Erhöhte Dioxingehalte bei Eiern aus Kleinstbetrieben mit Auslaufhaltung
Stuttgart / Freiburg (aho/lme) – Ein vorsorgliches Untersuchungsprogramm der baden-württembergischen Lebensmittelüberwachung hat gezeigt, dass Eier von Hühnern aus Kleinsthaltungen häufig mit erhöhten Gehalten an Dioxin und dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenylen (PCBs) belastet sind. Eine akute Gesundheitsgefährdung bestehe aber beim gelegentlichen Verzehr dieser Eier nicht, teilte das baden-württembergische Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, am Montag (3. April) mit. Durch die momentan bestehende Stallpflicht für Geflügel wegen der Geflügelpest bei Wildvögeln habe sich die Situation nochmals entspannt. Eine Untersuchungsreihe hat bei Proben von aufgestallten Tieren ergeben, dass es relativ bald zu einer Reduzierung der Dioxinwerte um 20 bis 60 Prozent nach der Aufstallung gekommen ist. Keine überhöhten Werte von Dioxin wurden bei solchen Eiern gefunden, die als „Freilandeier“ vermarktet werden. Ebenso konnten bei Eiern aus ökologischer Produktion keine auffällig hohen Dioxin-Gehalte festgestellt werden. Die EU-Kommission hat neue Höchstgehalte in Lebensmitteln für Dioxine und dioxinähnliche PCBs festgelegt, die ab 4. November 2006 gelten. Neben dem bisherigen Grenzwert für Dioxine in Eiern von 3,0 Pikogramm in einem Gramm Eifett wurde zusätzlich ein neuer Summenwert für Dioxine und dioxinähnliche PCBs festgelegt. Dieser liegt bei 6,0 Pikogramm pro Gramm Fett beim Ei.
Noch bevor diese neuen Höchstgehalte gelten, hat das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum aus Vorsorgegründen eine entsprechende Studie durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg veranlasst, um die Belastungssituation im Land zu ermitteln. Die Lebensmittelüberwachung hat hierzu ein breit angelegtes, bundesweit einmaliges Untersuchungsprogramm in allen Landkreisen in Baden-Württemberg durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben bei Betrieben mit mehr als 250 Hennen bis auf wenige Einzelfälle keine Auffälligkeiten (Mittelwert ca. 1 pg/g Fett). Bei Betrieben mit 100 bis 250 Hennen lagen 39 Prozent der Proben über der zukünftigen Höchstmenge (Mittelwert 6,7 pg/ Fett), bei Betrieben mit 21 bis 99 Hennen 51 Prozent (Mittelwert 7,5 pg/g Fett) und bei Betrieben mit weniger als 20 Hennen sogar 71 Prozent (Mittelwert 20 pg/g Fett). Nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 17. Januar 2005 besteht beim gelegentlichen Verzehr von Eiern, die den zulässigen Höchstwert überschreiten keine akute Gesundheitsgefährdung. Aus der Sicht des BfR gibt es keine Notwendigkeit, auf den Verzehr von Freilandeiern zu verzichten, da sie im Mittel nur einen vergleichsweise kleinen Anteil (zirka acht Prozent) an der Dioxinbelastung des Menschen über Nahrungsmittel haben. Eine Ausnahme stellen besonders hoch belastete Eier dar. Diese sollten nicht verzehrt werden. Das gelte auch für Selbstversorger, so das BfR. Im Rahmen des Öko-Monitorings wurden auch Eierproben aus Ökobetrieben untersucht, hier lag der Mittelwert aller Proben für den Gesamtgehalt an Dioxinen oder dioxinähnlichen PCBs deutlich unter der zugelassenen Höchstmenge. Auch bei Eiern die nach den Kennzeichnungsvorschriften als „Freilandeier“ vermarktet werden, wurden keine überhöhten Werte festgestellt. Diese Eier stammen normalerweise aus größeren Hühnerhaltungen mit einem speziell hergerichteten Auslauf und neueren Stallungen.
Ursache für diese Untersuchungsergebnisse sind lokale Verunreinigungen im Hühnerauslauf oder im Stall, die teilweise schon Jahre zurück liegen können. Verunreinigungen könnten beispielsweise durch die frühere Verwendung von Holzschutzmitteln, Anstriche mit Altöl, ausgelaufene Hydraulikflüssigkeiten, Verbrennen von Abfällen sowie regelmäßige Ausbringung von Asche im Hühnergehege entstehen. Mögliche erhöhte Dioxinwerte könnten sich dann durch die Auslaufhaltung bei Kleinsthaltungen ergeben. Durch das Picken könnten die Hühner Spurenanteile an Dioxinen oder dioxinähnlichen PCBs aufnehmen. Der Anteil der Eierproduktion von Betrieben mit weniger als 250 Legehennen, bei denen die Hühner einen weitläufigen Auslauf haben, liegt in Baden-Württemberg bei circa neun Prozent.
Aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes sind Maßnahmen erforderlich, um den Dioxin- und PCB-Eintrag zu minimieren. Deshalb werden umgehend die betroffenen Betriebe umfassend informiert, damit ein ausreichendes Problembewusstsein geschaffen werde und geeignete Eigenkontrollmaßnahmen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen eingeleitet werden können. Hierzu werden die Unteren Verwaltungsbehörden entsprechende Informationen veröffentlichen sowie Merkblätter, Informationsveranstaltungen und Beratungen anbieten. Das Ministerium appelliert außerdem an alle Hühnerhalter, in ihrem eigenen Interesse und im Interesse der Verbraucher, den Auslauf der Hühner und ihre Stallungen kritisch unter die Lupe zu nehmen und mögliche Ursachen für eine Verunreinigung abzustellen. Denn nur auf sauberen Böden und in schadstofffreier Umgebung könnten gesunde Lebensmittel erzeugt werden. Die Dioxinemissionen in Deutschland seien in den letzten Jahren durch umfangreiche Maßnahmen erheblich zurückgegangen. Dennoch werde daran gearbeitet, die Dioxinwerte in den Lebensmitteln abzusenken und so einen verstärkten Verbraucherschutz zu garantieren.