbt. Überlebende Schweine können sich in relativ kurzer Zeit wieder erholen (10). Tragende Sauen verferkeln oft innerhalb der ersten sechs Tage nach dem ersten Auftreten von Krankheitserscheinungen. Die typischen pathologischen Veränderungen der akuten PHE sind ein verdickter, angeschwollener Darm, eine Verdickung der Schleimhaut und ein Serosaödem im terminalen Ileum und proximalen Kolon (Foto 4.2.1 a). Die Oberfläche der Darmschleimhaut weist kaum sichtbare Schäden wie blutende Geschwüre oder Erosionen auf. Diese Befunde ähneln dem Bild einer hochgradigen chronischen Ileitis sehr stark. Eine wichtige zusätzliche Veränderung bei der akuten Form besteht meist darin, dass das Lumen von Ileum und Kolon ein oder mehrere große, geformte Blutkoagula (Blutgerinsel) enthält (Foto 4.1.2.) Diese sind häufig mit blutiger Flüssigkeit, Fibrin oder Futterpartikeln durchsetzt. Das Rektum kann schwarzen, teerartigen, ebenfalls mit Blut und Futterpartikeln durchsetzten, klebrigen Kot enthalten, da das gesamte Dickdarmkonvolut mit Blut angefüllt ist (Foto 4.1.2 b). Einzelne punktförmige Schleimhautblutungen sind sehr ungewöhnlich, Schleimhautulzera eher selten (11).

Foto 4.1.2 a: Serosaödem (oben, rechte Ecke) des Kolons mit ödematös verdickter Darmwand. Ein mit etwas Fibrin durchsetztes Blutkoagulum im Kolonlumen haftet an den unregelmäßig verdickten Kämmen der Schleimhautfalten.

Foto 4.1.2 b: Erweitertes Kolon mit verdickter Darmwand, gefüllt mit einem Blutkoagulum, welches mit Fibrin und Futterpartikeln durchsetzt ist.

Foto 4.1.2 c: Erweiterte, mit Blut gefüllte Kolonschlingen einer Jungsau, die an einer Infektion mit Lawsonia intracellularis starb.

Klinische Symptome der chronischen und akuten Ileitis

Was bedeutet Diarrhöe im Unterschied zu "normalem" Kot?

Kot besteht aus Wasser und Trockensubstanz (unverdautes Futter etc). Eine Diarrhoe entsteht, wenn das erkrankte Schwein pathologische Veränderungen im Darm, insbesondere im Dünndarm, entwickelt, welche die Fähigkeit zur Regulation des Flüssigkeitsgehaltes im Kot beeinträchtigen. Die Folgen sind ein erhöhter Wassergehalt im Darminhalt und eine sichtbare Diarrhoe. Klinisch apparent wird eine Diarrhoe erst dann, wenn die resorptive Kapazität des Dickdarms überfordert ist. Die Kotkonsistenz liefert zuverlässige Anhaltspunkte über den Wasser- und Trockensubstanzgehalt im Kot. Bei einem Trockensubstanzanteil von mehr als 25 % ist der Kot tendenziell fest und geformt, zwischen 20 und 25 % eher breiig bis konsistent und unter 20 % Trockensubstanz wird er zunehmend wässrig, und es bildet sich eine dünnbreiige Diarrhoe.

Wie sieht die Diarrhoe bei einem Schwein mit Ileitis aus?

Erkrankte Schweine entwickeln im Allgemeinen eine moderate Diarrhoe mit ungeformtem, pastösem Kot physiologischer Färbung. In vielen Fällen ist der Kot breiig und erinnert in der Konsistenz an Rinderkot oder nassen Zement. Bei hochgradig erkrankten Schweinen wird der Kot zunehmend wässrig und nimmt eine dünnbreiige Konsistenz an. Unter Umständen enthält der Kot Anteile unverdauten Futters.

Foto 4.2.2 a: Gruppe von Mastläufern mit Diarrhoe, deutlich erkennbar auf dem Spaltenboden.

Die Art des Fütterungssystems - Pellets, Trockenfütterung, Flüssigfütterung etc. - und die Futterzusammensetzung - Weizen, Gerste, Mais, Soja, Fischmehl etc. - scheinen keinen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Ileitis zu haben. Auch eine Futterumstellung hat keine Auswirkungen auf die Erkrankung. Zu beachten ist das Fehlen von Blut oder zähem, grauem Schleim in der Diarrhoe von Schweinen bei der chronischen Form der Ileitis. Treten Blut und Schleim auf, hängen sie mit der akuten Form der Porzinen Proliferativen Enteropathie (siehe unten) zusammen oder mit anderen Erkrankungen wie z.B. der Schweinedysenterie.

