Profitkiller Mastitis: vorbeugen und heilen

Dr. Manfred Stein, Gyhum

Neben Fruchtbarkeitsstörungen sind Eutergesundheitsprobleme die häufigsten Gründe für eine vorzeitige Schlachtung von Milchkühen. Sie kosten die deutschen Bauern im Mittel etwa vier Euro-Cent pro Liter Milch. Das entspricht Ertragseinbußen von mehr als 10 Prozent des Milchpreises. Der durch Mastitiden verursachte Schaden wird auf 150 – 200 Euro/Kuh/Jahr geschätzt. Somit entstehen allein in Deutschland jedes Jahr Verluste in Höhe von 0,75 – 1 Milliarde Euro. Die Schäden durch die subklinische Mastitis sind wesentlich größer, da diese Mastitisform 20 – 50 mal häufiger auftritt als die klinische Form (3; 8).

Mastitis auch ein Problem für die Fruchtbarkeit?

Eine Studie, deren Ergebnisse im Fachjournal „Journal of Dairy Science“ (1) veröffentlicht wurde, belegt auch einen Zusammenhang zwischen Euterentzündungen und Fruchtbarkeitsstörungen bei Kühen. Wissenschaftler untersuchten über 12 Jahre insgesamt 752 Kühen alle 4 – 8 Wochen während der Laktation die Vormilch aller Viertel bakteriologisch. Zusätzliche Befunde wurden vor dem Abkalben und Trockenstellen sowie bei Anzeichen von Mastitis erhoben. Von jeder Kuh wurde die Milchleistung, die Anzahl Tage bis zur ersten Besamung, Anzahl unbelegte Tage und Anzahl Besamungen bis zur Trächtigkeit registriert. 186 Kühe entwickelten klinische und 240 subklinische Mastitiden. Die Milchleistung unterschied sich nicht zwischen den beiden Verläufen. Bei Kühen mit klinischer und subklinischer Mastitis dauerte es jeweils länger bis zur ersten Besamung und auch länger bis zur erfolgreichen Besamung. Sie benötigten somit mehr Besamungen bis zur Trächtigkeit. Kühe, die zuerst an subklinischer Entzündung litten, welche später einen klinischen Verlauf nahm, wiesen die schlechtesten Reproduktionsparamter auf. Zusammenfassend zeigt die Studie, dass subklinische Mastitis die Fruchtbarkeitsleistung in vergleichbarer Weise beeinträchtigt wie klinische Mastitis. Die Ergebnisse verdeutlichen, welch gravierende wirtschaftliche Einbussen Mastitis verursachen kann und wie wichtig es ist, der Eutergesundheit besondere Beachtung zu schenken.

Euterentzündungen frühzeitig behandeln

Wie wichtig es ist, Euterentzündungen frühzeitig zu erkennen und dann sofort zu behandeln, belegen Versuche am Institut für Tiergesundheit in Newbury, Großbritannien (2). Nachdem mit einer Euterinfusion der Erreger Streptococcus uberis (500 KBE) in die Euterviertel eingebracht wurde, entwickelte sich aus den meisten Infektionen eine klinische Mastitis, die frühzeitig durch die Veränderung der Leitfähigkeit im Vorgemelk nachgewiesen werden konnte. Ein Teil der sich entwickelnden Mastitiden wurden sofort nach Veränderung der Leitfähigkeit behandelt. Die Behandlung bestand in einer Verabreichung eines Euterantibiotikums oder der Injektion von Oxytocin, um durch Ausmelken die Keime gründlich aus dem Euter zu entfernen. Mit dem konsequenten Einsatz eines Antibiotikums zu jeder Melkzeit über nur drei Tage war es möglich, eine klinische Mastitis zu verhindern und den Erreger aus dem Euter zu eliminieren. Durch alleinige Oxytocininjektionen konnte nur in jedem vierten Fall eine klinische Mastitis verhindert werden. Die entstehenden Mastitiden konnten durch konsequente antibiotische Therapie geheilt werden.

