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Der Hund als Kontaktagent oder Waffe

(aho) Dass der Hund des Deutschen bester Gefährte ist, zeigen nicht nur die zahlreichen Hundesalons, gepflegte Tierfriedhöfe und eine umsatzstarke Industrie. Diäten, Shampoos und Menüs für die Vierbeiner wurden mehrfach in Laboren getestet. Doch wie steht es mit der Beziehung zwischen Mensch und Hund? Studierende der TU Berlin befragten dazu mehr als 300 Berliner.

Gefährliche Beißattacken auch auf Kinder, so wie sie in den vergangenen Monaten immer wieder berichtet wurden, zeigen die bedrohliche Seite der Mensch-Hund-Gemeinschaft. Nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen gibt es, die die Beziehungen zwischen Hunde- und Nichthundebesitzern sowie den Vierbeinern unter die Lupe nehmen. Eine wurde kürzlich an der Technischen Universität Berlin am Fachbereich Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften durchgeführt. Insgesamt befragten Wissenschaftler und Studierende 175 Hundehalter und 166 Nichthundebesitzer in Berlin. Auffallend ist, dass sich bei den befragten Frauen die Beziehung zu ihren vierbeinigen Haustieren ab Mitte 30 verstärkt und im Rentenalter noch einmal anwächst. War sie bis zum 35. Lebensjahr bei Männern und Frauen nahezu gleich groß, so ist bei den männlichen Hundebesitzern ein absolutes Tief um das 45. Lebensjahr zu erkennen. „Die wachsende Beziehung bei den Frauen und die deutliche Distanzierung bei den Männern hängt wohl mit der beruflichen Entwicklung zusammen. Im Alter von 35 bis 45 Jahren scheinen vor allem Männer andere Prioritäten zu setzen und weniger Zeit für den Hund zu haben. Das ändert sich jedoch im positiven Sinne mit steigendem Alter“, berichtet Prof. Bernhard Dieckmann, der die Umfrage betreute.

Besonders bei Senioren ersetzen Hunde fehlende Partner. Oftmals strukturieren die Bedürfnisse des Tieres den Tagesablauf des Menschen und geben ihm somit einen festen Halt im Alltag. „Der Hund ist ein angenehmer Begleiter“, so der Soziologe, „denn er ist ein großer Opportunist, er gehorcht, zeigt sich dankbar und freundlich.“ Wegen einer bestimmten Aufgabenerfüllung wird er nur von den wenigsten Tierhaltern geschätzt. Vielmehr als Freund sehen über die Hälfte der Befragten ihren Pudel oder Schäferhund. Selbst ein Drittel der Nichthundebesitzer wünscht ihn sich als treuen Kameraden. Die enge Verbindung spiegelt sich auch darin wider, dass rund 80 Prozent der Hundebesitzer ihrem Haustier eine Seele zusprechen. Selbst viele, die keinen Hund besitzen, glauben daran. Der Hund sei mit seinen positiven Wirkungen ein guter Partner für eine Großstadt wie Berlin, wenn da nicht die Probleme mit dem Kot und der Aggressivität wären. Denn neben dem positiven Effekt, dass das Tier als Helfer und Partner fungiert, existiert auch der negative. „Es gibt Menschen“, so der TU-Soziologe, „die aus unterschiedlichen Gründen eine Distanz zu anderen wünschen. Sie schaffen sich – wahrscheinlich unbewusst – häufiger als andere einen Hund an, der durch seine Gefährlichkeit diesen Abstand ermöglicht.“ Große und teilweise aggressive Hunde dienen dafür als Werkzeug. Je nach Gefährlichkeitsgrad schwankt auch die Beziehungsintensität: Wird der Hund als ungefährlich eingestuft, ist das Verhältnis zu ihm viel stärker ausgeprägt. Bei Besitzern von gefährlichen Tieren erkennt man deutlich eine größere Distanz zu ihnen. Sie könnte ein Indiz dafür sein, dass der Vierbeiner hier nur als „Werkzeug“ angesehen wird. Auch als „Kontaktagent“ zu anderen sehen viele Hundebesitzer ihren Vierbeiner gern. Doch, und das zeigen die Ergebnisse, bleiben Hundebesitzer und Nichthundebesitzer lieber unter sich. Die Mehrheit, die einen Vierbeiner an der Leine führt, wünscht sich den Umgang mit anderen Hundehaltern. Und die, die kein Haustier besitzen, haben ein weitaus schwächer ausgeprägtes Bedürfnis nach jenen, die Hunde in ihrer Nähe haben wollen. Zudem scheinen sich Hunde auch dafür zu eignen, dem Halter eine elegante Erscheinung zu verleihen. Hierauf deutet zumindest der Befund hin, dass ein Faible für schöne Autos und elegante Wohnungen mit der Vorliebe für schöne und auffallende (Rasse-)Hunde statistisch zusammenhängt. Die 341 Befragten, davon 54 Prozent Frauen, wurden vor allem im Stadtpark Tiergarten zufällig ausgewählt. Unter ihnen waren beispielsweise 34 Besitzer von Schäferhunden, 13 Dackelbesitzer, sechs Pitbull-Halter und ein Besitzer eines Mopses. Nicht in allen Berliner Bezirken liegen gegenwärtig vollständige Hundesteuer-Karteien bei den Finanzämtern vor. Wollte man eine repräsentative Stichprobe auswählen, so müsste man darauf zurückgreifen können. stt

idw, 01.09.2000

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