Foto 4.2.2 b: Kotkonsistenz eines Schweins mit moderater Ileitis: Ungeformter, breiiger Kot, ähnlich wie Rinderkot, ohne Blut- oder Schleimbeimengungen.

Foto 4.2.2 c: Kotkonsistenz eines Schweins mit hochgradiger Ileitis: Die Diarrhoe kann in schweren Fällen zunehmend dünnbreiig und wässrig werden. Der Kot enthält geringe Mengen an Futterpartikeln, da die Erkrankung zu einer schlechteren Verdauung des Futters im Darm führt.

Bei Ileitis ist die Form der Diarrhoe relativ typisch. Im Vergleich hierzu ist eine Diarrhoe infolge einer Infektion durch E. coli sehr viel wässriger, eher gelb und tritt bei Schweinen in der Regel 1 bis 2 Wochen nach dem Absetzen auf. Diarrhoe infolge einer Schweinedysenterie und bei Infektionen durch verwandte Brachyspira spp. tritt zwar im selben Alter auf wie die Ileitis, der Kot enthält aber bei Dysenterie im typischen Fall etwas frisches Blut und muköses Material infolge der umfangreicheren Veränderungen im Dickdarm.

Klinik der chronischen Ileitis

Die chronische Ileitis manifestiert sich mit zwei klinischen Hauptsymptomen: Diarrhoe und reduzierte Gewichtszunahme bzw. erhöhte Variationen des Körpergewichts innerhalb einer Altersgruppe (Auseinanderwachsen). Oft treten beide Symptome - Diarrhoe und geringe Zunahme - gleichzeitig in einer Altersgruppe auf, nicht aber unbedingt bei demselben Schwein. Die chronische Form der Erkrankung entsteht in der Regel bei Absatzferkeln und Läufern im Alter zwischen 6 und 20 Wochen. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass diese persistierende Form der Erkrankung bei bis zu 10 % aller mit Lawsonia intracellularis infizierten Schweine auftritt.

In einer typischen Gruppe von 20 Mastläufern mit der chronischen Form der Ileitis haben statistisch gesehen zwei Tiere offensichtliche Probleme mit der Gewichtszunahme, fünf leiden unter Diarrhoe unterschiedlicher Ausprägung und die anderen erscheinen auf den ersten Blick gesund, weisen aber bei intensiverer Betrachtung eine reduzierte Mastleistung auf. In jedem Fall ist wirtschaftlicher Verlust das Resultat einer Lawsonia intracellularis-Infektion. Plötzliche Todesfälle sind nicht selten und gehen meist mit einer Perforation der Darmwand einher, was in einer Peritonitis (Bauchfellentzündung) mündet (10, 11).

Woher kommt die chronische Form der Infektion?

Die chronische Form der Erkrankung konnte bei abgesetzten Schweinen verschiedenen Alters durch experimentelle, orale Infektion mit Lawsonia intracellularis reproduziert werden. Die Inkubationszeit, die bei den meisten Tieren zwischen 2 bis 3 Wochen beträgt, hat zur Folge, dass sich die Erkrankung nach erstmaliger Exposition innerhalb einer Gruppe sehr langsam und weitgehend unbemerkt über einen Monat oder mehr aufbauen kann. Einige Schweine scheiden unter Umständen jedoch sehr große Mengen Lawsonia intracellularis mit dem Kot aus und sorgen auf diese Weise für eine sehr schnelle Erregerexposition zahlreicher Tiere in einer Gruppe.

Foto 4.2.4 a: Die chronische Form der Ileitis entsteht besonders häufig in traditionellen Single-Site-Betrieben (geschlossene Betriebe) ohne räumliche Trennung der einzelnen Produktionsstufen von der Ferkelerzeugung bis zur Mast. Die Ursache hierfür ist der betriebsinterne Umtrieb von Schweinen und damit ungehinderte Verbreitung infektiösen Kots innerhalb des Betriebes, was dafür verantwortlich ist, dass die Erkrankung sehr leicht von einem Tier auf das nächste übergehen kann.