Einem anderen Teil der Fälle wurde gestattet, eine klinische Mastitis mit Flocken oder Fieber zu entwickeln. Erst dann wurde antibiotisch behandelt. Um erfolgreich zu sein, war ein konsequenter Antibiotikaeinsatz über zumeist zehn Tage notwendig. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine frühzeitige antibiotische Behandlung bei ersten Hinweisen auf eine sich entwickelnde Mastitis die effektivste Behandlungsmethode ist, eine rasche Heilung zu erreichen. Gleichzeitig wird durch die kurze Behandlungsdauer erreicht, dass die Milch frühzeitig wieder verkauft werden kann. (2)

Frühzeitige Behandlung – weniger Resistenzen

Durch zu spät eingesetzte Antibiotika und überflüssige Antibiotikagaben kann die Resistenzentwicklung vorangetrieben werden. Je länger eine bakterielle Infektion Zeit gewinnt, um sich auszubreiten und die Zahl der Bakterien zu erhöhen, desto größer werden die degenerativen Schäden im Eutergewebe. Die Therapie muß folglich länger durchgeführt werden. Die normale Körperflora und die höhere Zahl an Bakterienzellen aus der Erregerpopulation unterliegt dann länger dem Selektionsdruck. Die Selektion von antibiotikaresistenten Bakterien wird so erleichtert.

Insbesondere bei akuten Euterentzündungen muß sowohl aus den vorgenannten Gründen als auch aus Gründen des Tierschutzes zunächst ohne Resistenztest im Sinne einer „Ersten Hilfe“ behandelt werden. Es sollte deshalb nach Entnahme einer Milchprobe mit einem Euterantibiotikum behandelt werden, welches

  • eine günstige Resistenzlage hat,
  • sich im Euter möglichst gleichmäßig verteilt und
  • eine für eine Therapie ausreichend lange Wirkspiel im Euter garantiert
  • Zuverlässig

    Molekülbild: Cefacetril

    Molekülbild Cefacetril

    In einer bundesweiten Studie zu Erregerhäufigkeiten und Resistenzraten bei subklinischen Mastitiden zeigte sich, dass alle relevanten Mastitiserreger fast 100% sensitiv gegen das im Euterinjektor Vetimast® enthaltende Antibiotikum Cefacetril sind (3). Cefacetril zeigt minimale bakterizide Hemmkonzentrationen von bis zu 2 µg/ml gegenüber grampositiven (auch penicillinresistenten) Kokken und von 2 – 4 µg/ml gegen die Mehrzahl der E. coli-Stämme. Eine Wirksamkeit gegenüber Klebsiellen besteht ebenfalls. Bei der Angabe der MHK-Werte handelt es sich um unter Praxisbedingungen bestätigte Richtwerte. Dennoch ist die aktuelle und individuelle Resistenzsituation zu berücksichtigen. Cefacetril wirkt -wie Penicilline- durch Störung der Zellwandsynthese primär bakterizid.

    Die Gewebeverträglichkeit von Vetimast® wurde sowohl an eutergesunden als auch an euterkranken Kühen (>1 Mio. Zellen/ml) geprüft. In keinem Fall traten klinisch feststellbare Reizungen und eine Beeinträchtigung der Milchleistung auf.

    Pharmakokinetische Eigenschaften

    Vetimast® besitzt günstige pharmakokinetische Eigenschaften, indem es nach intramammärer Verabreichung langanhaltende therapeutische Wirkstoffspiegel gewährleistet und dennoch rasch eliminiert wird (vgl. Grafik 1).

    Grafik 1:
    Wirkstoffspiegel

    In der Milch von infizierten Vierteln werden 14 Stunden nach intramammärer Verabreichung Maximalspiegel von 59-80 µg/ml gemessen. Während 48 Stunden ist ein gegen grampositive Keime wirksamer Spiegel von über 2 µg/ml gewährleistet. Aus den Daten lassen sich mittlere Anfangskonzentrationen von 267-449 µg/ml und Eliminationshalbwertszeiten von 5.3 – 7.0 Stunden errechnen.

