AfT-Symposium 2016: Wildtiere als Reservoir von Krankheitserregern
Bonn (Aft) – Wildtiere können zahlreiche Infektionserreger beherbergen, die auch dem Menschen oder unseren Haustieren gefährlich werden können. Vielen Bedrohungen kann aber durch gute Hygiene und andere Vorbeugemaßnahmen wirksam begegnet werden. Welche Risiken im Einzelnen bestehen und wie man sich – und sein Tier – davor schützen kann, erläuterten die Referenten beim aktuellen Symposium der Akademie für Tiergesundheit e.V. (AfT), das im Rahmen des 8. Leipziger Tierärztekongresses Mitte Januar stattfand.
Mit der Bedeutung von Wildcaniden und -feliden als Trägern von Parasiten befasste sich der erste Vortrag. Parasiten gehören quasi zur natürlichen Besiedlung vieler Wildtiere und umfassen eine ganze Bandbreite verschiedenster Erreger. Zu nennen sind sowohl verschiedenen Protozoen, wie Giardien, Kryptosporidien und Toxoplasma gondii, als auch Spul-, Haken- und Bandwürmer, wie der Kleine Fuchsbandwurm Echinococcus multilocularis. In Südeuropa kommen zudem Leishmanien, Babesien oder auch Herz- und Hautwürmer (Dirofilaria immitis und D. repens) vor. Dem Fuchs als häufigstem Vertreter kommt dabei in der Verbreitung eine besondere Rolle zu. Aber auch Waschbär, Marderhund, Wildkatze und seit neuerem Wolf oder Goldschakal müssen in einigen Regionen Deutschlands in Betracht gezogen werden.
Waren früher insbesondere Jagd- und Hütehunde gefährdet, können sich heute durch zunehmende Bebauung und Outdoor-Aktivitäten auch weitere, als Hobbytiere gehaltene Hunde und Katzen über den Kontakt zu Ausscheidungen oder das Aufnehmen von Zwischenwirten infizieren. Dies gilt umso mehr, als eine Reihe von Wildtieren als Kulturfolger vermehrt auch in Städten zu finden sind. Ein Teil der Erreger hat zoonotisches Potenzial.
Wildbret gut durchgaren
Veränderte Lebens- und Verzehrsgewohnheiten spielen auch bei der Übertragung anderer Erreger eine Rolle, wie am Beispiel der Trichinellose des Menschen und Erkrankungen durch den Duncker‘ schen Muskelegel, einem Zwischenstadium (Mesozerkarie) des Parasiten
Alaria alata, aufgezeigt wurde. Zwar liegt der Wildverzehr mit weniger als 1 kg pro Kopf und Jahr auf niedrigem Niveau. Wild erlebt aber derzeit in einigen Teilen der Bevölkerung als regionales, ethisches und ernährungsphysiologisch hochwertiges Produkt eine Renaissance. Die Vorgaben für die amtliche Trichinenuntersuchung, die Einhaltung der Hygiene in der Lebensmittelkette und ein ausreichendes Durchgaren bei der Zubereitung sollten dabei unbedingt beachtet werden. Durch Kerntemperaturen von mindestens 80 Grad Celsius für zwei Minuten wird eine sichere Abtötung der Erreger erreicht.
Beim Duncker‘schen Muskelegel wurden auch Schmierinfektionen des Auges beschrieben, weswegen die Hygiene beim Aufbrechen der Tiere und der weiteren Verarbeitung besonders strikt eingehalten werden sollte. Die Aufklärung aller Beteiligten – Jäger, Fleischer, Tierärzte und Öffentlichkeit – wird als wichtiger Beitrag zur Vermeidung von Erkrankungen angesehen.
Infektionsketten aufklären
Mit zwei weiteren Zoonosen, verursacht durch bakterielle Erreger, befassten sich die beiden folgenden Vorträge. Die durch Francisella tularensis hervorgerufene Tularämie beim Hasen, ist seit vielen Jahrzehnten bekannt. Dabei werden zeitliche und regionale Häufungen (hot spots) beobachtet. In neueren Studien wurde das Vorkommen in Niedersachsen, aber auch mehreren anderen Bundesländern, untersucht. Menschen infizieren sich in erster Linie durch direkten Kontakt mit infizierten Hasen oder durch deren Verzehr sowie das Einatmen erregerhaltiger Aerosole. In jüngerer Zeit wurden auch Übertragungen durch Stechmücken und Zecken berichtet. Auch hier sind die Einhaltung allgemeinhygienischer Grundsätze und das Durchgaren des Fleisches die wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen.
Neben der Aufklärung aller Beteiligten helfen Forschung und neue Diagnostikmethoden, Infektionsketten besser zu verstehen und zu unterbrechen. So wurden auf der Basis von Gesamtgenomuntersuchungen epidemiologische Zusammenhänge der in den vergangenen Jahren beobachteten Tuberkulosefälle bei Rotwild und Rindern im deutschen und österreichischen Alpenraum genauer untersucht. Nachgewiesen wurden drei genetisch charakterisierbare Subtypen von Mycobacterium caprae mit gegenseitiger Übertragungsmöglichkeit.
Das Wildschwein als Virusüberträger
Ein weiterer Vortrag ging schließlich auf das Wildschwein als Überträger – aber auch Betroffener – von Virusinfektionen ein. Während die Klassische Schweinepest (KSP)und die Aujeszky‘sche Krankheit beim Wildschwein oft unauffällig verlaufen, erkranken auch Wildschweine an der Afrikanischen Schweinepest (ASP) schwer und sterben in der Regel innerhalb einer Woche bis maximal 10 Tagen. Speiseabfälle haben zur Verbreitung der Erkrankung beigetragen. Hoch infektiös ist auch das Blut infizierter Tiere. Eine gute Biosicherheit hilft, ein Überspringen von Wild- auf Hausschweine und umgekehrt zu vermeiden.
Angesichts der wiederholten Nachweise des Aujeszky-Virus bei Wildschweinen in Deutschland wurde vor dem Verfüttern von rohem Fleisch und Innereien an (Jagd)Hunde gewarnt. Die Krankheit verläuft bei Hunden tödlich. Behandlungsmöglichkeiten oder eine Impfung für den Hund bestehen nicht. Neben ASP, KSP und Aujeszky‘scher Krankheit kommt das Wildschwein auch als Überträger der Maul- und Klauenseuche in Betracht, wie die vor einigen Jahren in Bulgarien festgestellten Fälle gezeigt haben.
Sowohl bei Wild- als auch bei Hausschweinen wurde in den vergangenen Jahren das Vorkommen von Hepatitis-E-Viren näher untersucht und mit hoher Prävalenz nachgewiesen. Im Schwein führt das Virus soweit bekannt nicht zu klinischer Symptomatik. Auch beim Menschen verlaufen Infektionen mit dem in Europa vorherrschenden Genotyp 3 in der Regel subklinisch und akute Erkrankungen sind meist selbstlimitierend.
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