In den meisten dieser Betriebe treten chronische und subklinische Formen der Erkrankung vor allem dann auf, wenn die maternalen Antikörpertiter bei Ferkeln einige Tage nach dem Absetzen abnehmen. Die Antikörperspiegel sinken soweit ab, bis die Absatzferkel schließlich keinen ausreichenden Schutz mehr gegen eine Infektion durch Lawsonia intracellularis aufweisen. In der Regel geschieht dies im Alter von etwa 5 oder 6 Wochen. Nach der zwei- bis dreiwöchigen Inkubationszeit entwickeln schließlich einige Ferkel die ersten Anzeichen der Erkrankung. Sie beginnen, Bakterien auszuscheiden und übertragen diese auf andere Schweine (siehe graphische Darstellungen).

Abbildung 4.2.4 a:Antikörpertiter bei Tieren unterschiedlichen Alters auf einem Betrieb: Sauen, Jungsauen, und Gruppen vom Absetzen bis zum Mastalter in einem traditionellen Single-Site-Betrieb. Maternale Antikörper können bei einigen Schweinen zum Zeitpunkt des Absetzens noch vorhanden sein. Serumantikörper entstehen etwa 6 bis 8 Wochen nach dem Absetzen, da viele Tiere etwa 4 bis 5 Wochen nach dem Absetzen erstmals Kontakt mit dem Erreger haben und neue Antikörper gegen die Infektion bilden.

Abbildung 4.2.4 b: Ähnlicher Verlauf in einem typischen Single-Site-Betrieb. Bestimmt wurden die über den Kot ausgeschiedenen Lawsonia intracellularis-Bakterien in einer Schweinegruppe mittels PCR. Die Anzahl der Schweine mit Lawsonia intracellularis-positivem Kot steigt in der Ferkelaufzucht und bei Mastläufern an, und sinkt anschließend bis zum Erreichen des Zuchtalters wieder ab; einzelne positive Befunde bleiben jedoch erhalten. In diesen Betrieben können folglich mit Hilfe von Serum- oder Kotproben positive Zuchttiere nachgewiesen werden. Zu beachten ist, dass der Infektionszyklus von Lawsonia intracellularis in Betrieben mit dieser Produktionsform niemals unterbrochen werden kann.

Klinik der akuten Ileitis

Bei der akuten Ileitis handelt es sich um die hochgradige Form der Erkrankung mit sehr dramatischem Verlauf. Häufig beobachtet man Ausbrüche bei mehreren Schweinen. Meist geschieht dies kurze Zeit nach einer typischen Exposition der Schweinegruppe, wie zum Beispiel nach einem Umtrieb in ein anderes Gebäude, nach Umstellung in eine neue Bucht, nach Eingliederung naiver Zuchttiere in die Gruppe, nach Umtrieb von Sauen in Deck- oder Warteställe, nach Transport von Gruppen auf LKW. Die dokumentierten Mortalitätsraten von 12 bis 50 % in betroffenen Betrieben gelten als repräsentativ. Viele Experten vermuten, dass die akute Form der Ileitis heute weltweit auf dem Vormarsch ist und zunehmend häufiger zu beobachten sein wird. Besonders stark betroffen sind dabei offenbar Dänemark, Belgien, die Niederlande, Kanada und die USA.

Ein zentrales klinisches Merkmal bei Schweinen mit akuter Ileitis ist der plötzlich einsetzende Durchfall mit rot-schwarzem, teerartigem Kot, der zu Verschmutzungen im Bereich der Hinterhand führen kann. Häufig ist der Kot dieser Tiere breiig und ungeformt. Der Blutverlust über die Fäzes führt zu einer Anämie, die betroffene Schweine sehr blass erscheinen lässt. Einige Tiere sterben ohne initiale Veränderungen der Fäzes und zeigen lediglich eine ausgeprägte Blässe. Bei einigen Tieren fallen diese Symptome jedoch nicht auf, bis sie schließlich plötzlich verenden. In diesen Fällen wird die Erkrankung erst durch Todesfälle in der Gruppe bemerkt. Trächtige Sauen verferkeln in der Regel spontan.

Foto 4.2.5 a: Blasse Mastschweine mit dunkler, rot-schwarzer Diarrhoe - ein typischer Fall der akuten Porzinen Proliferativen Enteropathie. Der Zustand dieser Schweine wird sich nur dann bessern, wenn eine schnelle Behandlung eingeleitet wird. Viele Tiere sterben in der akuten Phase der Erkrankung.

