Qualzuchten: Das Leid der niedlichen Hunde
[BfT/iStock Fotograf: trumzz]
Bonn (ots) – Runder Kopf, kurze Nase, Kulleraugen – das Kindchenschema wirkt auch bei Hundefreunden. Dass es sich dabei oftmals um Qualzuchten handelt, scheint vielen nicht bewusst, vielleicht aber auch zweitrangig zu sein. Das Leid der Tiere, Folgeerkrankungen und deren aufwendige Behandlungen werden bewusst in Kauf genommen.
Qualzuchten sind die extreme Form einer Domestizierung unseres treuesten tierischen Weggefährten Canis lupus, die vor 17.000 Jahren begann. Unzählige Rassen mit nützlichen Eigenschaften konnten sich seither entwickeln. In den letzten 100 Jahren rückte jedoch das Aussehen immer stärker in den Fokus der Züchtung. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Mops. Der ursprünglich agile, bewegungsfreudige Hund gehört heute zu den sogenannten brachyzephalen Rassen, genauso wie die Französische Bulldogge, der Shih Tzu oder der Pekinese. Brachyzephalie bedeutet Kurzköpfigkeit. Nicht immer hatten diese Hunde jedoch so kurze Schädel wie heute.
Qualzuchten mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen
Obwohl sie offiziell als Qualzucht eingestuft werden, sind brachyzephale Hunderassen sehr beliebt. Eine Studie ergab, dass 93 Prozent der Besitzer einer Kurznase sich die gleiche Rasse noch einmal anschaffen würden. Und dies, obwohl Einschränkungen und Erkrankungen der ständige Wegbegleiter dieser Tiere sind. Ethische Zweifel gegenüber Qualzuchten scheinen nur ausgesprochen schwach bis gar nicht ausgeprägt zu sein.
Qualzuchten wie der „moderne“ Mops leiden unter vielen Erkrankungen. Wegen der zu kurzen Nase sind Atembeschwerden vorprogrammiert. Die Fehlbildung des Schädels (zu kurz, zu klein) führt dazu, dass die Augen zu flach in den Augenhöhlen sitzen und sogar herausspringen können. Oftmals ist durch ständige Hornhautreizungen und -verletzungen die Sehkraft beeinträchtigt. Die extreme Schädel- und Gebissform kann zu Hörproblemen und zu chronischen Zahnschmerzen führen. Das Gehirn kann sich nicht richtig entwickeln, neuronale Ausfälle sind bei solchen Rassen bekannt. Oftmals helfen nur aufwendige Operationen, um den Tieren ein Mindestmaß an Leidensfreiheit zu ermöglichen.
Nicht zuletzt besitzen diese Extremzüchtungen zu wenig Körper für zu viel Haut. Starke Faltenbildung ist die – gewollte – Folge, die jedoch Hautentzündungen begünstigt. Auch die inneren Schleimhäute sind oftmals zu stark ausgebildet und engen dadurch den Magenausgang ein. Darum leiden die Tiere oftmals unter chronischem Erbrechen. Auch bei der französischen Bulldogge sind Magen-Darm- und Atemwegs-Probleme bekannt. Typisches Symptom ist hier ein chronischer Husten. Letztendlich kann die einseitige Zucht auch zu Immunabwehrstörungen führen. Diese Erkrankung war früher als „Boxer-Kolitis“ bekannt.
Sehr beliebt sind auch spezielle Fellfarben wie beispielsweise der cremefarbene Dobermann-Pinscher. Diese geht auf einen Gendefekt zurück. Die Mutation kann zu Sehstörungen oder Hautkrebs führen.
Verbot von Qualzuchten ist gesetzlich geregelt
Die Definition und das Verbot von Qualzuchten sind im deutschen Tierschutzgesetz geregelt. Verboten ist die Zucht von Tieren, wenn zu erwarten ist, dass bei den Nachkommen aufgrund der erblich bedingten Merkmale Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Die Vorgaben werden jedoch nur unzureichend umgesetzt.
Grundsätzlich sind alle domestizierten Tiere von diesem Trend betroffen, besonders auffällig sind die Extreme jedoch bei Hunden, Katzen und Kaninchen. Einige Rassen sind pauschal als Qualzuchten eingestuft, bei anderen fallen nur Tiere mit besonders ausgeprägten Merkmalen unter diese Definition. Jeder Kauf eines solchen Tieres fördert die Zucht weiterer Tiere. Echte Hundefreunde nehmen daher Abstand vom Kauf einer Kurznase und Tieren mit sonstigen Beeinträchtigungen. Informieren Sie sich vorab gründlich und lassen Sie sich über die von Ihnen bevorzugte Rasse von einem Tierarzt beraten.
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