Tierarzneimittelmarkt 2008: Impfstoffe waren die Wachstumsträger +++ Antibiotikasegment stagnierte
Bonn (bft) – Mit einem Wachstum von 5,4 Prozent entwickelte sich der
Tierarzneimittelmarkt in Deutschland im Jahr 2008 zufrieden stellend.
Wachstumsträger war in diesem Jahr das Segment Impfstoffe mit einem
Zuwachs von 13,8 Prozent. Die Impfstoffinnovationen zur Bekämpfung der
Blauzungenkrankheit der Wiederkäuer und der Circovirusinfektionen der
Schweine sowie die Salmonellenpflichtimpfung beim Geflügel waren
wesentlicher Bestandteil der sehr guten Entwicklung in diesem Bereich. Dies
teilte Dr. Martin Schneidereit, Geschäftsführer des Bundesverbandes für
Tiergesundheit e.V. (BfT), anlässlich der 23. Mitgliederversammlung in
Augsburg mit.
„Das Gesamtwachstum des Marktes wurde in 2008 überwiegend durch die sich
sehr gut entwickelnden Nutztierimpfstoffe getragen“, so Schneidereit weiter.
„Erstmalig seit mehreren Jahren stagnierte das Antibiotikasegment“.
Verantwortlich dafür seien u.a. die Rückgänge in der Ferkelproduktion. Insgesamt
hätten die Ferkelbetriebe 3,5 Millionen Ferkel weniger erzeugt. Der Einsatz der
neuen Circoimpfstoffe habe auch zur Reduzierung der oralen Anwendung von
Antibiotika beigetragen.
Stagnation habe man 2008 auch auf dem Antiparasitikamarkt verzeichnet.
Parasitenmittel zur Abwehr von Gnitzen beim Großtier hätten, nachdem
Blauzungen-Impfstoffe verfügbar waren, an Bedeutung verloren.
„Eine erhebliche Markterweiterung, die bei einigen Indikationsgruppen im
zweistelligen Bereich liegt, verzeichneten wir bei den pharmazeutischen
Spezialitäten“, erläuterte der BfT-Geschäftsführer abschließend. Dies sei vor
allem der Zulassung neuer Präparate bei den Schmerz- und Entzündungshemmern
sowie den herzwirksamen Produkten für Kleintiere zu verdanken. Das
Umsatzverhältnis Nutztier zu Hobbytier bezifferte er mit etwa 53 zu 47 Prozent.
Abschwung trifft alle
Der BfT-Vorsitzende Dr. Dieter Schillinger gab einen Überblick über die Arbeit
des Verbandes und nahm zur aktuellen wirtschaftlichen Situation Stellung. Die
Agrarwirtschaft sei aufgrund ihrer besonderen Struktur nicht so stark abhängig
von Exporten. Auch sei die Lebensmittelproduktion weniger zyklisch angelegt als
die Konsum- oder Investitionsgüterproduktion. „Trotzdem gibt es Faktoren, die
auch unser Geschäft potentiell negativ beeinflussen können“, meinte dazu
Schillinger. Dies zeige beispielsweise der Fall der Milchpreise bis auf 20 Cent je
Liter Milch in einigen Regionen Deutschlands, der bereits zu erheblichen
Liquiditätsengpässen auf den Milchviehbetrieben geführt habe. Und auch der
Kleintierbereich bleibe vom wirtschaftlichen Abschwung nicht unberührt.
Erfolgsstory Impfung
Große Erfolge habe man im vergangenen Jahr mit der großflächigen Impfung
gegen die Blauzungenkrankheit erzielt, erläuterte Dieter Schillinger im Anschluss.
Seien in 2007 noch 20.000 BTV-Infektionen gemeldet worden, habe man in 2008
nur noch 5.000 Ausbrüche gezählt. Dieser Erfolg sei nur möglich gewesen, weil
alle Beteiligten koordiniert und unbürokratisch zusammengearbeitet hätten.
Den Impfstoffherstellern sei es gelungen, in Rekordzeit wirksame und sichere
Impfstoffe gegen den Serotyp 8 zur Praxisreife zu entwickeln. Die
Bundesregierung und die Länder hätten ihrerseits rasch die rechtlichen
Grundlagen für den Einsatz geschaffen und die Überwachungsbehörden der
Länder hätten dafür gesorgt, dass die Impfstoffe flächendeckend zur Verfügung
standen. Die Sicherheit der Impfstoffe werde darüber hinaus auch von der
Europäischen Zulassungsbehörde EMEA bestätigt. Mittlerweile hat ein erster
Impfstoff die europäische Zulassung erhalten.
Bürokratismus bleibt Thema
Nach wie vor stelle der bürokratische Aufwand beispielsweise im Zusammenhang
mit der Meldung von Antibiotikamengen, wie sie in der so genannten DIMIDIVerordnung
im Rahmen der 15. AMG-Novelle geregelt werde, ein strittiges
Thema. Dabei betonte Schillinger ausdrücklich, dass sich die Industrie nicht
grundsätzlich gegen die Meldeverpflichtung der Abgabemengen sperre.
Allerdings sei der erhebliche Mehraufwand nur gerechtfertigt, wenn damit ein
wirklicher Beitrag zur Verbrauchersicherheit geleistet werde. Das vorgesehene
regionalisierte Meldesystem halte er für wenig hilfreich, um tatsächliche
Zusammenhänge zwischen Arzneimitteleinsatz und Resistenzentwicklung
wissenschaftlich fundiert zu ermitteln.
Mit Blick auf Europa stellte Dr. Dieter Schillinger das 1-1-1- Konzept vor, dessen
Ziel es sei, auch für den Bereich der Tierarzneimittelzulassung einen freien
Warenverkehr innerhalb Europas zu erreichen. „Das Ziel ist hoch gesteckt“,
urteilte Schillinger. „Gleichwohl sind wir der Überzeugung, dass eine wirklich
europäische Zulassung für alle Tierarzneimittel zu positiven Effekten für die
Tiergesundheit durch bessere Versorgung mit Tierarzneimitteln führen wird.“
Zum Abschluss seiner Ausführungen sprach sich Schillinger noch einmal
ausdrücklich für den Erhalt des Dispensierrechtes aus. Der in Deutschland
etablierte Vertriebsweg über die Tierärzte sichere die vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Kunden. „Der Erhalt dieses
Vertriebsweges wird deshalb seitens der Industrie unterstützt.“
Neuer Vorstand gewählt
Anlässlich der Mitgliederversammlung fanden turnusmäßig Neuwahlen zum
Vorstand statt. Dr. Dieter Schillinger, Merial SAS, wurde als Präsident des
Verbandes wiedergewählt. Stellvertretender Vorsitzender wurde Dr. Stefan E.
Scheuermann, Intervet Deutschland.
Die weiteren Mitglieder des Vorstandes sind als Schatzmeister Jörg Hannemann,
Virbac; Christian Behm, Bayer Vital; Hubert Papp, Boehringer Ingelheim
Vetmedica und Armin Thur, aniMedica.