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Redaktion Kleintiere & Pferde
  

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Traurige Zustände in Schweizer Pferdeställen

Jedes 6. Pferd in der Schweiz wird angebunden im Stall gehalten. Mehrere tausend Pferde müssen gar ganz allein leben, ohne jeglichen Sozialkontakt zu anderen Pferden. Dabei sind Pferde ausgesprochene Herden-, Bewegungs- und Fluchttiere. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen enthält die schweizerische Tierschutzverordnung keine speziellen Bestimmungen über Haltung, Pflege und Verwendung von Pferden. Leider ist für Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen zur Pferdehaltung auch kein Bewilligungsverfahren vorgeschrieben, wie es für die anderen Nutztiere (Rinder, Schweine, Geflügel etc.) seit 1981 obligatorisch ist. Mit einer Richtlinie (Pferdehaltungs- richtlinie Nr. 800.106.06) möchte das Bundesamt für Veterinärwesen nun die tiergerechte Haltung von Pferden fördern. Den vielfach anzutreffenden, mangelhaften Haltungsformen und den bekannt gewordenen Missständen im Pferdesport ist jedoch mit einer Richtlinie wegen ihrer „Halbverbindlichkeit“ kaum beizukommen, kritisiert Marianne Staub, Präsidentin des Schweizer Tierschutz STS. PferdehalterInnen müssen nämlich – im Unterschied zu den Vorschriften im Tierschutzgesetz und in der Verordnung – die Anforderungen einer Richtlinie weder kennen noch berücksichtigen. Aus diesem Grund fordert der STS, dass der Bund raschmöglichst konkrete, verbindliche Vorschriften zu Haltung und Umgang mit Pferden in die Tierschutz- verordnung auf-nimmt. Die STS-Kernforderungen sind:

· Bewilligungspflicht für Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen. · Die Einzel- und die Ständerhaltung soll mit einer möglichst kurzen Uebergangsfrist verboten werden. Pferde brauchen jederzeit Sozialkontakt zu Artgenossen. · Täglicher Auslauf und/oder Weidegang muss gewährleistet werden. · Es dürfen nur Leistungen verlangt werden, die zu erbringen das Pferd physisch und psychisch in der Lage ist. · Keine tierquälerische Ausrüstung oder Aufzäumung. · Bewilligungspflicht für gewerbsmässige Pferdehaltungen.

Direktzahlungen trotz tierschutzwidriger Pferdehaltung

Schätzungen deuten darauf hin, dass 50% der Freibergerpferde – die Schweizer Rasse schlechthin – auch heute noch in Ständerhaltung eingestallt werden. Keine andere Pferderasse wird derart häufig angebunden gehalten! Diese Anbindehaltung widerspricht den Bedürfnissen der Pferde und somit den Grundsätzen der eidgenössischen Tierschutzgesetzgebung. Da Vorschriften zur Pferdehaltung in der Tierschutzverordnung fehlen, können Landwirte auch in Zukunft mit einer tierschutzwidrigen Pferdehaltung in den Genuss von Direktzahlungen kommen. Der Bundesrat hat kürzlich zudem beschlossen, zur Förderung der Freibergerrasse Prämien in Höhe von CHF 200.– für Freibergerstuten auszuzahlen. Angesichts der vielfach anzutreffenden mangelhaften Haltungsformen und tieschutzwidrigen Praktiken im Pferdesport sind Anstrengungen zur Verbesserung der Pferdehaltung zwingend nötig. Der Schweizer Tierschutz STS bezweifelt indessen die tierschützerische Wirksamkeit der nun vom Bundesamt für Veterinärwesen BVET in die Vernehmlassung geschickten, „rechtlich halbverbindlichen“ Richtlinie Nr. 800.106.06. Er fordert, dass der Bund raschmöglichst konkrete, verbindliche Vorschriften zu Hatung und Umgang mit Pferden in die Tierschutzverordnung aufnimmt.

Basel, 7. November 2000

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