DAS AKTUELLE INTERVIEW: Partner im gesellschaftlichen Diskurs

Drsabieneschuller[BfT-Geschäftsführerin Dr. Sabine Schüller]

Tiergesundheit ist wesentlicher Baustein der Ernährungssicherung – Antibiotika müssen als therapeutisches Instrument erhalten bleiben

(BfT) – Seit dem 1. April 2014 gilt die 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes. Damit werden umfangreiche Regelungen zur Anwendung von Antibiotika beim Nutztier eingeführt. Der Blickpunkt befragte dazu Dr. Sabine Schüller, die neue Geschäftsführerin des Bundesverbandes für Tiergesundheit e.V. (BfT).

Blickpunkt: Frau Dr. Schüller, seitdem 1. April 2014 sind Sie die neue Geschäftsführerin beim BfT. Davor hatten Sie verschiedene verantwortungsvolle Positionen in der Tiergesundheitsindustrie inne, zunächstbei der Bayer AG, danach bei Intervet International und zuletzt bei MSD in Boxmeer, Niederlande. Wo sehen Sie für sich und die Verbandsarbeit die größten Herausforderungen?

Dr. Schüller: Ich war ja schon einmal als Technisch-Wissenschaftliche Leiterin beim Verband und habe dort eng mit unserem vormaligen Geschäftsführer Dr. Martin Schneidereit zusammengearbeitet. Viel habe ich in dieser Zeit von ihm gelernt, aber auch danach ist er immer ein verlässlicher Ratgeber gewesen. Seine umfangreichen Fachkenntnisse, die realistische Einschätzung aktueller Entwicklungen, die außerordentliche Weitsicht und seine überlegte Herangehensweise haben ihn ausgezeichnet.
Ich bin mir bewusst, dass ich keine leichte Aufgabe übernommen habe. Ich kann aber auf ein verlässliches Team vertrauen und mich auf die Expertise und das große Engagement der Mitarbeiter aus unseren Mitgliedsfirmen stützen. Wo angebracht, will ich die Verbandsarbeit durch meine Erfahrungen, die ja auch im europäischen oder internationalen Bereich liegen, bereichern.
Unsere Mitgliedsfirmen leisten durch Forschung und Entwicklung von Tierarzneimitteln einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung und Leistung unserer Nutztiere und damit der Lebensmittelerzeugung. Um die vielfältigen Aufgaben und Anforderungen erfüllen zu können, sind geeignete Rahmenbedingungen in Deutschland, Europa und auch darüber hinaus erforderlich. So wie unsere Mitglieder mehrheitlich auf den internationalen Märkten agieren, müssen auch viele Fragestellungen der Tiergesundheit supranational betrachtet werden, ohne dabei die Details einer realistischen und arbeitsfähigen nationalen Implementierung zu vernachlässigen. Hierbei hat der BfT die wichtige Aufgabe, die Erfordernisse der Industrie zu verdeutlichen.

Wichtig ist mir, dass die Industrie, vertreten durch den BfT, weiterhin als ein anerkannter Partner im Diskurs zu den gesellschaftlichen Herausforderungen einbezogen wird. Wir werden uns auch künftig engagiert, sachlich und lösungsorientiert einbringen.

Blickpunkt:
Zeitgleich ist die 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes in Kraft getreten. Welche Änderungen ergeben sich aus den nun geltenden Regelungen für den Tiergesundheitssektor?

Dr. Schüller: Mit der jüngsten Novelle des Arzneimittelgesetzes werden umfangreiche Regelungen zur Anwendung von Antibiotika beim Nutztier eingeführt. Dies soll ein weiterer wichtiger Baustein sein, Antibiotika als wertvolles therapeutisches Instrument für Arzt und Tierarzt zu erhalten.
Die wichtige Rolle von Landwirten und Tierärzten zur kontrollierten Anwendung von Tierarzneimitteln wird darin unterstrichen. Was wenigen bewusst ist: Sie halten bereits seit Jahren genau fest, wann einem Nutztier welches Medikament verabreicht wurde. Sie achten auf die Wartezeit nach der letzten Behandlung, um zu gewährleisten, dass Lebensmittel von behandelten Tieren unbedenklich verzehrt werden können. Oft wird gesagt, dass unser Fleisch voll mit Antibiotika sei. Dass dies nicht stimmt, belegen auch die Ergebnisse der offiziellen Rückstandskontrollen.

Mit den neuen Regelungen soll nun die Therapiehäufigkeit per Betrieb erfasst und mit Betrieben gleicher Nutzungsrichtung verglichen werden. Liegt die Behandlungsrate zu hoch, kann der Landwirt mit seinem Tierarzt sein Gesundheitsmanagement überprüfen mit dem Ziel, die Anwendung von Antibiotika auf das notwendige Maß zu begrenzen und damit zu einer verminderten Resistenzentwicklung beizutragen.

Blickpunkt:
Was bedeuten die Regelungen für die Industrie und sehen Sie noch Optimierungsbedarf?

Dr. Schüller: Die neuen Regelungen werden den Sektor noch lange beschäftigen. Zunächst muss nun ein funktionierendes System zur Bestimmung und Meldung der Therapiehäufigkeit etabliert und beobachtet werden, ob dieses Instrument wie gewünscht greift. Nicht immer können dabei alle Antibiotika, wie etwa langwirksame Formulierungen oder feste Wirkstoffkombinationen, zielgerecht eingeordnet werden. Hierfür gilt es, Lösungen zu entwickeln.

Zu geringe Beachtung findet die Tatsache, dass aufgrund der insgesamt schwierigen Rahmenbedingungen Investitionen in die Entwicklung und Zulassung von Antibiotika stark zurückgehen. In der Zukunft könnten daher wirksame neue Antibiotika fehlen. Es wird inzwischen schon diskutiert, die Sicherung der Verfügbarkeit als öffentliches Gut zu betrachten und entsprechende Förderkonzepte zu entwickeln. ?

Bildunterschrift:
BfT-Geschäftsführerin.
Dr. Sabine Schüller kennt den BfT bereits sehr gut aus ihrer Zeit als Technisch-Wissenschaftliche Leiterin beim Verband.