Die Erkrankung betrifft innerhalb sehr kurzer Zeit zahlreiche Schweine in der Gruppe, so dass viele Krankheitsfälle bereits zu Beginn auffallen können. Weitere kommen meist innerhalb der ersten Woche dazu. Anschließend fällt die Anzahl neuer Fälle wieder ab. Eine schnelle antibiotische Behandlung ist erforderlich, um zumindest einen Teil der betroffenen Tiere zu retten. Aufgrund des höheren Alters der betroffenen Schweine und der hohen Mortalität hat die akute Form besonders starke ökonomische Auswirkungen für den Betrieb.

Foto 4.2.5 b (Dr. Stephan Lange) Zuchtsau mit akuter Ileitis. Unter Umständen findet der Landwirt ein plötzlich verendetes Tier mit durch dunkler, rot-schwarzer Diarrhoe verschmutzter Hinterhand.

Woher kommt die akute Form der Infektion?

Die akute Form der Erkrankung konnte bei Schweinen durch experimentelle, orale Infektion mit Lawsonia intracellularis reproduziert werden. Dies weist darauf hin, dass sich die akute Ileitis grundsätzlich sehr viel eher bei "älteren" Schweinen entwickelt, also mindestens einen bis mehrere Monate nach dem Absetzen. Voraussetzung für die Entstehung der akuten Erkrankung ist, dass die Schweine zuvor noch keinen Kontakt mit dem Erreger hatten und eine relativ hohe Infektionsdosis von Lawsonia intracellularis oral aufnehmen. Junge Schweine, die einer niedrigen oder moderaten Infektionsdosis ausgesetzt werden, entwickeln anstelle einer akuten Erkrankung sehr viel wahrscheinlicher die chronische Form.

Kontinuierliche Antibiotikaprogramme, die eine frühe Lawsonia intracellularis-Exposition erfolgreich verhindern können, sind eine Möglichkeit, warum Schweine bis in ein fortgeschrittenes Alter hinein naiv bleiben können Kontrollierte Challenge-Studien mit experimenteller Infektion von Schweinegruppen, die bis zum Alter von 18 Wochen orale Antibiotika erhalten hatten, ergaben, dass diese Tiere anschließend immer noch hochempfänglich für Lawsonia intracellularis waren. Viele dieser Schweine entwickelten nach dem Absetzen der Antibiotika und nach experimenteller, oraler Infektion durch Lawsonia intracellularis eine hochgradige akute hämorrhagische Form der Ileitis. Ausbrüche der akuten Erkrankung könnten also auf Veränderungen beim Einsatz von Antibiotika zurückzuführen sein.

Ein weiterer Faktor mit möglicherweise wichtiger Bedeutung für den zu beobachtenden Anstieg der Inzidenz der akuten Porzinen Enteropathie ist die zunehmend übliche Trennung der Schweine nach Altersgruppen in modernen Betrieben. Diese getrennte Haltung bringt zwar erhebliche Vorteile für die Bekämpfung bzw. Vermeidung von Atemwegserkrankungen (Lungenentzündungen), hat aber offenbar einen negativen Einfluss auf die Immunität der Tiere gegen die PPE.

In modernen Schweinebetrieben, insbesondere in Multi-Site-Systemen, wird die Zuchtherde unter sehr hoch entwickelten Gesundheits- und Hygienestandards und strikt getrennt von den Aufzucht- und Mastschweinen gehalten. In einigen solcher Betriebe ist der gesamte Zuchtschweinebestand Lawsonia intracellularis-negativ. Dies steht in deutlichem Kontrast zu Betrieben ohne Altersklassentrennung (Single-Site), in denen bis zu 30 % der Zuchtherde betroffen sein können.

Ein typisches Ergebnis von Bluttests in einer getrennt gehaltenen Zuchtherde mit hohem Gesundheits- und Hygienestatus - wie zum Beispiel in Multi-Site-Betrieben - ist, dass kein einziges positives Zuchtschwein nachgewiesen wird.

Eine wichtige Folge dieses getrennten Haltungssystems ist, dass sich der Zeitpunkt, an dem die negativen Ferkel dieser negativen Sauen zum ersten Mal mit Lawsonia intracellularis in Kontakt kommen, bis in die Mastperiode hinein verschiebt. Unter Umständen verzögert sich die Exposition bis zum Alter von 4 bis 5 Monaten, einer Phase also, in der die Schweine sehr viel anfälliger für die akute Form der Erkrankung sind.