    Untersuchungen über den Einfluss des Behandlungszeitpunktes auf das Ausscheidungverhalten von Cefacetril zeigten, dass die Behandlung unmittelbar nach der Morgenmelkung, bzw. 4 Stunden später oder 1/2 Stunde vor der Abendmelkung keine signifikanten Änderungen der Ausscheidungskinetik zur Folge hat. Auch mehrmaliges Ausmelken während des Tages beeinflusst die Wirkstoffspiegelkurve nicht signifikant. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Cefacetril rasch ins Gewebe diffundiert und sich somit ein Gleichgewicht zwischen Gewebe und Milch einstellt (vgl. Abb. 2).

    Abb.2:
    Verteilung im Gewebe

    Zur Abtötung von E. coli in der Milch sind 8 µg Cefacetril/ml während 6 Stunden erforderlich, während Streptokokken und Staphylokokken schon bei Konzentrationen von 2 µg/ml abgetötet werden, wenn diese 24 Stunden einwirken. Dieser Vergleich macht deutlich, wie wichtig der Zeitfaktor ist. Bakterizide Konzentrationen müssen im infizierten Euter nicht nur erreicht oder übertroffen werden, sondern sie müssen auch genügend lang gewährleistet sein: Durch Verabreichung von 2 Injektoren Vetimast® im Abstand von 24 Stunden werden langanhaltende therapeutische Spiegel gegen Staphylokokken, Streptokokken und E. coli erreicht. Derzeit häufigster Mastitis-Erreger ist das Bakterium Staphylococcus aureus (6). Durch eine steigende Penicillinase-Aktivität entwickelt sich S. aureus zusehends auch zu einem Problemkeim (7).

    Tabelle: Die häufigsten Erreger von Euterinfektionen und deren Besonderheiten im Überblick (9)

    Die häufigsten Erreger von Euterinfektionen

    1) Virulenz: +++: schwere, ++: mäßige, +: leichte Euterveränderungen

    2) Kontagiosität: +++: große, ++: mäßige, +: geringe Gefahr der direkten Übertragung von Kuh zu Kuh

    3) Prognose: +++: sehr gute, ++: gute, +: mäßige, -: kaum Heilungsaussichten (bakteriologisch und klinisch).
    Zudem können auch innerhalb der verschiedenen Erregergruppen noch große Unterschiede vorhanden sein, was die Beurteilung der Prognose für den Einzelfall schwierig macht

    Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

    Vetimast® eignet sich deshalb sowohl bei chronischen als auch bei akuten Euterentzündungen des Rindes in der Laktationsperiode, verursacht durch Cefacetril-empfindliche Staphylokokken und Streptokokken (einschl. der penicillinasebildenden Stämme) sowie durch coliforme Keime. Vor der Behandlung ist das Euter gut auszumelken, die Zitzen sind sorgfältig zu reinigen und zu desinfizieren. Pro erkranktes Euterviertel ist der Inhalt eines Injektors (250 mg Cefacetril-Natrium) in den Strichkanal einzuspritzen.

    Bei akuten Euterentzündungen empfiehlt sich ein wiederholtes Ausmelken der erkrankten Euterviertel, um Keime, Entzündungssekrete und Toxine zu entfernen.

    Es ist für die Milch und für essbares Gewebe eine Wartezeit von jeweils sechs Tagen einzuhalten.

    Vorbeugen

    Wegen der hohen wirtschaftlichen Verluste kommt der Mastitisvorbeugung eine große Bedeutung zu. Immer wieder werden im Sommer merklich erhöhte Zellzahlen beobachtet. Dieser „Sommerpeak“ wird durch das Zusammenwirken mehrerer ungünstiger Faktoren hervorgerufen: Die Klimabedingungen vermindern die Abwehrkräfte der Kühe, verschmutzte Stallbereiche, Liegeflächen und Futter erhöhen die Infektionsgefahr, und wegen saisonaler Arbeitsüberlastung wird die Melkhygiene vernachlässigt. Konsequente Milchhygiene bedeutetet deshalb Vormelken in Vormelkbecher, Zitzenreinigung mit Einweg-Euterpapier, Zitzendesinfektion nach dem Melken, Überprüfung der Fütterung, der Stallhygiene sowie der Melkanlagenfunktion (4). Offensichtlich besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen schmuddeligen Liegeflächen, verschmutzten Kühen und Mastitiden. Bei einer Feldstudie von Wissenschaftlern der Universität von Liverpool hatte die Farm mit der geringsten Mastitishäufigkeit auch die saubersten Kühe und die gepflegtesten Stroh-Liegeflächen (5).

