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Haltung von Wildtieren im Zirkus

Berlin (hib/EIS) – Die Forderung nach einem Haltungs- und Zurschaustellungsverbot für wildlebende Tiere in Zirkusbetrieben wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Ein von den Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegter Antrag (19/7057) stieß am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft bei Sachverständigen auf Zustimmung bis Ablehnung. Die Grünen verlangen in der Vorlage von der Bundesregierung, dass die Zurschaustellung von Affen, Elefanten, Bären, Giraffen, Nashörner, Großkatzen und Flusspferden an wechselnden Orten beendet wird. Eine Ãœbergangsfrist von 18 Monaten soll bei der Ãœberführung der bereits vorhandenen Tiere in geeignete dauerhafte Quartiere wie etwa Zoos und Tierparks gelten, bevor ein endgültiges Verbot in Kraft tritt.

Der Experte Thomas Kölpin mochte keine Pauschalisierung für die Haltung von Tieren in Zirkusbetrieben vornehmen. Der Verhaltensbiologe schätzte es aber für Großsäugetiere wie Elefanten als problematisch ein, solche Tiere häufig den Ort wechseln zu lassen.
Ebenfalls differenziert betrachtete Jörg Pfeiffer die Forderung nach einem generellen Haltungsverbot. Der Amtstierarzt hob hervor, dass Tiere im Zirkus beschäftigt werden müssen. Auch die Haltung in Außengehegen müsse möglich sein. Der Gesetzgeber sollte deshalb eine Positiv- oder Negativ-Liste einführen, um festzulegen, welche Tiere in Wanderbetrieben gehalten werden können. Ein allgemeines Verbot der Wildtierhaltung im Zirkus lehnt er ab, weil es möglich sei, einzelne Wildtierarten tierschutzkonform zu halten.
Der Sachverständige Manfred Niekisch problematisierte, dass vielen Amtsveterinären keine ausreichenden Leitlinien zur Verfügung stehen würden, um tiergerechte Bedingungen beurteilen und effektiv kontrollieren zu können. Kritisch beurteilte er die Herausforderung reisender Betriebe insbesondere im Hinblick auf Tiere wie Giraffen und Nashörner. Aber als unmöglich schätzte er die Tierhaltung in Zirkussen nicht ein. Entscheidend sei, dass die Haltungsbedingungen das individuelle Tierwohl gewährleisten.
Immanuel Birmelin kritisierte in seiner Stellungnahme, dass die Vorstellung von „artgemäßer“ Haltung zu eng gefasst sei, denn das Verhaltensrepertoire eines Tieres sei viel größer als von der Natur vorgeben. Auf diese Weise sollte das Wohlbefinden eines Tieres nicht beurteilt werde. Der Verhaltensbiologe machte seine Aussagen anhand von gemessenen Cortisolspiegeln fest, die das Anpassungspotenzial der Tiere bezeugen würden. Eine Wildtierhaltung sei nicht unmöglich, müsse aber gut gemacht werden.
Dompteur und Tiertrainer Martin Lacey jr. verteidigte die Tierhaltung in Zirkusbetrieben. Sein Leben lang arbeite er mit Tieren in der Manege zusammen. Er kritisierte, dass es bei den Forderungen nach Verboten nur um Verbote an sich gehe. Lacey betonte die strengen Tierschutzvorgaben in Deutschland und dass die Wanderzirkusse viel dafür täten, die Haltung von Tieren zu verbessern.

Nach Ansicht des Tierlehrers Jochen Träger-Krenzola würden jegliche sachlichen, fachlichen und wissenschaftlichen Beweise fehlen, die für ein Verbot sprächen. Träger-Krenzola monierte, dass es nicht das Problem der Praktiker sein könne, wenn den Behörden nicht genug Personal zur Verfügung stehe, um Kontrollen zur Durchsetzung der geltenden Regeln zu gewährleisten.

Thomas Pietsch von der Stiftung für Tierschutz „Vier Pfoten“ sprach sich hingegen dafür aus, die Haltung von Wildtieren im Wanderzirkus zu beenden, weil eine artgemäße Haltung in diesem Rahmen nicht möglich sei. Pietsch setzte sich für ein gesetzliches Verbot ein, denn die Mängel seien systemimmanent. In einem reisenden Zirkus könnten die grundlegenden Bedürfnisse vieler Wildtiere nicht erfüllt werden.

Die Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin, Diana Plange, forderte im Namen der Tierschutzbeauftragten der Bundesländer das durch den Bundesrat beschlossene Verbot zur Haltung von bestimmten Tieren wildlebender Arten im Zirkus umzusetzen. Die Tiere würden unter solchen Bedingungen an der Unterdrückung ihres Verhaltensrepertoires leiden. Eine artgerechte Haltung ohne ortsfeste Haltung sei nicht möglich.

Auch James Brückner vom Deutschen Tierschutzbund betonte die systemimmanenten Probleme. Aufgrund der ständigen Mobilität der Betriebe, der beengten und provisorischen Unterbringung sowie fehlender Beschäftigung könne nur ein Verbot in Betracht gezogen werden. Notwendige Sozialkontakte würden im Zirkus oft vernachlässigt und essenzielle Verhaltensweisen könnten nicht ausgelebt werden. Dressur und Auftritte sein dafür kein adäquater Ersatz.


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