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Schwer kranke Pferde von „Gnadenbrothof“ in Tierklinik gebracht

Darmstadt/Mühltal (aho) – Bei einem Ãœberraschungseinsatz hat das Veterinäramt des Landkreises Darmstadt – Dieburg am Dienstag 21 schwer kranke, teilweise akut behandlungsbedürftige Stuten und Fohlen aus der unzulänglichen „Obhut“ eines so genannten Gnadenbrothofs befreit und einer tierärztlichen Fachklinik überstellt. Mit starker Unterstützung der Polizei lief die etwa vier Stunden dauernde Aktion, bei der auch die Hessische Tierschutzbeauftragte Dr. Madeleine Martin anwesend war, diesmal störungsfrei.

Mitte Februar war der Versuch, den gesamten Tierbestand von rund achtzig Pferden wegen unhaltbarer Zustände zu beschlagnahmen und abzutransportieren, am massiven Widerstand der dafür verantwortlichen Frauen gescheitert. Wie berichtet, waren die 56 Jahre alte Mutter und ihre 28-jährige Tochter mit Jeeps auf Mitarbeiter des Veterinäramts und der Polizei zugerast. Jetzt wird gegen sie wegen versuchten Totschlags ermittelt; ihre Führerscheine wurden eingezogen. Um eine erneute Eskalation zu verhindern, stoppten Polizeibeamte Dienstag früh die 28-Jährige, als sie sich, offenbar in Protestabsicht, zu den Weiden fahren lassen wollte. Sie blieb bis zum Ende des Einsatzes gegen 11 Uhr in Uhr in Gewahrsam.

Bereits seit fast fünf Jahren beschäftigt der Gnadenbrothof, auf dem Ziegen, Schweine, Geflügel und Pferde in großer Anzahl unter in vielfacher Hinsicht alles andere als artgerechten Bedingungen gehalten wurden und teilweise noch werden, das Veterinäramt. Im Sommer 2002 beschlagnahmte die Behörde auf Beschluss des Amtsgerichts Darmstadts 133 Ziegen. Die Tiere befanden sich in erbarmenswürdigem Zustand, konnten sich wegen entzündeter, deformierter Gelenke kaum fortbewegen, waren von Parasiten befallen. Fünfzehn Tiere mussten damals eingeschläfert werden. Das Landgericht Darmstadt verhängte gegen beide Frauen im Mai 2003 ein vorläufiges Tierhalteverbot. Der Betrieb wurde daraufhin, pro forma, wie man beim Veterinäramt annimmt, auf eine 33-jährige Tochter überschrieben. Das brachte jedoch keine Wende zum Besseren. Vorgaben des Amts wurden weiterhin nicht befolgt, sondern mit ständig wechselnden Anwälten bekämpft.

Die Pferdehaltung geriet vor rund einem Jahr verstärkt ins Visier der Amtstierärzte. Zu viele Tiere auf viel zu kleinen Flächen, verschlammte, völlig kahle Weiden ohne ausreichende Unterstände, verkotetes Futter, die gemeinsame Haltung von Hengsten und Stuten und eine unkontrollierte Vermehrung trotz deutlicher Gesundheitsschäden und schlechtem Allgemeinzustand der weiblichen Tiere lieferten hinreichend Gründe zum Einschreiten. Aufgrund der gravierenden Tierschutzverstöße erließ das Amtsgericht Darmstadt schließlich im Februar dieses Jahres einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. Wenngleich das Veterinäramt damals wegen der Zwischenfälle unverrichteter Dinge abziehen musste, gelten die rund 80 Pferde seitdem als beschlagnahmt, das heißt, sie dürfen ohne Zustimmung der Behörde nicht verkauft oder an andere Standorte verlegt werden. Den Gnadenbrothof-Verantwortlichen, scheinbar zum Einlenken bereit, räumte man nochmals bis 8. April eine Frist ein, um die Missstände zu beheben. Die Frist verstrich jedoch ungenutzt.

Der Einsatz am Dienstag konzentrierte sich auf jene Stuten und Fohlen, die laut Untersuchungen der Uni Gießen am schlimmsten leiden. Sie weisen unter anderem „deutliche Gesundheitsschädigungen im Bereich des Atmungs- und des Bewegungsapparats“ auf , befinden sich in „schlechtem Ernährungszustand“ und zeigen Veränderungen im Blutbild. Zu erkennen sind unter anderem mit folgende Symptome: Beim Atmen rasselt die Lunge, die Augen tränen, aus der Nase läuft eitriger Ausfluss, Schwellung bis zur Größe eines Kindskopfes, viele lahmen, jeder Schritt bereitet offensichtlich schreckliche Schmerzen, vor allem die Hufe sind krankhaft verändert (Strahlfäule, Hufringe, „Rehehufe“, Deformationen) infolge von unmäßigen Kraftfuttergaben und Entzündungen. Als „Akutpatienten“ werden die Stuten und Fohlen, die die Einsatzkräfte aus einem Stall und von zwei Weiden auf der Neutscher Höhe holten, behandelt.

Den Gnadenbrothof-Betreiberinnen räumt das Veterinäramt nun noch eine „allerletzte Chance“ ein, in dem reduzierten Tierbestand für geordnete Verhältnisse zu sorgen. Seit einigen Wochen bestehe enger Kontakt zu ihren Anwälten. Es seien Verbesserungen versprochen worden und ein Einlenken erkennbar, so die stellvertretende Amtsleiterin Dr. Christa Wilczek. Der Beschlagnahmebeschluss für die verbliebenen Pferde gilt weiterhin.

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