    Vorsicht mit Mastitis-Milch

    Häufig ist das Euter von Färsen schon vor der ersten Abkalbung mit Staphylokokken infiziert. Die Tierärztin Dr. Mag Cattel aus Fort Collins, USA gab auf einem Kongress des National Mastitis Council im Februar 2002 nachfolgende Ratschläge zur Verringerung von Färsenmastitiden.

  • Keine Gruppenhaltung von Kälbern, die Milch trinken. Mastitiserreger können sich ausbreiten, wenn Kälber kontaminierte Milch trinken und sich dann gegenseitig besaugen.
  • Füttern Sie keine unpasteurisierte Milch. Nicht pasteurisierte Milch ist ein Risikofaktor für die Verbreitung von Mykoplasmen, Staphylococcus aureus und anderen Erregern.
  • Vermischen Sie kein Kolostrum von mehreren Kühen („poolen“) und füttern Sie kein Kolostrum von euterkranken Kühen
    bzw. von Kühen mit nicht geklärtem Euterbefund. Nehmen Sie Milchproben und lassen Sie diese untersuchen!
  • Vermeiden sie jeglichen Kontakt von Färsen mit euterkranken Kühen
  • Führen Sie eine wirksame Fliegenbekämpfung durch. Fliegen übertragen Staphylococcus aureus.
  • Alle zugekauften Färsen sollten zunächst getrennt aufgestallt werden. Bevor Sie in die Gruppen kommen, sollten Sie unbedingt eine Milchprobe nehmen und auf Mastitiserreger untersuchen lassen.
  • Literatur:

    1) Schrick, F.N., Hockett, M.E., Saxton, A.M., Lewis, M.J., Dowlen, H.H. & Oliver, S.P.:
    Influence of subclinical mastitis during early lactation on reproductive parameters J. Dairy Sci. 2001, 84, 1407-1412

    2) Hillerton, JE., Semmens, JE.: Comparison of treatment of mastitis by oxytocin or antibiotics
    following detection according to changes in milk electrical conductivity prior to visible signs.
    J Dairy Sci 1999, Jan;82(1):93-8

    3) Sobiraj, A.; Kron, A.; Schollmeyer, U.; Failing, K.:“Bundesweite Untersuchungen zur Erregerverteilung und
    In-vitro-Resistenz euterpathogener Bakterien in der Milch von Kühen mit subklinischer Mastitis“;
    Tierärztl. Praxis 1997, 258:108-115

    4) aid, Dr. Sigrid Baars, 20. Juli 2000, Nummer 29

    5) W. R. Ward, J. W. Hughes, W. B. Faull, P. J. Cripps, J. P. Sutherland, J. E. Sutherst: Observational
    study of temperature, moisture, pH and bacteria in straw bedding, and faecal consistency, cleanliness
    and mastitis in cows in four dairy herds The Vet Record, Volume 151, Number 7 , pp. 199-206

    6) AID: „Mastitis-Schutz: Vorbeugen hilft“; Prakt. Tierarzt, Ausgabe 10, Okt. 2002: S. 844

    7) Zehle, H.-H.: „Zellzahlen reduzieren (Mastitissanierung)“; Großtierpraxis 3:09, 36-40 (2002)

    8) Hamann, J.: „Qualitativ hochwertige „normale“ Milch“; Großtierpraxis 3:09, 12-21 (2002)

    9) Schaeren, W., Schällibaum M. : Euterentzündungen:
    Empfehlungen für die Prophylaxe und die Behandlung; FAM-Info 2000/408