NRW ergreift Maßnahmen wegen „Aviärer Influenza“
Ministerin Gorißen: Wachsamkeit und die konsequente Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen sind nach wie vor der beste Schutz
Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz teilt mit:
Auf Initiative des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz haben die Landwirtschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe, der Geflügelwirtschaftsverband NRW, die Landesvereinigung Ökologischer Landbau, die Landwirtschaftskammer, die Rassegeflügelzuchtvereine Rheinland und Westfalen-Lippe sowie die Tierärzteschaft mit dem Land erweiterte Präventionsmaßnahmen gegen den Eintrag und die Weiterverbreitung der aviären Influenza, auch bekannt als Vogelgrippe oder Geflügelpest, vereinbart. Die Vereinbarung ist voraussichtlich bis zum 30. April 2024 in Kraft.
Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen: „Wachsamkeit und die konsequente Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen sind nach wie vor der beste Schutz gegen die Geflügelpest. Nur so können Geflügelhalter ihre Haus- und Nutztiergeflügelbestände effektiv vor einer Eintragung des Erregers schützen. Deshalb unterstützen wir die Selbstverpflichtung der Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter und beteiligten Akteure für zusätzliche, präventive Maßnahmen. Ich bedanke mich bei allen für die enge Zusammenarbeit im Kampf gegen dieses Virus, das äußerst aggressiv und mit großem Leid für die betroffenen Tiere verbunden ist.“
Wegen des andauernden Risikos eines Eintrags der Geflügelpest verpflichten sich alle beteiligten Akteure zu erweiterten Biosicherheitsmaßnahmen in den Betrieben und zusätzlichen regelmäßigen Untersuchungen in Geflügelbeständen. Ziel ist, einen Viruseintrag in Geflügelbestände frühzeitig zu erkennen und die Weiterverbreitung des Virus insbesondere durch Hausgeflügelverkäufe oder Personenkontakte zu verhindern. Gehaltenes Geflügel muss, soweit dies möglich ist, vor dem Kontakt mit Wildvögeln geschützt werden.
Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter in Nordrhein-Westfalen verpflichten sich im Rahmen der Vereinbarung eigenverantwortlich konkret zu folgenden Maßnahmen:
1. Hygiene im Bereich der Geflügelhaltung
Direkter und indirekter Kontakt von Haus- und Wildvögeln soll unbedingt vermieden werden. Besucherkontakte sind in allen Geflügelhaltungen auf das notwenige Minimum zu beschränken und zu dokumentieren. Betriebsfremde Personen müssen Einwegschutzkleidung und Schuhüberzieher tragen, wenn sie eine Geflügelhaltung betreten. Auch Tierhalterinnen und Tierhalter selbst sollen bei der Versorgung ihrer Tiere stallspezifische Schutzkleidung und Schuhe oder Überschuhe tragen. Ein- und Ausgänge zu Ställen und sonstigen Standorten des Geflügels müssen gegen unbefugten Zutritt gesichert werden. In Betrieben ab 1.000 Tieren gelten weiterhin die rechtlich vorgeschriebenen strengeren Biosicherheitsanforderungen.
2. Beachtung von Stallpflichten
Wer Geflügel im Freien hält, muss für den Fall behördlich angeordneter Stallpflichten entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten vorsehen. Kontakt zu Wildvögeln und ihrem Kot ist so gut wie möglich zu verhindern. Volieren oder Wintergärten beziehungsweise Kaltscharräume müssen so eingerichtet werden, dass kein Wildvogelkot von oben hineinfallen kann und auch keine Wildvögel eindringen können.
Unabhängig von behördlich angeordneten Stallpflichten für Geflügel gilt, dass die Tiere nur an für Wildvögel unzugänglichen Stellen gefüttert werden dürfen. Zudem darf kein Oberflächenwasser für das Tränken der Tiere genutzt werden, zu dem Wildvögel Zugang haben. Futter, Einstreu und sonstige Gegenstände, mit denen das Geflügel in Berührung kommen kann, müssen für Wildvögel unzugänglich aufbewahrt werden.
