Zu frühes und heftiges Anreiten provoziert Überbeine
(aho) Meist wird behauptet, das Pferd habe sich dort “gestoßen”, doch die Ursache ist eine ganz andere: zu heftiges Anreiten verursacht die Entstehung von Überbeinen an der Innenseite der Röhrbeine. Ist das junge Pferd noch nicht ausreichend gekräftigt und angemessen durch Bodenarbeit vorbereitet, bevor der Reiter es die ersten Male besteigt, so resultiert daraus ein breitbeiniges Fußen, um das Gewicht des Reiters auszubalancieren. Kommt hierzu noch heftiges Bocken oder Durchgehen mit dem zusätzlichen Gewicht, so werden die an der Innenseite des Röhrbeins gelegenen Griffelbeine des Pferdes durch Sehnenzug stark überstrapaziert und reagieren mit der Bildung von Überbeinen. Diese können am Röhrbein anwachsen und nur als “Schönheitsfehler” bestehen bleiben, sie können aber auch als “innere Überbeine” unter einen dicht am Röhrbein gelegenen Sehnenapparat, den Fesselträger, wachsen und eine chronische Lahmheit verursachen. Charakteristisch hierfür ist, daß ein junges Pferd nach dem Anreiten plötzlich allen Schwung verliert und stumpf und lustlos geht. Wieder ein Grund mehr, sich beim Anreiten Zeit zu nehmen und das Pferd wirklich erst dann zu besteigen, wen es sowohl körperlich (Kondition, Muskulatur) als auch psychisch in der Lage ist, das Reitergewicht zu verkraften. Die vielfach geäußerte Empfehlung, ein Pferd anzureiten, bevor es Kondition und Muskulatur aufgebaut hat, weil es dann nicht so ausdauernd und heftig bocken könne, ist u.a. auch aus diesem Grund strikt abzulehnen. (Tierärztin Sabine Kettner)
Quelle: Dr. Helmut Ende, FFP-Tagung zur Pferdegesundheit am 07.11.99, Münster