Abbildung 4.2.6 b: Häufig liegt der Infektionszeitpunkt in Multi-Site-Betrieben sehr spät. Ein Zeitpunkt, zu dem die Schweine sehr viel anfälliger für die akute Form der Ileitis sind.

Nach erfolgter Infektion enthält der Kot sehr große Mengen Lawsonia intracellularis, die zu einer raschen Exposition zahlreicher weiterer Tiere in der Gruppe führen. Die Infektion eines einzigen Tieres in der Gruppe reicht aus, um diese schnelle Verbreitung des Erregers innerhalb der Gruppe einzuleiten. Ein mit spezifischen Antikörpern oder speziellen Färbemethoden angefärbter Abstrich der hämorrhagischen Fäzes zeigt in diesen Fällen einen sehr hohen Gehalt an Lawsonia intracellularis.

Auswirkungen der subklinischen Verlaufsform

In einigen Schweinegruppen manifestieren sich geringgradige Veränderungen als subklinische Form in der frühen Wachstumsperiode. Die Tiere nehmen zu wenig Futter auf und zeigen eine mangelhafte Wachstumsleistung, geringe durchschnittliche Tageszunahmen, einen hohen Futteraufwand, und eine uneinheitliche Gewichtsentwicklung innerhalb der Gruppe.

In der Regel fällt die mangelhafte Zunahme durch eine uneinheitliche Gewichtsentwicklung (Auseinanderwachsen) unter gleichaltrigen Schweinen in den Aufzucht- und Mastgruppen auf. Während sich einige Schweine offenbar sehr gut gemäß dem altersgemäßen Zielgewicht entwickeln, bleiben andere Tiere mehr oder weniger auffallend hinter ihrem Zielgewicht zurück. Deutlich zurückgebliebene Tiere fallen selbst dem ungeübten Betrachter sehr leicht als kleine bzw. untergewichtige Kümmerer auf (Foto 4.2.7 a). Bei geringgradigen Defiziten ist das tatsächliche Ausmaß der Wachstumsverzögerung nur bei aufmerksamer Beobachtung oder besser durch Wiegen der Tiere der verdächtigen Gruppe festzustellen. Die Folge dieser verzögerten Entwicklung ist ein zunehmendes Auseinanderwachsen der Gruppe, also eine erhöhte Variation der Körpergrößen bzw. Körpergewichte. Zum Teil zeigen betroffene Schweine eine allgemeine Fressunlust. Der Kot weist eine physiologische Konsistenz und Färbe auf.

Foto 4.2.7 a: Subklinische Ileitis: Das Schwein in der Mitte ist deutlich kleiner. Zu beachten ist der normal geformte Kot.

Solche Fälle sind zum Teil nur sehr schwer zu entdecken, sie kommen aber relativ häufig vor. Die Betriebe sollten deshalb insbesondere in den gefährdeten Perioden regelmäßig auf einzelne, offensichtliche Kümmerer in Gruppen gut gewachsener Schweine überwacht werden (Foto 4.2.7 b). Es empfiehlt sich ebenfalls, die betrieblichen Aufzeichnungen regelmäßig und aufmerksam durchzusehen, um Veränderungen der durchschnittlichen täglichen Zunahmen und des Futteraufwandes in den abgesetzten Gruppen rechtzeitig zu entdecken. So ist es möglich, dass Schweine pathologische Darmveränderungen ohne Diarrhoe aufweisen, weil diese Veränderungen auf das Ileum beschränkt sein können. Sie rufen dann eine gestörte Verdauung mit mangelhafter Zunahme hervor, erstrecken sich aber nicht bis in das Kolon hinein, so dass der Wassergehalt im Kot aufgrund der Kompensationsmechanismen im Dickdarm normal erscheint und keine Diarrhoe entsteht.

Foto 4.2.7 b: Erhöhte Gewichtsvariation in einer Gruppe von Mastläufern (Auseinanderwachsen).

Bei einzelnen Schweinen kann sich jedoch im Gegensatz zu den unauffälligen Anzeichen eine hochgradige Form mit lang anhaltender Ausscheidung des Erregers und chronischen Darmveränderungen entwickeln, die zu einem mehr oder weniger offensichtlichen Kümmern führt.

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