3. Früherkennung der Geflügelpest ermöglichen
Bei erhöhten Tierverlusten im Bestand ist zudem eine veterinärmedizinische Untersuchung vorgeschrieben. Treten innerhalb von 24 Stunden in einem geflügelhaltenden Bestand oder einem räumlich abgegrenzten Teil des Bestandes Verluste von mindestens drei Tieren in kleinen Beständen bis zu 100 Tieren oder mehr als einem Prozent der Tiere bei einer Größe des Bestandes von mehr als 100 Tieren auf, sind Tierhalterinnen und Tierhalter verpflichtet, ihre Tierärztin oder ihren Tierarzt mit einer Abklärungsuntersuchung auf die Geflügelpest zu beauftragen. Auch Abweichungen sonstiger Produktionsdaten wie der Legeleistung oder Gewichtszunahme sind jeweils tierärztlich abzuklären.
4. Monitoring und Falltier-Monitoring
In allen Fällen, in denen Geflügelhalterinnen und Geflügelhalter lebendes Geflügel aus ihren Beständen abgeben wollen, werden die Tiere je nach Herkunft und Zweck risikoorientiert beprobt.
Betriebe mit mehr als 100 Tieren sind zudem verpflichtet, jede Woche verendete Tiere molekularbiologisch über die bestandsbetreuende Hoftierärztin oder den bestandsbetreuenden Hoftierarzt untersuchen zu lassen – maximal fünf Tiere je Betrieb und Untersuchung. In Betrieben mit weniger als 100 Tieren müssen verendete Tiere mit unklarer Todesursache spezifisch auf das hochpathogene aviäre Influenzavirus untersucht werden.
Ein besonderes Tierseuchenrisiko besteht außerdem in Betrieben, die Geflügel im Reisegewerbe und im Rahmen sonstiger gewerblicher Handelsstrukturen an Dritte veräußern. In diesen Tierhaltungen werden abzugebende Tiere nunmehr innerhalb von 72 Stunden vor der Abgabe tierärztlich und labordiagnostisch untersucht. Käuferinnen und Käufer von Geflügel aus dem sogenannten „Reisegewerbe und im Rahmen sonstiger gewerblicher Handelsstrukturen“ sollten sich die entsprechend mitgeführten tierärztlichen Bescheinigungen zeigen lassen, deren Mitführung verpflichtend ist, bevor sie erworbene Tiere in ihre eigenen Bestände bringen.
5. Geflügelausstellungen und Geflügelmärkte
Die Durchführung von Geflügelausstellungen und Geflügelmärkten soll aufgrund der aktuellen Lage so weit wie möglich beschränkt werden. Wichtig: Generell ist bei der Organisation solcher Veranstaltungen darauf zu achten, dass das präsentierte Geflügel innerhalb von maximal 72 Stunden vor der Teilnahme nachweisbar tierärztlich molekularbiologisch untersucht worden ist.
Alle erweiterten Biosicherheitsmaßnahmen sollen in allen geflügelhaltenden Betrieben in Nordrhein-Westfalen, gestaffelt nach Größenordnungen und besonderen Risikokriterien, umgesetzt werden. Präventive Untersuchungen in den Beständen dienen der Früherkennung der Vogelgrippe.
Hintergrund
Bereits im letzten Jahr hatte sich die Branche im Rahmen einer gemeinsamen Vereinbarung verpflichtet, zunächst bis Ende April 2023 in allen geflügelhaltenden Betrieben in Nordrhein-Westfalen weitergehende Biosicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Die Vereinbarung wurde – der Geflügelpestsituation Rechnung tragend – erneuert und gilt voraussichtlich bis Ende April 2024. Seit Anfang November 2023 wurde der Erreger der Geflügelpest bereits in über 15 Geflügelhaltungen in Deutschland nachgewiesen. Auch Nordrhein-Westfalen verzeichnete im Dezember Ausbrüche im Kreis Gütersloh.
Ein erhöhtes Risiko für die Allgemeinbevölkerung besteht nicht. Lebensmittel aus infizierten Beständen gelangen nicht in die Lebensmittelkette. Zudem ist das Virus hitzeempfindlich, weshalb durcherhitzte Lebensmittel als unbedenklich gelten. Die aviäre Influenza wird nach den Tierseuchenbekämpfungsvorgaben der Europäischen Union bekämpft.
Weitere Informationen zur Gemeinsamen Vereinbarung sowie ein Merkblatt zur aviären Influenza liegen dieser Pressemitteilung bei und sind hier abrufbar.
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