Lebensmittel - Markt - Ernährung®
Lebensmittel - Markt - Ernährung
  

powered by ...

Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern

Forschungsergebnisse zeigen: Exportchancen von Tierwohl-Fleisch eher ernüchternd. Kriterien wie Herkunftsland, Qualität und Preis entscheidend. Zielmärkte sehr individuell.
 
Braunschweig (PM) – Welche Ansprüche haben Verbraucherinnen und Verbraucher in anderen Weltregionen an Fleisch und welche Exportchancen hat Tierwohl-Fleisch aus Deutschland? Diese Fragen wurden am Thünen-Institut für Marktanalyse in Braunschweig in dem Forschungsprojekt „ExPoTiWo – Exportchancen von Tierwohl-Fleisch aus Deutschland“ untersucht. Ende März fand die Abschlussveranstaltung statt, bei der die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert wurden.
 
Die Forschenden hatten vor allem Geflügel- und Schweinefleisch in den Blick genommen, da die Haltungsweisen bei diesen Tierarten in vielen europäischen Ländern öffentlich stark kritisiert werden. Basierend auf statistischen Marktdaten, wurden für Geflügelfleisch Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Großbritannien als potenzielle Absatzmärkte untersucht, für Schweinefleisch fiel die Auswahl auf Japan, Südkorea, Italien und Polen. Zum Start des Projekts waren all diese Länder große Abnehmer von deutschem Geflügel- und Schweinefleisch.
 
Während bei den Zielländern für Schweinefleisch das Thema Tierwohl in Japan, Südkorea und Polen so gut wie keine Rolle spielt, gibt es in Italien eine kleine Gruppe an Konsumierenden, die sich dafür interessieren. In den untersuchten Ländern für Geflügelfleischexport stellt sich die Situation deutlich anders dar. In Dänemark, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien ist generell ein grundlegendes Wissen über Tierwohl vorhanden. In diesen vier Ländern gibt es etablierte Tierwohllabel, die zeigen, dass Tierwohl dort schon jetzt von großer Bedeutung ist. In allen acht betrachteten Ländern bleiben dennoch die Fleischqualität (Farbe, Marmorierung, Frische, etc.), das Herkunftsland sowie der Preis die wichtigsten Einkaufskriterien; der Aspekt Tierwohl ist von geringerer Bedeutung.
 
Fleisch aus Deutschland hat guten Ruf
 
Dennoch: Auch wenn in allen Untersuchungsländern heimische Produkte bevorzugt werden, genießt Fleisch aus Deutschland eine hohe Reputation und wird als sehr vertrauenswürdig eingestuft. Zudem gilt Deutschland als verlässlicher Handelspartner. Demnach vertrauen Konsumierende in den Untersuchungsländern deutschen Labeln und kaufen deutsches Fleisch, wenn die Qualität und der Geschmack besonders gut sind – und der Preis für deutsche Ware günstiger ist als für heimische. In den Untersuchungsländern für Geflügelfleisch spielen bessere Haltungsbedingungen (Tierwohl) eine wichtige Rolle. Hier hätte Geflügelfleisch aus Deutschland mit entsprechenden Nachweisen von höheren Tierwohlstandards auch Marktchancen. Diese Standards müssten allerdings durch entsprechende Informationen auch verbrauchergerecht kommuniziert werden, denn Tierwohl-Fleisch ist generell höherpreisig.
 
Ein wichtiges Ergebnis des Projekts war: Für jedes Untersuchungsland konnte eine potenzielle Zielgruppe für deutsches Tierwohl-Fleisch bestimmt werden. Je nach Land variiert der Anteil der tierwohlinteressierten und weltoffenen Konsumierenden zwischen 25 % und 43 %. Daneben gibt es in jedem Land auch Verbraucher*innen, die vor allem an günstigen Preisen interessiert sind und denen Tierwohl oder die Herkunft des Fleisches unwichtig sind. Bei Geflügelfleisch liegt dieser Anteil bei 13 bis 40 %; bei Schweinefleisch bei 31 bis 45 %. Eine weitere Gruppe (26 bis 44 %) hat eine starke Präferenz für heimische Produkte und ist zugleich an Tierwohl interessiert.
 
Rebecca Derstappen, die im Thünen-Institut an der Studie mitgewirkt hat, fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen: „Das Exportpotenzial für deutsches Fleisch ist stark durch landesspezifische und kulturelle Gegebenheiten geprägt. Zurzeit sind die Exportchancen für deutsches Tierwohl-Fleisch wegen der hohen Produktionskosten als eher gering einzuschätzen.“ Dies müsse aber nicht auf Dauer so bleiben, sagt sie, denn in vielen europäischen Ländern seien Tierwohl-Label für Geflügelfleisch bereits gut eingeführt und hätten einen gewissen Marktanteil erobert. Anders beim Schweinefleisch: In den ausgewählten Exportländern spielt Tierwohl zum aktuellen Zeitpunkt eine eher untergeordnete Rolle.
 
Qualität stärker bewerben
 
Vor diesem Hintergrund liegt die größte Herausforderung für Politik und Wirtschaft darin, Tierwohl verständlicher und greifbarer zu kommunizieren. Dabei sollte der Wissensstand beim Thema Tierwohl gefördert werden. Hier können Informationskampagnen und gute Marketingstrategien, die sich an den jeweiligen Zielmärkten orientieren, hilfreich sein. Tierwohl-Fleisch ‚aus deutschen Landen‘ als Qualitätsprodukt zu vermarkten, stellt hier die wohl größte Herausforderung dar. Dabei erscheint es zielführend, den Aspekt Tierwohl in das umfassendere Thema Qualität und Nachhaltigkeit einzubinden, um größere Marktchancen zu erreichen. Derzeit, so zeigen die die Studienergebnisse, kann Tierwohl-Fleisch allenfalls als Nischen- oder Premiumprodukt exportiert werden.
 
Die Folien der Abschlussveranstaltung mit weitergehenden Daten und Informationen sind über diesen Link downloadbar.

Reply to “Tierwohl-Fleisch aus Deutschland nur mäßig attraktiv in anderen Ländern”

Suche



Datenschutzerklärung

Betrug und Täuschung in der Bio-Land- u. Lebensmittelwirtschaft
EHEC: Ein Erreger macht Karriere
Nitrat: Vom Schadstoff zum wichtigen Nährstoff
Mycobacterium avium paratuberculosis in Lebensmitteln
Qualität und Gesundheitswert von Bio-Produkten
Acrylamid: Nullrisiko deutlich gesenkt



Wissenschaftlerin: Nur reiche Länder können sich 'Bio' leisten - auf Kosten der Armen


Lebensmittelsicherheit


mycobakterien


Handlungsbedarf: Wissenschaftler weisen MAP in Rindfleisch nach

Derio (aho/lme) Wissenschaftlern von Baskischen Institut für Landwirtschaftliche Forschung und Entwicklung 'Neiker-Tecnalia' im spanischen Derio ist es gelungen, den Erreger der Paratuberkulose 'Mycobacterium avium paratuberculosis' (MAP) in der Muskulatur von Rindern und Kühen zum Zeitpunkt der Schlachtung nachzuweisen.
Weitere Informationen hier.