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Resistenzgefahr: Jedes zweite Kleinkind erhält Antibiotika

Hamburg (aho) – Glaubt man einer Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse, so wird in Deutschland nahezu jedes zweite Kind im ersten Lebensjahr zum Teil mehrfach mit Antibiotika behandelt. Häufigster Grund ist eine akute Mittelohrentzündung. Deutsche Humanmediziner verschreiben nach Meinung der Krankenkasse Kindern mit dieser Erkrankung jedoch zu häufig und übereilt Antibiotika. Die Krankenkasse verweist auf die Erkenntnisse von Experten der Universität Witten-Herdecke, die neue Therapie-Leitlinien für Eltern und Ärzte ausgearbeitet haben. Danach werden hierzulande nahezu alle Kinder mit Mittelohrentzündung antibiotisch behandelt – dreimal so viele wie beispielsweise in den Niederlanden. Dabei können die bakterienhemmenden Medikamente aktuellen medizinischen Studien zufolge weder die Komplikationsrate auffallend senken, noch die Dauer der schmerzhaften Ohrerkrankung wesentlich verkürzen. Zumal rund 40 Prozent der Infektionen durch Viren verursacht werden, gegen die die antibakteriellen Arzneimittel nicht wirken.

„In der Medizin wird leider zu häufig mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagt Dr. med. Christiane Bauch von der Techniker Krankenkasse (TK). „Die neuen Leitlinien machen deutlich, dass Schmerzen und Fieber gerade bei unkomplizierten Mittelohrentzündungen auch mit anderen Mitteln behandelt werden können.“ Dafür kommen neben Schmerz- und Fieberzäpfchen auch alte Hausmittel wie Zwiebelsäckchen und Wadenwickel in Frage.

Fast jedes zweite Kind in Deutschland erkrankt im ersten Lebensjahrzehnt an einer akuten Mittelohrentzündung – oft mehrfach. Die Ohrinfektion ist sogar der häufigste Grund, warum Eltern mit ihren Sprösslingen einen Kinderarzt aufsuchen. Meist verschreiben die Ärzte sofort ein Antibiotikum, ohne den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten. „Viele Eltern nehmen die Nebenwirkungen der Antibiotika wie etwa Durchfall und Hautausschläge in Kauf, weil sie hoffen, den starken Ohrenschmerzen ihrer Kinder schneller ein Ende zu bereiten“, sagt TK-Medizinerin Bauch. „Doch das ist offensichtlich ein Trugschluss“. Denn die Antibiotika könnten die Ohrentzündung im Höchstfall um einen Tag verkürzen, wie die Experten aus Witten-Herdecke berichten. Auch sei die Gefahr groß, durch überflüssige Antibiotika-Einnahme resistente Keime zu züchten.

Die von der Universität Witten-Herdecke erarbeiteten Leitlinien für Ärzte mahnen nun zum kritischeren Umgang mit Antibiotika bei akuten Mittelohrentzündungen. Zusätzlich informieren sie Eltern über Risikofaktoren, wie den Gebrauch von Schnullern, über den richtigen Einsatz von Schmerzmitteln oder Nasentropfen und geben Hinweise, bei welchen Symptomen man sofort einen Arzt kontaktieren sollte.

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