Niedersächsische Flussfische stark mit PFOS belastet – Verzehrempfehlung soll angepasst werden
Hamburg (ots) – Nach Recherchen des NDR Magazins „Panorama 3“ sind viele Fische in niedersächsischen Flüssen stark mit der chemischen Substanz PFOS (Perfluoroctansulfonsäure) belastet. Sie steht im Verdacht Krebs auszulösen und die Fruchtbarkeit zu beeinflussen. Als Konsequenz könnte vom regelmäßigen Verzehr von Fischen aus niedersächsischen Flüssen abgeraten werden.
Grundlage der Bewertung sind Daten des aktuellen Flussfischmonitorings, das vom niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) durchgeführt wurde und das „Panorama 3“ exklusiv vorliegt. Zwischen Oktober 2018 und Dezember 2019 wurden 164 Aale und Brassen aus den Flüssen Aller, Elbe, Ems, Oste und Weser auf Schadstoffe untersucht. Außerdem wurden Zander aus dem Elbeseitenkanal untersucht.
In allen Fischproben wurde PFOS nachgewiesen und das in einer Höhe, die umgerechnet über dem empfohlenen tolerierbaren Wert einer täglichen Dosis liegt (1,8 ng/kg Körpergewicht). In der Rechnung wird davon ausgegangen, dass ein 60 Kilogramm schwerer Mensch jeden Tag 300 Gramm Fisch zu sich nimmt. Unter dieser Annahme lagen die Ergebnisse eindeutig darüber. Selbst wenn man rechnerisch annimmt, dass ein Mensch nur 300 Gramm Fisch pro Woche zu sich nimmt, überschreiten die Werte immer noch in vier von fünf Proben (83,5 Proben) die tolerierbare Aufnahmemenge.
Auf Grundlage der neuen Erkenntnisse will das dafür zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine Verzehrempfehlung für Flüsse verschärfen. Das könnte bedeuten, dass vom regelmäßigen Verzehr von Fischen aus niedersächsischen Flüssen abgeraten wird.
Bereits im vergangenen Jahr war wegen PFOS Belastung eine Verzehrempfehlung – also der Verzicht auf den Genuss von Fischen – für den Fluss Ochtum bei Bremen ausgesprochen worden. Zuvor war über Jahre bis 2003 durch den Einsatz von PFOS-haltigen Löschschäumen bei Ãœbungen der Flughafenfeuerwehr in Bremen PFOS in die Umwelt und dann in den nahgelegenen Fluss Ochtum gelangt.
Zu den neuen Daten heißt es auf „Panorama 3“-Anfrage aus dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: „Auf der Basis der aktuell ermittelten PFAS-Gehalte der untersuchten Fische wird die Verzehrempfehlung angepasst.“
Die Werte der tolerierbaren Tages- oder Wochendosis basieren auf einer Empfehlung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu PFOS aus dem Jahr 2018. Aktuell wird über eine Verschärfung dieser Werte diskutiert, eine abschließende Erklärung dazu wird im Sommer 2020 erwartet. Da momentan bei Lebensmitteln keine Höchstgehalte für PFAS existieren, können bisher nur Empfehlungen ausgesprochen werden. Das Landwirtschaftsministerium in Hannover fordert daher „die Festlegung von Grenzwerten für PFAS durch die EU.“
PFOS ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der PFAS (polyflourierten Alkylsubstanzen). Sie wurde in der Industrie vielfältig eingesetzt, zum Beispiel in Imprägnierungen für Jacken oder Skiwachs, aber auch in der Beschichtung von Pfannen oder in Löschschäumen. Seit 2010 ist PFOS in der EU verboten, doch der Stoff ist sehr langlebig und baut sich in der Umwelt nur sehr langsam ab. Einmal in die Natur gelangt, überdauert er und reichert sich beispielswiese über die Aufnahme von Lebensmitteln im Menschen an. Über viele dieser Stoffe ist wenig bekannt, bei zweien ist allerdings die schädliche Wirkung für den Menschen nachgewiesen. Es handelt sich um PFOS und PFOA. Sie stehen im Verdacht Krebs auszulösen und die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen.
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